Kritik von "Liste Fritz"
Überarbeitete Pflegestruktur und neues Gehaltsschema für Pfleger

„Mit der Gehaltsanpassung ab 2020 in der Langzeitpflege haben wir attraktive, transparente und wertschätzende Rahmenbedingungen geschaffen“, meint LR Tilg und sieht darin eine "erzielte Aufwertung des Pflegeberufs in Tirol".
3Bilder
  • „Mit der Gehaltsanpassung ab 2020 in der Langzeitpflege haben wir attraktive, transparente und wertschätzende Rahmenbedingungen geschaffen“, meint LR Tilg und sieht darin eine "erzielte Aufwertung des Pflegeberufs in Tirol".
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

Während die Planungsverbände im Bezirk Kufstein mit dem vom Land Tirol evaluierten und überarbeiteten Strukturplan Pflege durchaus zufrieden sind, hagelt es Kritik von der "Liste Fritz" – besonders aufgrund der neuen Dienstverträge für Pflegepersonen. 

BEZIRK KUFSTEIN (nos). Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (VP) war kürzlich auf großer Tour durch die Tiroler Bezirke, um die kommenden Ausbaustufen in der Tiroler Pflegelandschaft zu präsentieren. Auf "eine breite und gut aufgestellte Versorgungslandschaft" könne die Bevölkerung in den Bezirken zurückgreifen, so der Landesrat. In den kommenden zehn Jahren erwarte man einen Anstieg von rund 10.000 zusätzlichen Pflegegeldbeziehern im Land, aktuell sind es rund 33.000. Um darauf zu reagieren, sei ein Bündel an Maßnahmen geschnürt worden, so Tilg, etwa eine bessere Verzahnung von Gesundheits- und Pflegesektor durch die Bereitstellung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) für Pflegeheime, eine flächendeckende Ausweitung der Palliativpflege mit Ende diesen Jahres, oder auch die verbesserte Beratung und Koordination von Pflegeleistungen, wie sie im ersten Halbjahr in Kufstein aufgestellt sein soll.

Personalproblem entgegenwirken

Ein Hauptaugenmerk liegt aber notgedrungen auf dem Personalsektor, denn es braucht im Pflege- wie im Gesundheitswesen mehr Pflegepersonal. Tilg setzt dabei auf Verbesserungen und Stipendien zum Um- oder Wiedereinstieg sowie auf Ausbildungsmöglichkeiten in Fachschulen und Höheren Schulen. Ziel sei es, eine "Brücke zu den 15-Jährigen" zu schlagen und diese für den Pflegeberuf zu begeistern. In einer dreijährigen Ausbildung könnte neben dem klassischen Schulabschluss dann auch eine Pflegeassistenz-Ausbildung erworben werden, so der Plan, der aktuell in Schulversuchen erprobt werden soll – die BEZIRKSBLÄTTER berichteten. "Wir müssen uns sehr anstrengen, um junge Menschen wieder verstärkt in die Pflege zu bekommen", sagt Tilg.
"Das muss auch in Österreich möglich sein", pflichtete Kufsteins Bgm Martin Krumschnabel mit Blick auf die Nachbarländer bei, "die Schweiz ist ja kein Exot." Er lehnt eine "Akademisierung aller Bereiche" ab, nicht zuletzt, weil damit höhere Personalkosten zu erwarten seien und "wir können uns den Ausfall einzelner Jahrgänge nicht leisten." Eine der größten Zukunftsherausforderungen ist auch für Scheffaus Bgm Tschugg das Thema Personal. "Nicht nur die Entlohnung ist hier ausschlaggebend, auch Zusatzleistungen motivieren", so der Planungsverbandsobmann im Söllandl. In Sachen Bezahlung wurde nach dem Motto "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" ein neues Gehaltssystem eingeführt, Pflegepersonen in bestehenden Verträgen bekamen Beratungen, um zu sehen, ob sie wechseln oder im alten Lohnsystem bleiben wollen.

BKH-Trakt IV: "Baustart 2022 wäre sportlich aber möglich"

Bis 2022 sollen im Bezirk Kufstein 23 zusätzliche Langzeitpflegebetten (inkl. 5 Plätze in Kössen-Schwendt als Teil des PV 28), eines für Kurzzeitpflege (aktuell 29) und 15 für die komplett neue Übergangspflege geschaffen werden. Auch 33 Tagespflegeplätze und 80 Plätze im Betreuten Wohnen sind zusätzlich vorgesehen. Auch komplett neu aufgebaut muss die Schwerpunktpflege in den Bezirken Kufstein und Kitzbühel am BKH Kufstein werden. 24 Plätze sind dabei geplant, sie sollen im seit Jahren in die Warteschleife verfrachteten Neubau des vierten BKH-Trakts angesiedelt werden. "Einen Baubeginn 2022 bis 2024 fassen wir derzeit – durchaus sportlich – ins Auge", erklärt dazu BKH-Gemeindeverbandsobmann Rudi Puecher. Mittlerweile sei man im BKH-Verband durchaus froh, nicht mit dem Bau begonnen zu haben, nachdem die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs fest standen, "sonst hätten wir zumindest die Hälfte davon falsch gebaut", so Puecher.

Rund 1.800 Personen, so LR Tilg, seien derzeit in Tirol in 24-Stunden-Betreuung, sei es durch Angehörige oder durch externe Pflegekräfte, oft aus dem osteuropäischen Ausland. Qualifizierungssiegel sollen bei über Agenturen vermittelten externen Pflegern für ein Mindestmaß an Ausbildung sorgen, zudem müsse man diesen Sektor verstärkt im Auge behalten, so Tilg, denn: "Wenn wir diese 1.800 Menschen übernehmen müssten, hätten wir eine Großaufgabe."

Liste Fritz sieht "massive Kürzungen": "viele verlieren bei neuem Gehaltsschema"

92 Altenwohnheime gibt es in Tirol, in 57 davon werden Pflegekräfte nach Gemeindebediensteten-Vertrag bezahlt, so LA Andrea Haselwanter-Schneider von der "Liste Fritz". Sie lässt kein gutes Haar an den Plänen des VP-Gesundheitslandesrates, insbesondere am neuen Gehaltsschema.
"Der Plan von LR Tilg war 'gleiches Geld für gleiche Arbeit', darum wurde den Pflegekräften ein neues Gehaltsmodell präsentiert und es gab eine Optionsberatung durch die ARGE Heime. Bei allen, die einen Wechsel in Betracht gezogen hätten, ergab sich bei der Durchrechnung ein großes Minus", sagt Haselwanter-Schneider. "Wir verwehren uns nicht gegen ein faires, neues Gehaltssystem, aber es ist bei der Analyse viel schlimmer gekommen, als wir befürchtet haben", so die Klubobfrau der "Liste Fritz".

"Wir dachten zuerst, davon würden nur wenige profitieren, aber es stellt sich heraus, dass vielmehr viele dabei verlieren würden. Da kommt es zu massiven Kürzungen!"

Die Möglichkeit zwischen dem alten und dem neuen System zu wählen, bestehe ohnehin nur für jene Pflegekräfte, die bereits in Anstellungsverhältnissen sind und diese auch nach dem 1. Jänner 2020 nicht verändern wollen. Alle neuen Dienstverhältnisse, etwa auch bei Wechsel des Arbeitsgebers, werden automatisch ins neue System übernommen. Dabei werde in "Kann-Bestimmungen" den Arbeitsgebern etwas Spielraum gegeben, so die Landtagsabgeordnete weiter. Vor wenigen Wochen erst sei ein Schreiben von LR Tilg an die Träger der Pflegeeinrichtungen ergangen, das empfiehlt das neue System zu beschließen. "Tilg und Platter versprechen seit Jahren bessere Bezahlung für Pflegekräfte, stattdessen gibt es jetzt bald eine schlechtere", so Haselwanter-Schneider.
Sie spricht von rund 140 aktuell leer stehenden Pflegebetten in Tirol, was die ARGE Heime erhoben habe. Grund für die Nicht-Belegung sei Personalmangel:

"Uns fehlen mehr als 300 Pflegepersonen in den Wohn- und Pflegeheimen. Und jetzt vergrausen sie sich die Leute, die noch erblieben sind! Wir haben einen Pflegenotstand, das sage ich ganz offen."

Dringliche Anträge der "Liste Fritz"und der SPÖ wurden zu diesem Thema in den Tiroler Landtag eingebracht. Einer wurde von der Schwarz-Grünen Regierungsmehrheit abgelehnt, der zweite, die Forderung nach einer Einmalzahlung für Pflegekräfte, bekam von VP, Grünen und NEOS keine Dringlichkeit zugesprochen, sagt Haselwanter-Schneider.
Eine Online-Petition zur fairen Entlohnung für Tiroler Pflegekräfte wurde vergangene Woche gestartet und hatte binnen der ersten 24 Stunden bereits über 3.500 Unterstützer.
„Das ist ein starkes Zeichen, [...] keine Ruhe zu geben, bevor nicht jede Pflegeperson in Tirol wertschätzend und fair entlohnt wird“, sagt die "Liste Fritz"-Klubobfrau.

"Die Pflegekräfte sind die großen Verlierer"

Die "Liste Fritz" hat verschiedenste Beispielrechnungen zum alten und neuen Gehaltsschema für Pflegepersonen im Gemeindebediensteten-Vertrag durchgenommen. Die Optionsberatung für einen Pflegeassistenten Jahrgang 1986 zeigt, dass diese Person zwar in den kommenden sieben Jahren im neuen Schema mehr verdienen würde als im alten System, danach gibt's aber starke Einbußen bei den Jahresgehältern. Im Jahr 2051, im Alter von 65, hätte dieser Pflegeassistent im neuen Gehaltsmodell in 31 Jahren insgesamt satte 30.600 Euro weniger verdient, als wenn er im alten Schema geblieben wäre. "Und das zieht sich bei allen Beispielrechnungen ähnlich durch", sagt Haselwanter-Schneider.

LR Tilg: „Attraktive Gehälter werten Pflegeberuf auf!“

Im Zuge der Gehaltsanpassung NEU „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ haben Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg sowie Gemeindelandesrat Johannes Tratter am Dienstag, den 3. Dezember, zum ExpertInnengespräch ins Landhaus geladen. Gemeinsam mit Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf, VertreterInnen der Gewerkschaften Philip Wohlgemuth (ÖGB), Gerhard Seier (GÖD), Verena Steinlechner-Graziadei (Younion) sowie dem Obmann der ARGE Tiroler Altenheime Robert Kaufmann wurde eine Einigung über die weitere Vorgehensweise bei der Attraktivierung des neuen Gehaltsschemas für neu eintretende Pflegekräfte erzielt, um eine zeitnahe Lösung im Hinblick auf den Erhalt und Gewinn von neuem Pflegepersonal zu erreichen. All jene, die in der Langzeitpflege eine Tätigkeit beginnen, kann künftig eine Zulage in Höhe von monatlich rund 200 Euro seitens der Gemeinde gewährt werden. Das neue Gehaltskonzept tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft – der Gesetzesentwurf ist bereits in Ausarbeitung und soll noch im Dezember-Landtag eingebracht werden.

„Die Gehaltsanpassung Neu ‚Gleiches Geld für gleiche Arbeit‘ ist österreichweit ein Vorzeigeprojekt. Mit Hinblick auf den vorhandenen Fachkräftemangel im Bereich der Langzeitpflege, wollen wir darüber hinaus besondere Anreize setzen, um eine bestmögliche Lösung zur Gewinnung und Erhaltung von Pflegepersonal zu schaffen. Eine eigene Bestimmung im Gemeindevertragsbedienstetengesetz beschränkt auf die geriatrische Langzeitpflege, soll eine Zulage für neu eintretende Bedienstete ermöglichen, die vom Gemeinderat oder Gemeindeverband für Pflegepersonal in Altenwohn- und Pflegeheimen gewährt werden kann“

LR Johannes Tratter und LR Bernhard Tilg (beide VP) unisono für die ExpertInnenrunde

Am 1. Jänner 2020 wird wie geplant in Tirol nach dem Motto „Gleiches Geld für gleiche Leistung“ das neue, österreichweit einzigartige Gehaltskonzept für den Pflegedienst in Sprengel, Heim und Krankenhaus in Kraft treten.

„Gemeinsam mit Tiroler Gemeindeverband, Gewerkschaften und der ARGE Tiroler Altenheime haben wir uns auf eine zusätzliche Zulage von monatlich rund 200 Euro brutto geeinigt, die von der Gemeinde oder dem zuständigen Gemeindeverband gewährt werden kann“

LR Tilg über die in dieser Woche erzielte Lösung für neu eintretende Pflegekräfte in Altenwohn- und Pflegeheimen nach dem Gemeindevertragsbedienstetengesetz.

Diese ergänzende Regelung wird noch im Dezember-Landtag behandelt und soll rechtzeitig mit Jahresbeginn in Kraft treten. „Mit der Gehaltsanpassung ab 2020 in der Langzeitpflege haben wir attraktive, transparente und wertschätzende Rahmenbedingungen geschaffen“, bilanzierte Tilg die erzielte Aufwertung des Pflegeberufs in Tirol.

Mehr zum Thema

Pflegeberufe verdienen mehr Wertschätzung
Strukturplan Pflege wurde evaluiert
Liste Fritz traut Worten Tilgs nicht

„Mit der Gehaltsanpassung ab 2020 in der Langzeitpflege haben wir attraktive, transparente und wertschätzende Rahmenbedingungen geschaffen“, meint LR Tilg und sieht darin eine "erzielte Aufwertung des Pflegeberufs in Tirol".
"Wir müssen uns sehr anstrengen, um junge Menschen wieder verstärkt in die Pflege zu bekommen", sagt LR Bernhard Tilg (VP).
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:
Die wichtigsten News direkt auf dein Handy.  | Foto: MeinBezirk Tirol
4

Service
Die Nachrichten des Tages im WhatsApp Kanal "MeinBezirk Tirol"

MeinBezirk Tirol ist auf WhatsApp! Abonniere unseren Kanal MeinBezirk Tirol und erhalte die News aus deiner Region direkt aufs Handy. TIROL. Ab sofort kannst du dich direkt über WhatsApp mit uns verbinden, um die neuesten Nachrichten, Geschichten und Updates aus Tirol zu erhalten. Egal, ob es um lokale Ereignisse, wichtige Ankündigungen oder inspirierende Geschichten geht - wir bringen sie direkt auf dein Handy! Um unserem WhatsApp-Kanal beizutreten, musst du nur folgende Schritte ausführen: ...

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.