Wirbel um's Aus für Kufsteins "Krabbelstube"

Bgm Martin Krumschnabel im Rahmen der Studienpräsentation zur Kinderbetreuungssituation in der Region um Kufstein.
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KUFSTEIN (red). Die Stadt Kufstein hat vor die "Krabbelstube" am Kindergarten Arkadenplatz zu schließen und zum Ausgleich "Notfallplätze in privaten Einrichtungen" schaffen. Dies sei bereits vom Stadtrat mit Stimmen der "Parteifreien" um Bgm Martin Krumschnabel und denen der Freiheitlichen (FPÖ/GKL) beschlossen worden.
Pikantes Detail: Eine dieser privaten Kinderbetreuungseinrichtungen, die nun von der Stadtgemeinde zusätzliches Geld für die "Notfallplätz" erhalten sollen, steht in engem Naheverhältnis zur Frau des Bürgermeisters: "Family"-Spitzenkandidatin Andrea Krumschnabel" ist aktuell Vizepräsidentin des Eltern-Kind-Zentrums "Schubi-Du". Vizebürgermeisterin Brigitta Klein war von 1997 bis zu ihrem Austritt 2012 im Vorstand des Vereins, davon viele Jahre Präsidentin.
Bildungsreferentin Birgit Obermüller ist aktuell in Gesprächen mit den sechs privaten Kinderkrippen der Stadt. Von dreien habe es bereits positive Signale gegeben, so Obermüller.

Laut "Informationsblatt" der Stadtgemeinde vom Dezember 2016 ist die "Krabbelstube" gemäß Betriebsordnung "ausschließlich als Hilfe für Eltern gedacht, um Ihnen Probleme im Fall eines Arzt-, Krankenbesuches oder dringend notwendigen Amtswegen oder Besorgungen abzunehmen. Die Krabbelstube ist jedoch kein Ersatz für einen Kinderkrippenplatz."
Vorgesehen wurde die Einrichtung für Kinder zwischen der Vollendung des ersten Lebensjahres bis maximal zur Vollendung des dritten Lebensjahres, pro Besuch sollte die Betreuungszeit "zwei Stunden nicht überschreiten", dafür bezahlten Eltern – getrennt nach Vormittags- (zwischen 7 und 13Uhr) und Nachmittgsbetreuung (zwischen 14 Uhr und 17.30 Uhr), eine Pauschalgebühr von 2 Euro.
Da die "Krabbelstube" nach ihrer Gründung durch Beschlüsse des Kufsteiner Stadtrats unterstützt wurde, sei eine Abstimmung im Gemeinderat nicht notwendig, erklärte Bürgermeister Martin Krumschnabel, das einstimmige Ergebnis im Stadtrat sei dafür genug.
GKL-Stadtrat Herbert Santer meinte, ein nicht mehr zeitgemäßes Betreuungsmodell sollte nicht künstlich konserviert werden. Die Rahmenbedingungen seien heute andere, als zur Gründung 1974.

Bildungsrefereintin Birgit Obermüller führt aus: "1974 wurde unter Bgm. Dillersberger die Krabbelstube beschlossen und es war für die damalige Zeit eine mutige und moderne Entscheidung! In Betrieb ging sie im Jahr 1975. In den Anfangszeiten waren bis zu 100 Freiwillige als Betreuungspersonen beschäftigt und daher ist mir vollkommen bewusst, dass eine Abschaffung mit vielen Emotionen verbunden ist. Irgendwann hat aufgrund von Veränderungen in der Gesellschaft das Konzept einer Krabbelstube nicht mehr ausgereicht, eine Betreuung war nur am Vormittag gegeben, und es sind private Kinderkrippen entstanden."
Zudem merkt sie an:

"Krabbelstuben werden aus pädagogischen Gründen nicht mehr gefördert vom Land - Zweifler sollte auch dieser Umstand zu denken geben. Für Behördengänge und Arztbesuche von Müttern wird es im September eine Lösung geben!"

Derzeit seien im Durchschnitt etwa 5 Kinder täglich in Betreuung in der Krabbelstube. "Es handelt sich um fast immer die gleichen Kinder und somit wird die Krabbelstube als kostengünstiger Kinderkrippen-Ersatz genützt. Die Betreuerinnen rechtfertigen diese Nutzung damit, dass diese Kinder ein wenig Deutsch lernen würden, nachdem es fast ausschließlich Kinder mit nichtdeutschen Muttersprache sind. Hier bin ich allerdings der Meinung, dass es ein anderes und professionelleres Konzept benötigt, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Darüber macht sich der Integrationsausschuss Gedanken und es sollte wohl auch ein Konzept sein, das förderungswürdig ist", so Obermüller.
Sie gleuabt auch nicht an die Nutzung in Notfällen, wie in der Betriebsordnung festgehalten: "Sogenannte Notfälle kommen in der Krabbelstube gar nicht mehr an, da eine Betreuung am Vormittag nicht ausreichend ist. Kinder, die beispielsweise von der Kinder- und Jugendhilfe betreut werden, sind in ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen untergebracht. Das AMS unterstützt Mütter, die eine Ausbildung absolvieren, indem die Betreuungskosten übernommen werden. Alle involvierten Systempartner sind heute andere als noch vor 20 und mehr Jahren. Von einem Gemeinderat im Jahr 2018 wünsche ich mir genauso mutige und innovative Entscheidungen wie von jenem im Jahr 1974, nämlich zeitgeistige!"

"Ich befürworte sehr wohl Auszeiten für Mütter. Aufgrund der Doppelbelastung von Beruf und Familie sollte die Gesellschaft akzeptieren, dass Mütter ihre Kinder auch einmal in ihrer Freizeit in einer Kinderbetreuungseinrichtung anmelden. Sie nützen jedoch nur eine Einrichtung, welche die Kinder kennen – die Anmeldezahlen in der Krabbelstube belegen dies ja!. Ich bin davon überzeugt, dass die gemeinsame Zeit mit den Kindern dann noch besser genutzt wird."

Die freiheitliche Bezirksobfrau NR Carmen Schimanek nennt den Schritt zur Schließung in einer Aussendung "bedauerlich": „Kufstein ist die zweitgrößte Stadt in Tirol und scheinbar nicht in der Lage eine eigene Krabbelstube zu erhalten. Viele Mütter verlieren dadurch ein Stück Flexibilität.“
Für sie bleibe zu hoffen, dass die Stadt genügend Ausweichplätze finde und diese für die Eltern nicht teurer werden: „Die Gemeinde muss in der Kinderbetreuung in erster Linie an die Kinder und Eltern denken. Der Vorwurf, der im Raum steht, dass es sich dabei um eine versteckte Subvention für private Einrichtungen handeln könnte, ist nicht schön und wird sich hoffentlich nicht bewahrheiten."
Für Schimanek stellt sich die Frage, ob das von der EU vorgegebene Barcelona-Ziel, für 33 Prozent aller Kinder unter drei Jahren öffentliche Betreuungsplätze bereitzustellen, "überhaupt realistisch" sei: „Scheinbar ist diese Quote im ländlichen Raum vollkommene Utopie. Es braucht eine ehrliche Debatte, welche Ziele in der Kinderbetreuung angestrebt werden sollen mit Rücksicht auf regionale Begebenheiten. Das Barcelona-Ziel erscheint mir als bürokratische Willkür und in vielen Regionen wohl wenig praxistauglich.“
Sie kündigt an, dass die FPÖ auf Bundes- und Landesebene Anfragen einbringen möchte, wie es einerseits um die Kinderbetreuung und die Erreichbarkeit des Barcelona-Ziels und andererseits, wie es um die Fördermittel für private und öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen bestellt sei.

Im März des Vorjahres präsentierten Mitarbeiter der Universität Innsbruck eine Studie zur Kinderbetreuungssituation in der Region rund um die Festungsstadt, die von Arbeiterkammer und dem "Leader"-Verein "KUUSK" in Auftrag gegeben wurde.

Bgm Martin Krumschnabel im Rahmen der Studienpräsentation zur Kinderbetreuungssituation in der Region um Kufstein.
Pädagogin Birgit Obermüller kündigt eine Lösung für Notfälle an.
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