"Keine Bittgänge mehr"
OÖ (pfa). Die Finanzierung der Gemeinden wird auf neue Beine gestellt. Das Credo: Stärkung der Gemeindeautonomie. Bisher hatten Gemeinderatsbeschlüsse über Projekte und Investitionen mehr etwas von Willensbekundungen als von bindenden Abkommen. Dies lag vor allem an der Finanzierung, denn sie musste erst mit dem Land verhandelt werden. Manche Gemeindevertreter titulierten das zynisch als "Bittgänge". "Das gehört der Vergangenheit an. Wir standardisieren das System und künftig weiß jede Gemeinde im Voraus, wie viel Geld ihr aus welchem Topf zusteht", erklärt Landesrat und ÖVP-Gemeindereferent Max Hiegelsberger. Er hat dieses System entwickelt.
"Wir geben den Gemeinden Planungssicherheit"
Die Kommunen, deren Abgänge eine gewisse Grenze nicht überschreiten, bekommen schon im Vorhinein eine Basisförderung aus einem Strukturfonds. Diese Zuwendung ist von der Finanzkraft und den Aufgaben abhängig, die die Gemeinde hat. Je nach Art der Investition gibt es noch extra Geld. Diese Kriterien und die Höhe der Zuwendungen sind transparent einsehbar. Nur den Zeitpunkt, wann ein Projekt förderfähig wird, entscheidet das Land, da die einzelnen Töpfe ein begrenztes Volumen haben. "So geben wir den Gemeinden Planungssicherheit. Im Umkehrschluss werden aber alle Gemeinderatsbeschlüsse absolut bindend, da die Kommunen wissen, was sie sich leisten können und was nicht", so Hiegelsberger.
Testlauf ab Jänner 2017
Die für die SPÖ-Gemeinden zuständige Landesrätin Birgit Gerstorfer, seit Sommer im Amt, trägt die neue Finanzordnung mit: "Noch sind die Gespräche nicht gänzlich abgeschlossen, aber ich befürworte das System, das für alle die gleichen Spielregeln garantiert." Mit Jänner 2017 beginnt ein interner Testlauf, bei dem die Finanzen von fünf Gemeinden virtuell im neuen System geführt werden. "Da wird sich zeigen, ob es in der Praxis hält", sagt Gerstorfer. Bewährt sich die Strategie, werden ab dem Jahr 2018 alle Gemeindefinanzen umgestellt.
"Wir geben ganz bewusst Macht ab"
Die Höhe der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel wird nicht verändert. Finanzschwächere Gemeinden dürften aber nun etwas besser aussteigen. Für das Land OÖ bedeutet die neue Gemeindefinanzierung Machtverlust. Hiegelsberger: "Wir geben hier ganz bewusst Macht ab. Die Gemeinden wissen, welche Investitionen für sie am besten sind. Wenn wir wollen, dass die besten Leute die Gemeinden gestalten, dann müssen wir sie aufwerten und ihnen mehr Möglichkeiten geben." Jene Gemeinden, die sehr hohe Abgänge haben, werden künftig aus einem eigenen Fonds finanziert. Das Land wird sie sehr eng begleiten, damit sich ihre Situation verbessert.
"Keine Eifersüchteleien"
Als "gewaltigen Fortschritt" bezeichnet Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer die neue Gemeindefinanzierung. "Es wird keine Eifersüchteleien zwischen den Gemeinden geben, weil das System so transparent ist und für alle Beteiligten Vorteile bringt", verspricht er. Jedoch müssten die Kommunen nun auch die Verantwortung über ihre Finanzen wahrnehmen und danach trachten, gut zu wirtschaften.
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