Covid-19
Causa Ischgl: Für VSV war "Räumung des Paznauntales illegal"

Quarantäne: Das Paznaun mit Ischgl und St. Anton am Arlberg wurden am 13. März isoliert. | Foto: ZOOM.TIROL
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  • Quarantäne: Das Paznaun mit Ischgl und St. Anton am Arlberg wurden am 13. März isoliert.
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ISCHGL, PAZNAUN. Drei Monate nach der Verhängung der Quarantäne über Ischgl und das Paznaun kritisiert der Verbraucherschutzverein (VSV) mit Obmann Peter Kolba in einer Aussendung erneut das Krisen- und Ausreisemanagement.

Steigende Infektionszahlen und vorzeitiges Saisonende

(OTS) In der Woche vom 6. bis 13. März 2020 wurde laut dem VSV (Verbraucherschutzverein) den Behörden mit Zuständigkeit Paznauntal und Ischgl täglich klarer, dass die Infektionen – besonders in Ischgl – ansteigen. Daher wurde am 12. März 2020 gegen Mittag von der Gemeinde mit dem Tourismusverband und der Seilbahngesellschaft ein vorzeitiges Saisonende in Ischgl für 13. März 2020 beschlossen.
In Umsetzung dieser Erkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Landeck (BH Landeck) am 13. März 2020 eine Verordnung erlassen, dass über das Paznauntal Quarantäne verhängt wird, Angestellte und österreichische Gäste bleiben müssen und nur ausländische Gäste unter Bedingungen die sofortige Heimreise - ohne Zwischenstopp - antreten dürfen. Die ausländischen Reisenden sollten ihre Personendaten bekanntgeben und ein Informationsblatt ausgehändigt bekommen. Idee dahinter: So könne man ausländische Infizierte in die Betreuung der jeweils heimischen Gesundheitsbehörden übergeben.

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"Einvernehmliche Verabschiedung"

Soweit die Theorie. In der Praxis hätten laut Aussendung des VSV Hoteliers in Ischgl ihre Angestellten "einvernehmlich" verabschiedet und mit ärztlichen Attesten des Gemeindearztes – über einen ausgezeichneten Gesundheitszustand ohne Covid-19 Symptome – bereits ab dem Vormittag des 13. März 2020 zum Verlassen des Tales aufgefordert. Aber auch österreichischen Gästen wurde nicht die Quarantäne mitgeteilt, sondern, dass auch sie das Tal noch verlassen könnten. Der Tourismusverband Paznauntal schrieb an die Hotels am 13. März 2020 um 14:52 (also etwa eine Stunde nach der Erklärung des Bundeskanzlers Kurz in einer Pressekonferenz in Wien um 14.00, dass ab sofort über das Tal Quarantäne verhängt worden sei): "Bis auf weiteres Verkehrskontrollen nur in Ulmich .... Eine Ausreise ist aktuell ungehindert möglich."

Tausende Urlauber reisten ab

Es wurden also auch österreichischen Touristen angeraten, das Tal schnellsten zu verlassen, da sonst Quarantäne drohe. Noch um 16:00 sind österreichische Touristen in voll gesteckten Bussen (auch gegen eine Verordnung der BH Landeck) von Ischgl aus dem Tal befördert worden.
Resümee: Der Tourismusverband (TVB), die Gemeinde und die Hoteliers haben bewußt die Verordnung der BH Landeck unterlaufen und alles getan, dass auch österreichische Gäste und Saisonarbeiter das Tal schnellstens verlassen.
Den ausländischen Touristen wollte man die Pflicht auferlegen, ohne Stopp in ihre Heimatländer zurückzukehren. Sie sollten namentlich erfasst werden und ein Infoblatt ausgehändigt bekommen.
Die Abreisen hatten bereits vormittags eingesetzt, doch die entsprechenden Formulare wurden erst um 16.29 Uhr vom TVB an die Hoteliers weitergegeben. Damit ging auch diese Maßnahme ins Leere.

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Namentliche Erfassung verzögert

Der VSV hat rund 1.400 Gäste, die am 13. März 2020 Ischgl verlassen haben, gefragt, ob Sie etwas unterschreiben mussten bzw ein Infoblatt ausgefolgt bekommen haben? Etwas über ein Drittel hat geantwortet:

  • nur 37 Prozent haben ein Personenblatt ausgefüllt und abgegeben
  • nur 13,25 Prozent haben ein Infoblatt ausgehändigt bekommen
  • Dafür haben bereits um 12.00 Uhr 47 Prozent der Gäste das Tal verlassen. Bis 16.00 waren es sogar bereits rund 78 Prozent.

78 Prozent der ausländischen Touristen wurden also weder namentlich erfasst noch haben die eine Aufklärung über ein Infoblatt bekommen. Es ist zu bezweifeln (bzw nachzuforschen) ob die Tiroler Behörden auch nur einen Heimatstaat über die Rückreisewelle potentiell infizierter Staatsbürger informiert wurden.

"Wir haben alles richtig gemacht" als "glatte Lüge"

"Dieses Beispiel zeigt die Methoden der Verzögerungen in Ischgl: Vorgabe der Behörden kommen langsam und werden vor Ort – etwa durch informelle Vorabinformationen – schlicht unterlaufen. Österreichische Gäste und Saisoniers wurden entgegen der Verordnung aus dem Tal rausgeworfen und die Rückreise der ausländischen Gäste endete im Chaos," fasst VSV-Obmann Peter Kolba zusammen. Das Ergebnis: 56 Prozent der österreichischen Infektionen lassen sich lauf AGES auf Tirol rückführen. Und das Robert Koch Institut in Berlin geht davon aus, dass zwei Drittel der deutschen Infektionen aus Urlauben in Österreich herrühren und davon 90 Prozent der Infektionen in Tirol stattfanden."
"

Ich kann das 'Wir haben alles richtig gemacht' aus Tirol nicht mehr hören. Es ist eine glatte Lüge. Ich hoffe, dass die WKStA diese Lügen Schritt für Schritt aufklären wird," hofft Kolba.

Quelle: OTS-Presseaussendung VSV (Verbraucherschutzverein), Obmann Dr. Peter Kolba, 10.06.2020

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