Erfolgreicher Anbauversuch
In Galtür blüht der "Gelbe Enzian"

Erfolgreicher Anbauversuch in Galtür: Helfer Markus Lorenz, Projektbetreuer Hermann Lorenz und  LK-Fachbereichsleiter Wendelin Juen (v.l.). | Foto: Othmar Kolp
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GALTÜR (otko). Im tirolweit ersten Anbauversuch in Galtür wachsen 18.000 Pflanzen des "Gelben Enzinas". Die Wurzel ist für Schnaps und Arzneimittel begehrt.

Enziananbau absolutes Neuland

Als Inbegriff der einer Alpenpflanze gilt für viele Menschen der Enzian. Seit dem Altertum ist der weit verbreitete, hochwachsende "Gelbe Enzian" (Gentiana lutea), als Arznei- und Gewürzpflanze bekannt. Nicht nur von den Schnapsbrennern werden die Wurzeln dieser alpinen Pflanze hoch geschätzt, sondern auch von der Medizin für ihre appetitanregende und verdauungsfördernde Wirkung.
Im Rahmen eines Lokalaugenscheins wurde am Donnertag von der Landwirtschaftskammer Tirol in Galtür ein erfolgreiches Projekt präsentiert. Dort wurde im Jahr 2017 mit dem tirolweit ersten Anbauversuch des Gelben Enzians gestartet. "Oft spielt der Zufall eine Rolle. Ein Pharmaunternehmen zeigte Interesse an Tiroler Kräutern und dem Enzian, da es immer eine größere Nachfrage nach der Herkunft der Produkte gibt. Leider ist kam dies dann nicht zustande. Trotzdem war es der Anstoß zu dem Versuch“, erzählt Wendelin Juen, LK-Fachbereichsleiter für Spezialkulturen und Markt. Die Wahl für den Anbauversuch fiel auf Galtür, da der Paznauner Ort immer mit dem Einzianschnaps, dem "Galtürer Enzner", in Verbindung gebracht wird. Zudem gibt es dort natürliche Kolonien des gelb punktierten Enzians (Gentiana punctata). "Der Anbau von Enzian als Nutzpflanze ist in Tirol absolutes Neuland. Hermann Lorenz, der über lange Jahre die Almkäseolympiade mit organisiert hat, war sofort von dieser Idee begeistert", so Juen.

Galtürer Enzner als Kulturgut

In Galtür werden schon seit Menschengedenken die kostbaren Enzianwurzen gegraben. "Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts stand das Enziangraben bei den Galtürer Familien auf der Tagesordnung. Manche Familien lebten sogar vom Schnapsbrennen und vom Schnapsverkauf", erläutert Juen. In einem Pachtvertrag aus dem Jahr 1705 wird das Recht zum Graben von Enzianwurzen in der Alpe Schiffanella (Großvermunt) eigens erwähnt. Für Unruhe in Galtür sorgte in den 1980er Jahren der Erlass eines neuen Naturschutzgesetzes, das den punktierten Enzian plötzlich unter Schutz stellte. Nach einem Verfahren vor den Höchstgerichten konnten die Galtürer eine Ausnahmegenehmigung erwirken.
2013 hat es das Wissen um die Standorte, das Ernten und das Verarbeiten des punktierten Enzians sogar in das UNESCO-Verzeichnis des immateriellen Kuturerbes geschafft. Heute werden jedes Jahr am 8. September, dem Galtürer Kirchtag, insgesamt 13 Grabungsrechte für jeweils 100 Kilogramm Enzianwurzen verlost. Aus 100 Kilogramm Enzianwurzen werden 7 bis 8 Liter Schnaps gebrannt. Daher gehen die Galtürer mit dem Enzner auch "sehr g'sparig" um. Für einen Liter muss man zwischen 250 und 270 Euro auf den Tisch legen, falls man überhaupt einen zu kaufen bekommt.

Galtür als optimales Anbaugebiet

"Gerade der Naturschutz war eine zusätzliche Motivation den Gelben Enzian zu kultivieren", so Juen. Der erfahrene Brenner und passionierte Enzian-Liebhaber Hermann Lorenz pflanzte 2017 zusammen mit seiner Familie und Helfern 12.000 Jungpflanzen aus, dieses Jahr kamen weitere 6.000 hinzu. Die Jungpflanzen stammen von einer Spezialfirma aus Bayern, die sie aus dem Samen zieht. Insgesamt umfasst der Anbauversuch rund 2.000 Quadratmeter und die Pflanzen gedeihen prächtig.
Anfänglich gab es aber auch einige Schwierigkeiten zu bewältigen: "In Galtür gibt es aufgrund der Höhenlage keinen Ackerbau und es war schwierig Maschinen herzu bekommen. Es war aufregend, das erste Mal einen Acker anzulegen. Probleme machten uns das stark wuchernde Unkraut und die Bewässerung", blickt Lorenz zurück. Den größten Arbeitsaufwand stellt das  Jäten und Pflegen der Pflanzen dar. Aufgrund des hohen Unkrautdrucks wurde nun zwischen den Reihen ein Bändchengewebe ausgelegt. "Im ersten Jahr sind wir ans Limit gegangen und haben ziemlich viel gejätet", so Lorenz. Inzwischen ist der Enzianacker zu einem Gemeinschaftsprojekt geworden und die ganze Familie und die besten Kollegen legen kräftig Hand an.

Höhere Wertschöpfung

Der Anbau von Heilkräutern braucht keine großen Flächen. Daher ist er gerade für kleinbäuerliche Betriebe gut geeignet. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Anbau gut zur Vielfalt der Tiroler Landwirtschaft passt und so ein weiteres wirtschaftliches Standbein sein kann. "Es steckt zwar viel Handarbeit hinter solch einem Projekt, aber die Wertschöpfung ist deutlich höher. Gerade beim Schnaps ist man nicht nur Rohstofflieferant sondern veredelt auch das Produkt", beton Juen. Bei einer Trocknung der Enzianwurzen von einer Fläche von 1.000 Quadratmeter könnten 20.000 bis 30.000 Euro erzielt werden, hingegen bei der Veredlung zwischen 60.000 und 80.000 Euro.
Die große Nachfrage nach dem Enzianschnaps bestätigt auch Hermann Lorenz. Auch die Pharamaindustire und Getränkehersteller zeigen großes Interesse, da es nichts Bitteres als den Enzian gibt. "Der Standort ist ideal und wir planen weitere Enzianpflanzen zu setzen. Mit rund 40.000 Pflanzen auf 6.000 Quadratmetern könnten wir jedes Jahr ernten, da jedes Mal Jungpflanzen neu gesetzt werden müssen", verrät Lorenz. Die erste Ernte soll in drei Jahren erfolgen. Bis dann gilt es in Sachen Verarbeitung und Vermarktung auch noch einige Dinge abzuklären.

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