Bezirksblätter-Interview
Landecker Stadtchef Wolfgang Jörg zieht nach Rücktritt Bilanz

Der Landecker Bgm. Wolfgang Jörg tritt mit 31. Mai zurück. Im Bezirksblätter-Interview zieht er Bilanz über sieben Jahre als Stadtchef. | Foto: Othmar Kolp
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LANDECK. Bürgermeister Wolfgang Jörg tritt mit 31. Mai 2020 zurück. Im Bezirksblätter-Interview blickt er auf sieben Jahre als Stadtchef zurück.

Politischer Knalleffekt

Bei der Sitzung des Gemeinderates der Stadt Landeck am 14. Mai sorgte Bgm. Wolfgang Jörg mit seinem Rücktritt mit 31. Mai für einen politischen Knalleffekt. Als Auslöser nannte er eine Verurteilung wegen illegaler Beschäftigung von Asylwerbern bei den Venet Bergbahnen.
Damit endete überraschend die politische Karriere von Wolfgang Jörg. Der Jurist wurde 2010 erstmals in den Landecker Gemeinderat gewählt und bekleidete dann bis 2013 das Amt des Planungsstadtrates. Nach dem tragischen Unfalltod von Bertl Stenico wurde er 2013 zum Bürgermeister gewählt. 2016 holte dann die Landecker ÖVP mit zwölf Mandaten einen unerwarteten Erdrutschsieg. Bei der Bürgermeisterwahl setzte sich Amtsinhaber Wolfgang Jörg mit 78,8 Prozent klar durch.

Begegnungen Freude gemacht

Haben Sie gedanklich schon mit dem Bürgermeisteramt abgeschlossen?
WOLFGANG JÖRG: "Ich mache noch die letzten Unterschriften. In den vergangen Tagen wurde ich von vielen Menschen quer durch die Bevölkerung kontaktiert, wo auch viele unglaublich schöne Sachen dabei waren. Viele BürgerInnen und auch Bürgermeisterkollegen haben gesagt, dass sie Verständnis dafür haben. Es ist schön, dass man doch manches richtig gemacht hat. Ich bin aber nicht aus der Welt und freue mich auf nette Gespräche. Ich schließe mit 31. Mai einen Lebensabschnitt ab und werde mich danach an schöne Begegnungen erinnern. Vor allem jene mit den BügerInnen, einfach mit den Menschen quer durch die Gesellschaft, haben mir immer viel Freude bereit und ich konnte auch lernen. Es gab auch lustige Begebenheiten: Einmal fragte mich ein Lieferant in St. Anton, ob ich einen Zwillingsbruder habe. Ich würde dem Landecker Bürgermeister gleichen."

Bürgermeister-Job kostet Substanz

War der Rücktritt überraschend oder doch schon länger geplant?
"Es gibt irgendwann einen Zeitpunkt, wo man sich fragt, ob das Ganze noch einen Sinn macht. Diese Frage habe ich nun für mich beantwortet. Die Verurteilung durch das Landesverwaltungsgericht hat das Fass zum Überlaufen gebracht und ich wollte schon im März zurücktreten. Ich muss 19.800 Euro bezahlen. Meine eingebrachte außerordentliche Revision wurde abgewiesen. Trotzdem lasse ich aber noch eine etwaige Amtshaftung prüfen. Ich habe in dieser Sache nie etwas falsch gemacht und nie etwas mit der Anstellung von Asylwerbern zu tun. Als ehrenamtlicher Venet-Vorstand habe ich immer das Beste für den Betrieb versucht umzusetzen."

Wie stressig ist das Amt des Landecker Stadtchefs?

"Solch ein Job kostet Substanz. Als Bürgermeister hat man viele Aufgaben zu bewältigen und es gibt immer einen gewissen Stressfaktor. Dazu gibt es immer wieder Situationen, die einem beschäftigen. Ich habe aber durch meine Tätigkeit in St. Anton am Arlberg, wo ich seit 33 Jahren als Amtsleiter arbeite, die Agenden des Bürgermeisters genau gekannt. Es stellt sich aber trotzdem die Frage nach der Lebensqualität und jetzt soll ich auch noch dafür zahlen. Es war für mich eine Frage des Abwägens und das verstehen viele Menschen. Bei den Gemeinderatswahlen 2022 wäre ich sowieso nicht mehr angetreten."

Wolfgang Jörg mit Nachfolger Thomas Hittler (re.), der als erster Vizebürgermeister bis zur Neuwahl im Gemeinderat die Amtsgeschäfte übernimmt. | Foto: Othmar Kolp
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Zahlreiche Projekte umgesetzt

Zahlreiche Projekte und auch teils umstrittene Dinge wurden in den letzten sieben Jahren umgesetzt.
"Eine große Geschichte für die Stadt war die Lösung der Seveso-III-Problematik. Wichtig war auch der Ausstieg beim Kraftwerk Sanna nach Abwägung von Pro und Contra. Zu nennen sind auch der Umbau der VS Angedair, das Betreubare Wohnen, der Hochwasserschutz, der Grundankauf Pendlerparkplatz, die Baulandumlegung Lachäcker, die Tiefgarage in Perjen sowie die Projekt- und Strukturentwicklungsgenossenschaft und das Standortzentrum Landeck-Zams zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes. In Sachen Verkehr wurde die Begenungszone in der Malserstraße umgesetzt und die teils umstrittene flächendeckende Parkraumbewirtschaftung eingeführt. Lösungen konnten auch bei der Kirche/Kloster in Perjen, bei der Schlossgalerie, beim Bezirksgericht, bei der Stadtbibliothek sowie beim über Jahre hinweg leerstehenden Raum über dem Alten Kino gefunden werden. Natürlich hätte es meinerseits auch noch einige Gedanken und Ideen für den Sportplatz, Friedhof oder den Bauhof usw. gegeben."

Was bleibt von der "Ära Wolfgang Jörg" in der Stadt Landeck?
"Das sollen und werden die Leute selber bewerten. Oft muss man etwas auch mit Abstand betrachten. Schlussendlich ist meine Amtszeit jetzt Geschichte . Es geht vorbei, wie alles andere als Teil des Lebens. Man soll sich hier nicht zu wichtig nehmen. Es kommen immer wieder Leute nach und die Funktionen sind vergänglich."

Unkonventionelle Amtsführung

Sie waren für Ihre eher unkonventionelle Amtsführung bekannt.
"Ich bin zwar ÖVP-Mitglied, aber ich war nie ein Parteimensch wie andere. Auch mit den politischen Mitbewerben kann ich jederzeit Gespräche führen. Ich habe aber gewisse Werte zu Grund und Boden und gewisse Einstellungen. Das Parteidenken war mir aber nicht immer das Vorrangige. Als Bürgermeister muss man natürlich auch repräsentieren. Ich bin aber nie so sehr der Amtsmensch gewesen. Trotzdem weiß ich aber wie man vorgeht. In meinen Job als Amtsleiter verkörpere ich auch weniger den Amtsschimmeltyp."

Kein Kommentar über Wunschnachfolger

Haben Sie einen Wunschnachfolger?
"Ich mische mich in die Nachfolgediskussion nicht ein. Schlussendlich muss die Partei das selber machen. Die Fraktion wird einen Kandidaten vorschlagen und dieser stellt sich dann der Wahl im Gemeinderat. Es wird aber in Zukunft sicher schwieriger Bürgermeister und Gemeinderäte zu finden. Als Bürgermeister steht man immer in der Auslage und oft auch in der Kritik. Auch gilt es künftig mit den Ressourcen zielstrebig umzugehen – Corona hat hier so manches verändert. Gerade bei der Zusammenarbeit im Talkessel und mit den Nachbargemeinden gibt es viel Potential und Synergien."

Wir sieht die Zukunftsplanung nach dem Rücktritt aus?
"In meinen Brotberuf als Amtsleiter arbeite ich ab 1. Juni wieder Vollzeit. Zudem beabsichtige ich auch wieder an der Schule ein paar Stunden zu unterrichten. Nun werde ich für viele Dinge Zeit haben und meine Freizeit wieder positiv nutzen. In den letzten Jahren war ich wenig zu Hause. Ich werde die wieder gewonnene Lebensqualität vernünftig nützen und genießen. Ich wünsche der Stadt alles Gute."

Das Interview führte Othmar Kolp

Landecker Stadtchef Wolfgang Jörg trat zurück

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