Kaunertal: Weitere Hürden für Kraftwerkspläne

Der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal (im Bild der Gepatschspeicher) ist laut Tiwag derzeit nicht in Sicht. | Foto: Archiv/Wiederin
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  • Der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal (im Bild der Gepatschspeicher) ist laut Tiwag derzeit nicht in Sicht.
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KAUNERTAL/SÖLDEN (otko/pc). Die Europäische Kommission hat kürzlich eine aktualisierte Liste der der Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest, PCI) im Bereich der Energieinfrastruktur veröffentlicht, denen öffentliches Interesse zuerkannt wird. Darauf befindet sich auch der geplante Ausbau des Wasserkraftwerkes Kaunertal. Die EU-Kommission sieht für die Überleitung des Ötztaler Wassers ins Kaunertal kein öffentliches Interesse. Hinter diesem Satz steckt für die Tiwag einiger Sprengstoff, denn diese Erkenntnis dürfte die Kraftwerkspläne des Tiroler Energieversorgers weiter blockieren.

UVP auf Eis gelegt

Wie berichtet ist die Umwelt-Verträglichkeitsprüfung bereits seit längerem auf Eis gelegt worden, nachdem sich die Gemeinde Sölden beim Verwaltungsgerichtshof gegen die Tiwag durchgesetzt hat. Auch dabei ging es um die Frage der Wassernutzung. Dabei gibt es nun jede Menge Interpretationsspielraum, denn die EU-Kommission hat zwar kein öffentliches Interesse an der Überleitung des Ötztaler Wassers erkannt, dem Projekt Kaunertal aber sehr wohl öffentliches Interesse attestiert. Wie allgemein bekannt ist, benötigt man aber das Ötztaler Wasser, um den Kaunertal-Ausbau wirtschaftlich zu gestalten. Laut Tiwag-Mastermind Bruno Wallnöfer ist der Kaunertal-Ausbau derzeit nicht in Sicht. Gleichzeitig entscheidet die Behörde nun über ein Kraftwerksprojekt der Gemeinde Sölden.

Kritik vom Umweltdachverband

Das Ausbauprojekt Kraftwerk Kaunertal in den Ötztaler Alpen scheint laut Umweltdachverband wohl doch nicht vom Tisch! Das Projekt werde nach wie vor in der Liste geführt – und das, obwohl es die Tiroler Landesregierung vor wenigen Monaten, in Folge des verlorenen Wasserrechts an die Gemeinde Sölden, ruhend gestellt hat. „Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich zwangsläufig die Frage, ob im Tiroler Hintergrund die Fäden für die Ausbaupläne im Kaunertal trotz Ruhendstellung munter weiter gesponnen werden – oder warum das Wirtschaftsministerium das Projekt erneut als PCI an die Kommission gemeldet hat und keine Richtigstellung durch die Tiwag erfolgte“, wundert sich Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
„Will Tirol dieses ökologisch unverträgliche und bereits in der Vorlaufphase ökonomisch überbordende (über 64 Mio. Euro seien bereits investiert!) Dinosaurier-Projekt hinter vorgehaltener Hand erneut zum Leben erwecken, wäre dies nicht nur ein naturschutzfachlicher Skandal, sondern ein weiterer Beleg für die Konzeptlosigkeit der Tiroler Energiepolitik!“, so Maier weiter.
Fraglich bleibt laut Umweltdachverband zudem, ob hinter dem Vorhaben „Capacity increase of hydro-pumped storage in Austria – Kaunertal, Tyrol (AT)“ in der Liste, die ohne konkrete Projektbeschreibungen veröffentlicht wird, tatsächlich „nur“ der Ausbau des vorhandenen Speichers Kaunertal stecke oder doch die vom Projektwerber dargestellte umfassende Version des Kraftwerksausbaus Kaunertal, u. a. inklusive diverser neu zu errichtender Infrastruktur zur Energieerzeugung (z. B. Versetz, Prutz 2). Laut TEN-E Regulation, welche der Auswahl an PCIs zugrunde liegt, gelten nämlich nur jene Projekte als von gemeinsamem europäischem Interesse, die dezidiert der Energiespeicherung dienen. Vorhaben zur Energieerzeugung werden nicht prioritär behandelt. „Sollte das Ausbauvorhaben in der von der Tiwag geplanten Version als Project of Common Interest anerkannt werden, würde dies die Idee hinter den PCIs ad absurdum führen. Die Kommission ist dazu aufgerufen, die Projektinhalte penibelst zu prüfen – zu allererst jedoch die Aufnahme von Vorhaben in die Liste, die auf nationaler Ebene alles andere als konsensfähig sind!“, so Maier abschließend.

Rückenwind für Tiroler Energiewende

„Die EU setzt damit ein kraftvolles Signal, dass Tirol bei der Umsetzung der Energiewende auf breite Unterstützung aus Brüssel bauen kann. Unserem ambitionierten Ziel, bis 2050 völlig unabhängig von Öl, Gas, Kohle und Atomstrom zu werden, kommen wir damit einen wichtigen Schritt näher“, sieht ÖVP-Energiesprecher Anton Mattle durch die Bestätigung der Kommission Rückenwind für den Tiroler Energiekurs. Gerade in Hinblick auf die in Paris stattfindende Weltklimakonferenz rücke die unbedingte Notwendigkeit der Energiewende einmal mehr in den Fokus, so Mattle, „und ohne Nutzung unseres Wasserkraftpotentials ist diese Wende nicht möglich.“
Wenig Verständnis zeigt der ÖVP-Energiesprecher deshalb für die neuerliche Kritik des Umweltdachverbandes an dem Projekt. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass eine Organisation, die ständig mit dem Klimaschutz hausieren geht, gegen solch wegweisende und sinnvolle Projekt protestiert. Denn eines muss uns klar sein: Wenn wir in Tirol keinen Strom aus Öl, Gas, Kohle oder Atomenergie möchten, dann müssen wir Alternativen schaffen. Und in Tirol ist das vor allem die Wasserkraft“, unterstreicht Mattle.
Nach dem klaren Bekenntnis der Kommission zum Kraftwerk Kaunertal hofft der ÖVP-Energiesprecher nun auf eine rasche Einigung zwischen der Gemeinde Sölden und der Tiwag, um das derzeit gestoppte UVP-Verfahren rasch fortsetzen zu können: „Ich bin überzeugt, dass es eine gute Lösung geben wird, von der sowohl Sölden als auch die Tiwag profitieren werden."

Der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal (im Bild der Gepatschspeicher) ist laut Tiwag derzeit nicht in Sicht. | Foto: Archiv/Wiederin
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