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Interview mit NAbg. Josef Muchitsch
Eine Belohnung in schwierigen Zeiten

Die Regierung betreibt eine "Pflasterlpolitik"! | Foto: Gewerkschaft B/H
  • Die Regierung betreibt eine "Pflasterlpolitik"!
  • Foto: Gewerkschaft B/H
  • hochgeladen von Waltraud Fischer

NAbg. Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, im Sommergespräch mit der WOCHE.

Sommerpause im Nationalrat – was machen Sie da?
Josef Muchitsch: In der Corona-Krise brauchen wir starke Gewerkschaften. Gerade die Betriebsrätinnen und Betriebsräte haben Unglaubliches in dieser Krise im Interesse der Beschäftigten und der Republik geleistet. Grund für mich, durch ganz Österreich zu touren und mich persönlich bei den Kolleginnen und Kollegen für ihre Arbeit zu bedanken. Arbeitstermine in Wien finden trotzdem statt. Dazwischen gibt es auch einige Tage Urlaub zu Hause mit meiner Familie. Auch die tägliche Medienarbeit findet über den ganzen Sommer statt.

Wie ist es Ihnen gelungen, trotz Gesundheitskrise Lohnerhöhungen in den Bau- und Holzbranchen zu erreichen?
Muchitsch: Das beruht auf einer guten langjährigen Sozialpartnerschaft. Die Lohnerhöhungen zwischen 1,6 bis 2,9 Prozent für rund 240.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in unseren Branchen waren aber auch ein Zeichen der Dankbarkeit. Letztendlich haben die Beschäftigten die Leistungen auch in der schlimmsten Zeit des Lockdowns auf Baustellen und in Betrieben erbracht. Wer in so schwierigen Zeiten arbeitet, muss auch belohnt werden. Außerdem ist es gelungen, einstimmig eine 6. Urlaubswoche am Bau im Parlament zu beschließen.

Wie ist Ihnen eine 6. Urlaubswoche gelungen, und für wen gilt diese konkret ab wann?
Muchitsch: Auf Bausozialpartnerebene haben wir nach 18 Monaten Verhandlungen ein Paket gegen Arbeitslosigkeit vereinbaren können. Davon profitieren sowohl die Betriebe als auch die Beschäftigten am Bau. Die 6. Urlaubswoche gilt ab 1. Jänner 2021 mit Erreichen von 20 Arbeitsjahren – unabhängig, bei wie vielen Baufirmen ein Dienstnehmer gearbeitet hat. Davon profitieren 147.000 Arbeiter.

Thema Rekord-Arbeitslosigkeit. Hier kritisieren Sie die Bundesregierung – warum?
Muchitsch: Der türkis-grünen Bundesregierung ist nicht bewusst, dass durch Kurzarbeit nicht mehr Beschäftigung geschaffen wird – sie schützt lediglich vor zusätzlicher hoher Arbeitslosigkeit. Kurzarbeit ist für die Betriebe eine „Brücke“, um von Teilauslastung zurück zur Vollauslastung zu gelangen. Die Rekordarbeitslosigkeit wird von der Regierung nur verwaltet und nicht bekämpft. Wo sind die notwendigen Maßnahmen gegen diese Rekordarbeitslosigkeit durch kluge und innovative Konjunkturpakete? Wo gibt es Schulungsangebote, damit sich Arbeitssuchende beruflich neu orientieren können, wie z.B. im Pflegebereich? Ich sehe bei dieser Bundesregierung leider kein "Licht am Ende des Tunnels".

Wie beurteilen Sie die Zunahme der Arbeitslosenquote im Bezirk?
Muchitsch: Es ist schlimm, dass im Bezirk Voitsberg die Arbeitslosenquote mit +44,6 % im Vergleich zum Vorjahr über dem Österreichschnitt (+41,3 %) liegt. Konkret sind 1.434 Personen arbeitssuchend gemeldet. Im Bezirk Leibnitz sind derzeit 2.743 Personen arbeitssuchend gemeldet – um +34,4 % mehr als im Vergleich zum Vorjahr. Im Bezirk Deutschlandsberg sind derzeit 1.875 Personen arbeitssuchend gemeldet – um +33,5 % mehr als im Vergleich zum Vorjahr. Corona kennt bei der Arbeitslosigkeit keinen Unterschied beim Alter. Von jungen bis zu älteren Menschen – es hat alle erfasst! Die Erkenntnis "Je älter, umso länger arbeitslos" verschärft sich noch stärker als vor der Krise. Obwohl das AMS mit ihren Beschäftigten eine tolle Arbeit bei der Vermittlung von gemeldeten offenen Stellen leistet, wird sich die Verweildauer in Arbeitslosigkeit noch länger auswirken, da auf einen offenen gemeldeten Job sieben Arbeitssuchende kommen.

Was ist notwendig, um die Wirtschaft wieder hochzufahren?
Muchitsch: Die Regierung muss wesentlich mehr für den Konjunkturaufschwung tun. Wir brauchen große Konjunkturpakte und Zukunftsinvestitionen für die öffentliche Infrastruktur und den Klimaschutz. Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden, der Ausfall der Kommunalsteuern für Gemeinden muss vom Bund ausgeglichen und direkte Vergaben an regionale Unternehmen gesetzlich leichter ermöglicht werden. Nur mit Investitionen in Beschäftigung schaffen wir den Weg aus der Krise.
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Aktuelle Zahlen und Daten

Lohnerhöhungen in der Baubranche: Die Erhöhung beträgt zwischen 1,6 und 2,9 Prozent für rund 240.000 Arbeiterinnen und Arbeiter.

6. Urlaubswoche: Die 6. Urlaubswoche gilt ab dem 1. Jänner 2021 mit dem Erreichen von 20 Arbeitsjahren – unabhängig davon, bei wie vielen Baufirmen ein Dienstnehmer gearbeitet hat. Davon profitieren 147.000 Arbeiterinnen und Arbeiter.

Offene Stellen und Lehrstellen:

Leibnitz:
587 (-11 gegenüber Juli 2019), -1,8 Prozent Veränderung;
offene Lehrstellen: 38 (-7,3 %)
Deutschlandsberg:
557 (-225 gegenüber Juli 2019), -28,8 Prozent Veränderung;
offene Lehrstellen: 89 (+15,6 %)
Voitsberg:
274 (-58 gegenüber Juli 2019), -17,5 Prozent Veränderung;
offene Lehrstellen: 28 (-9,7 %)

Arbeitslosenzahlen in unserer Region

Leibnitz:
2.743 Arbeitslose (+702 gegenüber Juli 2019), +34,4 % Veränderung.
1.482 Frauen und 1.261 Männer.
Arbeitslose bis 24 Jahre: 225;
von 24 bis 49 Jahre: 1.464;
über 50 Jahre: 1.054;
Ausländer: 464
Deutschlandsberg:
1.875 Arbeitslose (+470 gegenüber Juli 2019), +33,5 % Veränderung.
963 Frauen und 912 Männer.
Arbeitslose bis 24 Jahre: 200;
von 24 bis 49 Jahre: 959; über 50 Jahre: 716;
Ausländer: 196
Voitsberg:
1.434 Arbeitslose (+442 gegenüber Juli 2019), +44,6 % Veränderung.
677 Frauen und 757 Männer.
Arbeitslose bis 24 Jahre: 167;
von 24 bis 49 Jahre: 878;
über 50 Jahre: 489;
Ausländer: 159

Arbeitslose nach Bundesländern:
Wien: 68.333;
Niederösterreich: 30.445;
Oberösterreich: 21.857;
Steiermark: 21.164

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