Ein Sauschädltrauma in St. Michael

- hochgeladen von Peter Taurer
Mit dem besonders perfiden Verbrechen des Sauschädl-Diebstahls schlug sich das Dorfgericht im Gasthof Eberhard in St. Michael herum.
ST. MICHAEL. Die Abhaltung eines Sauschädl-Gerichtes ist ein alter, besonders in der Faschingszeit beliebter Brauch. Im Gasthof Eberhard in St. Michael tagte vergangene Woche ein solches. Der Familie Blachfellner-Mohri vulgo Tanzmeister wurde bei der Schlachtung ein Sauschädl "gestohlen". Von wem? Mit dieser Frage musste sich "Richter" Peter Prietl beschäftigen. Die Liste der Verdächtigen war lang. Die "Schuldigen" wurden gefunden, das Corpus Delicti verspeist.
Autoritäres Gericht
Allein schon die Zusammensetzung des hohen Gerichts wies auf die Schwere des Deliktes hin. Richter Peter Prietl vertraute nur sich selbst und zeigte gleich zu Beginn seine knallharte Linie der Prozessführung auf, er ließ weder Verteidiger noch Staatsanwalt zu. Freundliche Blicke, begleitet von schelmischem Augenzwinkern schickte er höchstens der Tippse Barbara „Knackal“ Gamsjäger, ziemlich rigoros dirigierte er den Gerichtsdiener Gerhard Jöchlinger und zwei grimmige Ordnungshüter.
Michöla-Kleinkriminelle
Die Anklage stützte sich auf § 75 des Steirischen Schweineschutzgesetzes und lautete auf „Entwendung des Sauschädls der Familie Blachfellner-Mohri vulgo Tanzmeister am 17. November 2018“. Verdächtig waren die durchschnittlichen Michöla-Kleinkriminellen, also alle im vollbesetzten Gasthof der Geschädigten, wie der Hohe Rat ironisch anmerkte. Die ganze Härte des Gerichts bekam Wirtin Ilse Blachfellner-Mohri zu spüren. „Wie kann etwas gestohlen werden, wenn das Wirtshaus immer zugesperrt ist“, lautete die provokante Frage des Richters.
Heimtückischer Mord
In die Bredouille manövrierten sich die Lockmoars. Dem Hauptverdächtigen, es handelt sich um den Schweinelieferanten August Baur, wurde „zweifacher heimtückischer Mord mit folgender Leichenschändung“ unterstellt, Großvater Hermann Edlinger als Überbringer des Sauschädls Beihilfe und Störung der Totenruhe angelastet. Baurs Rechtfertigung, dass die lieben Viecherl einem Verkehrsunfall zum Opfer fielen, entlockte dem Gericht ein Lachen.
Lauter Unschuldige
Völlig ahnungslos und unschuldig in Sachen „Schweinekopf“ gaben sich der Gatte der Geschädigten, Veterinär Hermann Wolfger, sowie alle weiteren Beschuldigten. Generell verdächtig befand Richter Prietl die Jungbauernschaft wegen deren Vorlebens. Bürgermeister Karl Fadinger kassierte wegen des Verdachtes einer Wahlkampfrede eine Verwarnung und eine Zeugin sagte, sie hätte nichts gesehen und außerdem sei sie blond. Huchenfischer Schneeberger wurde wegen seiner Aussage zum Schmähberger und das kriminelle Dutzend Mötschlmayer-Prietl aus Brun(n)-ze(h)n wurde am Tag der Tat nach der Vormittagsmesse am Tresen des „Gasthofes zur trockenen Kehle“ gesichtet, was höchst verdächtig war.
Corpus Delicti
Das Eintauchen des Richters in den Sumpf der kriminellen Energie führte dann doch zum Täter. Helmut Jöchlinger gestand freimütig den Diebstahl. Eigentlich war es kein Diebstahl, denn das Corpus Delicti stand vor dem Richtertisch. Richter Prietl ließ daher beim Täter Gnade walten, griff bei anderen Beschuldigten rigoros durch und verhängte saftige Geldstrafen und eine Lokalrunde Schnaps. Der Tradition entsprechend wurde der Sauschädl mit Linsen verspeist. Perfekte musikalische Begleiter waren die Mannen der „Fuchsbartl Banda“. Der Abend war lustig, hatte Kabarettcharakter mit bäuerlichem Bezug und lebte vom bestens informierten, sprachgewandten Richter Peter Prietl und schlagfertigen Verbrechern, äh Protagonisten.
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