Sternenkinder
"Sterneneltern werden viel zu oft verletzt"

- Julia Luschin setzt sich dafür ein, dass das Thema "Sternenkinder" endlich enttabuisiert wird und Sterneneltern mit all ihren Gefühlen wahrgenommen und respektiert werden.
- Foto: Astrid Höbenreich-Mitteregger
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Über „Sternenkinder“ wird viel zu wenig gesprochen, obwohl es für die Eltern so wichtig wäre. Julia Luschin bietet in Leoben und online deshalb zum Erfahrungsaustausch einen Sternenelterntreff an.
LEOBEN/SPIELBERG. „Sternenkinder“ sind Babys, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. Kleine Menschen, auf die sich die werdenden Eltern schon riesig freuen, zu denen bereits eine enge emotionale Verbindung besteht. Und plötzlich geht dieser kleine Mensch – aus welchen Gründen auch immer –, noch bevor er überhaupt auf der Welt angekommen ist. Zurück bleiben die Eltern mit all ihrer Liebe und Fürsorge, die für ihr Baby bestimmt waren. Und mit unendlicher Trauer.
Die Hilflosigkeit der Umgebung
Hier ist jener Punkt, an dem sich viele „Sterneneltern“ nach dem Verlust ihres Kindes von der Umgebung missachtet, unverstanden und verletzt fühlen, denn wie viele zu hören bekommen, „war es ja noch kein richtiges Kind“, „man könne es erneut versuchen, sei noch jung“ und deshalb brauche man auch nicht übermäßig zu trauern. Worte, die „Sterneneltern“ mitten ins Herz treffen. „Egal, in welcher Woche man sein Kind verliert, es ist immer schlimm. Die Leute wissen offenbar nicht, wie sie mit dem Thema umgehen sollen. Sie wollen Mut machen, es ist aber ihre Hilflosigkeit, die sie zu solchen Floskeln, die Sterneneltern richtig verletzen, greifen lässt.
Bitte kein "Es wird schon werden"
Auch dieses ‚Es wird schon werden‘ sollte besser nicht gesagt werden, denn für Sterneneltern ‚wird nichts mehr‘. Sie haben gerade ihr Kind verloren, das durch kein anderes einfach so ersetzbar ist“, sagt Julia Luschin, Doula und Mentaltrainerin, die den monatlichen Sternenelterntreff in Leoben sowie einen Blog leitet – und selbst dreifache Sternenmama ist. „Viel hilfreicher wäre es, einfach nur nachzufragen, was die Eltern in diesem Moment brauchen, viele möchten auch das Thema offen angesprochen wissen“, betont sie.
Jakob ging im achten Monat
Die heute 28-jährige Spielbergerin spricht aus Erfahrung, denn sie erlebte all die Reaktionen, als sie vor sechs Jahren ihren Sohn Jakob im achten Schwangerschaftsmonat aufgrund einer vorzeitigen Plazentaablösung verlor. Im Jahr darauf folgten zwei Fehlgeburten im frühen Stadium. „Ich hatte bei Jakob eine wunderbare Schwangerschaft. Dann kam dieser Sonntag im September, an dem ich morgens aufgestanden bin und plötzlich einen Blutsturz hatte“, erinnert sich Julia Luschin, die auf schnellstem Weg ins LKH Leoben kam. „Ich bin nach 28 Stunden auf der Intensivstation aufgewacht und schwebte aufgrund des hohen Blutverlustesund anschließendem NIerenversagen in Lebensgefahr. Unser Sohn war noch im Mutterleib verstorben.“ Eine Welt ging zu Bruch.

- Fuß- und Handabdruck des kleinen Jakob
- Foto: Luschin
- hochgeladen von Astrid Höbenreich-Mitteregger
Abschied von Jakob
Julia Luschin, ihr Mann und die Großeltern konnten sich im Krankenhaus in all ihrer Trauer vom kleinen Jakob verabschieden. „Diese Gefühle kann man nicht beschreiben. Man fühlt diese unendliche Traurigkeit und gleichzeitig Glück und Freude, weil man sein Kind in den Armen hält“, sagt die 28-Jährige, die anschließend psychologische Hilfe in Anspruch nahm, weil sie wusste, dass sie eine Aufarbeitung alleine nicht schaffen würde. „Viele denken nur an die körperlichen Verletzungen, die Psyche wird viel zu oft übersehen. So etwas geht vor allem an Müttern nicht spurlos vorüber.“ Zu einer Zeit, in der eine erneute Schwangerschaft eigentlich kein Thema war, wurde Julia wieder schwanger. Freude, Angst, Skepsis, alles vermischte sich. Aufgrund der Vorgeschichte waren Kontrolltermine eng angesetzt, die Schwangerschaft verlief mit vielen Vorsichtsmaßnahmen, aber glücklicherweise problemlos. Mittlerweile ist der kleine Raphael dreieinhalb Jahre alt und das größte Glück seiner Eltern.

- Geschwister: Die Füßchen von Raphael mit einem Herz, gemacht aus der Decke seines großen Bruders Jakob.
- Foto: Babysmile
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Idee zum Blog
„Raphael hat uns aber auch gezeigt, was uns alles entgangen ist durch den Verlust unserer Kinder, sei es der Kindergartenbeginn oder gemeinsame Feste wie Weihnachten. Zu der Zeit entstand in mir die Idee, in einem Blog offen über meine Geschichte zu sprechen. Ich dachte mir, wenn ich nur einer Frau mit meiner Erfahrung helfen kann, dann ist der Blog nicht umsonst. Das Echo war und ist groß“, erzählt sie. Ebenso dankbar wird ihr Treff für Sterneneltern in Zusammenarbeit mit der Stadt Leoben angenommen, weil der Austausch und die Offenheit so wichtig und heilsam sind.
Gefühle der Sterneneltern respektieren
„Es muss verstärkt in die Köpfe der Gesellschaft, dass Sterneneltern für ihre Gefühle nicht verurteilt, sondern respektiert werden“, sagt sie. Und die Geschwisterkinder? „Raphael wächst ganz natürlich im Wissen um seinen verstorbenen Bruder auf. Er erzählt allen ganz stolz, dass er einen großen Bruder hat, der aber auf dem Friedhof wohnt. Und dann erklärt er den staunenden Leuten immer: Mein Bruder lebt in unseren Herzen“, erzählt Julia Luschin.
Termine für den Sternenelterntreff
- Do, 23. Mai 2024, 16.30 - 18 Uhr
- Do, 27. Juni 2024, 16.30 - 18 Uhr
- Do, 18. Juli 2024, 16.30 - 18 Uhr
- Do, 22. August 2024, 16.30 - 18 Uhr
- Do, 19. September 2024, 16.30 - 18 Uhr
- Do, 24. Oktober 2024, 16.30 - 18 Uhr
- Do, 28. November 2024, 16.30 - 18 Uhr
- Do, 19. Dezember 2024, 16.30 - 18 Uhr
WO: Familientreff, Timmersdorfergasse 14, 8700 Leoben
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