Unser Know-How in aller Welt

- <b>900 Mitarbeiter</b> in Leoben, 8.100 weltweit. Die Leiterplatten mit steirischem Know-how sind überall gefragt.
- Foto: KK/AT&S
- hochgeladen von Simon Pirouc
Leiterplatten aus Leoben werden weltweit in elektronischen Gerätschaften verbaut. Die WOCHE war zu Besuch bei AT&S in Hinterberg und hat aus nächster Nähe miterlebt, wie so eine Leiterplatte entsteht, wo sie eingesetzt wird und was so etwas eigentlich kann.
LEOBEN. Die Welt wird elektronisch, vernetzt, immer kleiner. Während man vor zwanzig Jahren noch mit tragbaren Telefonen groß wie Holzscheitel telefonierte, passt heute ein Smartphone in jede Hosentasche und das kann dann auch, zumindest mehr oder weniger, eigentlich so ziemlich alles. "Internet of Everything" heißt die Zukunft - 2020 sollen weltweit mehr als 50 Milliarden Geräte online sein, mit Computern, Handys und Tablets am Anfang einer langen Reihe von technischen Spielereien, und Kühlschränken, Autos und ganzen Häuserzeilen an deren Ende.
"Hätte sich die Automobilindustrie so schnell entwickelt wie die Halbleiter-Industrie, dann würde ein Rolls Royce heute weniger als drei Dollar kosten und man käme mit einem Liter Treibstoff 1,3 Millionen Kilometer weit", weiß Chief Operating Officer (COO) Heinz Moitzi vom Leiterplattenhersteller AT&S zu berichten. Denn, was viele vielleicht gar nicht wissen, auf das Know-how des steirischen Unternehmens greifen weltweit so namhafte Unternehmen wie Sony, Huawei, LG und viele mehr zurück. 1987 in Leoben gegründet, hat AT&S ebenso Standorte in Fehring, Klagenfurt, Najangund (Indien), Ansan (Korea), Shanghai (China) und, gerade im Aufbau, in Chongqing (China).
Fokus auf morgen
Nach den beiden taiwanesischen Herstellern Unimicron und Compeq ist das österreichische Unternehmen heute die weltweite Nummer drei in der Branche. "Das war nur mit einer klaren Positionierung und einem klaren Fokus auf die Hochtechnologie-Segmente möglich", erklärt Moitzi. Das Erfolgsrezept lautet: Ausbau der Technologieführerschaft sowie langfristiges, profitables Wachstum. Will man Technologieführer bleiben, so muss man in der Lage sein, aktuelle Trends vorherzusehen und auch entsprechend zu reagieren. "Modularisierung und Miniaturisierung" sind die Trends der Stunde, weiß der COO - beide sollen im neuen Werk in Chongqing adressiert werden, da man sich dort künftig ganz auf neue Technologien (IC-Substrate und substrat-ähnliche Leiterplatten) konzentriert.
Rechtzeitig handeln
"Man kann Trends nicht ändern, man kann sich nur darauf vorbereiten", lautet das Motto bei AT&S. Grund genug also, 480 Millionen Euro in den Standort Congqing zu investieren. "Wearables" und "Internet of Everything"-Anwendungen stehen dort im Mittelpunkt der Produktion. Knapp 3000 Menschen finden dort auf 44.000 Quadratmetern Produktionsfläche Platz. Bis 2018 soll der weltweite Markt für Wearables auf zehn bis 60 Milliarden US-Dollar anwachsen.
"Als wir uns das Grundstück in Chongqing zum ersten Mal angesehen haben, war weit und breit nur Wildnis zu sehen", erinnert sich Vorstandsvorsitzender Andreas Gerstenmayer lachend. "Wenige Jahre später kamen wir wieder und unser Grundstück befand sich plötzlich in einer voll ausgebauten Industriezone."
Derzeit laufen im neuen Werk gerade die Verhandlungen über den Produktmix sowie verschiedene Ramp-Szenarien - mit einem Abschluss dieser Gespräche rechnet der Vorstand in den nächsten Monaten. 2016 soll dann schlussendlich die Produktion am Standort Chongqing I starten. Finanziert wurde die Errichtung des Werkes durch den aktuellen und künftigen Cashflow sowie durch bestehende Kreditzusagen.
Äh, Entschuldige... Leiterplatte?
AT&S ist also ganz vorne mit dabei in der Branche und tut vieles, damit dies auch so bleibt. Doch Halt! Leiterplatte? Was ist das eigentlich? Und vor allem: Was kann das genau? Fragen, die sich der Laie im Zuge der Lektüre wohl schon gestellt hat.
Vereinfacht gesagt: Eine Leiterplatte ist die Verbindungsplattform für elektrische, elektronische und mechanische Komponenten - also für Widerstände, Kondensatoren und vieles mehr. Ohne Leiterplatte funktionieren weder Smartphone noch TV, ja sie lassen sich noch nicht einmal zusammenbauen. Doch wie entsteht so etwas?
Ganz am Anfang steht die Aufbereitung der Kundendaten, es muss also erst einmal überprüft werden, welche Anforderungen das Bauteil erfüllen muss. Der Kern der Leiterplatte, eine in Epoxydharz getränkte Glasfasermatte und Kupferfolie, ist das Ausgangsmaterial, das je nach späterem Anwendungsgebiet noch bis zu 100 Produktionsschritte vor sich hat. Das Grundmaterial muss dann erst gereinigt und die Oberfläche mit photosensitiver Folie laminiert werden. Dann kommt ein Laserstrahl zum Einsatz - dieser belichtet jene Stellen, die nach dem Ätzen, dem nächsten Arbeitsschritt, erhalten bleiben sollen. Geätzt wird, um nicht benötigte Kupferfolie zu entfernen. Zur besseren Haftung wird die Oberfläche der Platte in Folge chemisch behandelt. Nächster Schritt sind dann "Lay-Up" und Verpressung von Kern, Prepeg und Kupferfolie bei 40 bar und 220 Grad Celsius. Nun geht's weiter mit Bohrungen: Zuerst die mechanischen, für die durchgehende Verbindung der einzelnen Kupferlagen. Dann bohrt ein Laserstrahl, um die Verbindung zwischen den verschiedenen Ebenen zu erzeugen. Ist das erledigt, werden die Bohrlöcher verkupfert, damit der Strom später, wenn alles verbaut und in Betrieb ist, auch ungehindert fließen kann. Fertig ist die Platte nun aber noch lange nicht. Erneut wird gereinigt, laminiert, belichtet, entwickelt und geätzt - immerhin besteht eine einzelne Platte aus bis zu 26 Lagen. Mit dem Auftragen der Lötstoppmaske geht's langsam in den Endspurt, diese braucht man, um Kurzschlüsse zu vermeiden und um eine Oxidation des Kupfers zu verhindern. Noch einmal wird belichtet, entwickelt, ausgehärtet, inaktive Flächen abgedeckt. Nun wird's edel: Mit Gold, Silber oder Nickel wird die Oberfläche beschichtet, um eine lötbare Schicht zu erhalten. Es werden noch Kanten geglättet, jedes Teil von Hand überprüft und vakuumverpackt.
Fertig!
Simon Pirouc






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