Freiheit, Rebellion und „Voglfonga“
Der Salzkammerguter Brauch des Vogelfangens ist weit mehr als nur das reine Eifern um das schönste Exemplar.
Der Vogelfänger bin ich ja, stets lustig heissa hopsasa...“, lauten die ersten Zeilen in Papagenos Arie aus Wolfgang Amadeus Mozarts „die Zauberflöte“; und dieses Musikstück von Welt-Bedeutung trägt jenen Geist in die Welt, der Vogelfänger im Salzkammergut seit Menschengedenken ihre Bräuche hegen lässt.
Mozart selbst, mütterlicherseits verwurzelt im Salzkammergut, wusste allerdings sicherlich auch darüber Bescheid, dass der Brauch des „Vogelfangens“ nicht nur Ausdruck von Lebensfreude und spielerischer Konkurrenz zwischen Dorfbewohnern, sondern ein Fanal gegen die Unterdrückung durch die Obrigkeit – sei es nun die weltliche oder die klerikale – war.
Eine Tradition der Freiheit
„Im Gegensatz zu angrenzenden Regionen genoss der Raum rund um das heutige Altaussee seit jeher viele Privilegien...“, erzählt Monika Gaishuber, autodidakte Volkskundlerin aus Altaussee. „Vor allem der Umstand, dass im Jahre 1147 der Orden der Zisterzienser vom römischen Kaiser dazu bestimmt wurde, den Salzabbau zu intensivieren, hat viel zum heutigen, oft als „seltsam“ abgetanenen Selbstverständnis der Ausseerlandler beigetragen...“, setzt Gaiswinkler fort.
Anders als andere „Landesherren“ durften die Zisterzienser nämlich keine Leibeigenen „halten“ – das Ausseerland bildete damit eine Enklave freier Menschen innerhalb einer Welt, die durch Frondienst und Hörigkeit gegenüber der Obrigkeit geprägt war; auch die Jagd, integraler Bestandteil mittelalterlicher Nahrungsbeschaffung, wurde von jedermann praktiziert.
Rituelle Aufmüpfigkeit
Als im Laufe der Jahrhunderte immer restriktivere Jagdverordnungen – teils aus herrschaftlicher Megalomanie, teils zum Schutz des für die Salzgewinnung essenziellen Waldbestandes der Region – in Kraft traten, begannen die einfachen Menschen ihrem Unmut darüber Ausdruck zu verleihen. So war das „Voglfonga“ im 18. Jahrhundert zwar nicht mehr notwendig um Familien zu ernähren; als Symbol für das Ausüben eines verlorenen Grundrechtes (der Jagd) , offen im Angesicht der Behörden, allerdings vereinte es die unbeugsame Mehrheit der Bevölkerung. Quasi als Vorstufe zur Wilderei begannen sich die „Voglfonga“ langsam zu organisieren – erste Kennzeichen auf den Trachten tauchten auf – ähnlich den „Schützen“ in Tirol verstand sich die „Bruderschaft“ der Vogelfänger langsam als Korpus der Freiheitsverfechter im gesamten Salzkammergut.
Vogelfang heute
Vor kurzem wurde die salzkammerguterische Tradition des Vogelfangens von der Unesco zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt.
Und obschon zahlreiche Tierschützer die grundsätzliche Grausamkeit des Fangens und Gefangenhaltens von Wildtieren öffentlich an den Pranger stellen, versichern eingefleischte Vogelfänger, dass die Tiere schonend in die Fallen gelockt und danach außerdem artgerecht gehalten würden.
Verzehrt werden die Tiere schließlich schon seit jahrhunderten nicht mehr.
Das „Voglfonga“ erfreut sich übrigens nach wie vor ungebrochenen Zustroms – hunderte „Papagenos und Papagenas“ finden sich regelmäßig auf Treffen, vor allem im Raum Bad Goisern, ein.
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