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"Blaue Übergänge"

Blaue Übergänge
Gedichte
von Friederike Amort und Knut Ismer
Wolfgang Hager Verlag, Stolzalpe
brosch., 76 Seiten.

Allein der Titel, „Blaue Übergänge“, und das Titelbild – eine romantische Seenlandschaft in Nebelblau, im blauen Boot zwei Menschen, die Einsamkeit vermitteln – von Yvonne Wojtalik sprechen mich an. „Lyrik pur“, denke ich, und werde nicht enttäuscht.

In zwei Kapiteln, „Durchs blaue Jahr“ und „Durchs blaue Leben“ (wobei beide mit je einem stimmungsvollen Aquarell der erwähnten Malerin eröffnet werden) vermitteln uns die beiden Autoren ihre Gedanken zur Farbe Blau, die ja gerade den Romantiker besonders anspricht – wir denken dabei an die „blaue Blume der Romantik“... Abwechselnd fordern sie sich auf, Stellung zu nehmen, Antwort zu geben, Gedanken weiter zu spinnen ... Im ersten Kapitel ist es meist Friederike Amort, die wie ein junger Cornet voran eilt mit schwingender blauer Fahne, um das Blau des jeweiligen Monats auszurufen und damit die reifen Gedanken und Antworten Knut Ismers herauszufordern , wie im Jännerblau (in Anlehnung an Rilke): „Ich schreibe / unermüdlich Verse / ich bin ein Türmer / in meinem wachsenden Bau / schreibe und schreibe / in mehrenden Altersringen / im eisigen Jännerblau“, auf das die Antwort folgt, in der es, um nur eine Strophe des längeren Gedichtes zu zitieren, heißt: „Die Türmerin sitzt fast verborgen / hochdroben in der Steine Bau;/ zum Mörtel nimmt sie Glück wie Sorgen / im Jahreslauf, im Jännerblau“ ...

Gespannt folgt man dem Gedankenaustausch über das Jahr hinweg und erfreut sich an den herrlichen Bildern beider Dichter, die phantasiereich, naturnah und beglückend in Worten gemalt werden. Oft habe ich beim Lesen gedacht: „Das könnte mein Lieblingsgedicht sein.“ Aber eine Entscheidung konnte ich nicht treffen, ich muß mit Knut Ismer singen (aus „Vor dem Herbst“): „Fänd’ ich die Töne in blau / ich sänge die Melodie in Dur und in Moll / wie es die Zeit gerade erforderlich machte...“

Aber dann finde ich es doch, mein Lieblingsgedicht, es ist der „Blaue Faden“ von Friederike Amort, das erste Gedicht des zweiten Kapitels, das mich nicht nur durch seine Kürze besticht: „Durch mein Leben / zieht sich ein / kostbarer blauer Traumfaden / er strickt mir / die Rüstung / zum Überleben ...“ Diese wenigen Zeilen sind aussagekräftig und goldrichtig, und ich denke, jeder Schreibende wird dankbar sein für diesen blauen Faden! Sofort antwortet auch Knut Ismer, und das kurze Gedicht ist ihm auch ein Sonett wert (er hat die Sonette dieses Buches der Kürze vieler Gedichte angepaßt und sie in vierfüßigen Jamben geschrieben): „Manche ziehen ihre Fäden / fern von Träumen, überheblich, / sehen später, wie vergeblich / sie gelästert und gelacht; / sie hat nicht mit Schutz umgeben / blauer Faden, Traum zum Leben.“ (Zitiert wurden von mir die letzen beiden Terzette aus betreffendem Sonett.)

Seien es die blauen Grotten, die blauen Stunden, die blauen Melodien; das Nachtblau, Muschelblau, Mondblau, Porzellanblau, das Vogelblau oder das Steinblau (hier, beim Gedicht „Die blauen Töne“ von Ismer verweile ich auch nur zu gerne („ich schließe die Augen / und suche nicht mehr“) – das Buch ist eine blaue Symphonie, die man zu gerne immer wieder hört ( bzw. liest). Das Buch kann und sollte auch zum treuen – blauen – Begleiter durch stille Stunden werden ; die Freude, mit der es offensichtlich geschrieben wurde, teilt sich dem Leser mit und bereitet auch ihm Freude und seelisches Vergnügen.

Mag. Prof. Ingrid Streicher - A-Waidhofen/Ybbs/Nö.

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