100 Jahre Niederösterreich
Pröll – "Politik ist kein Kellnerjob" (mit Video)
Landeshauptmann a. D. Erwin Pröll über schwierige Situationen, den Fortschritt und ... Schokolade.
NÖ. Vierzig Jahre war Erwin Pröll in der Politik tätig, ein Vierteljahrhundert davon stand er als Landeshauptmann an der Spitze. Es habe Höhen und Tiefen gegeben, "Gott sei Dank mehr Höhen", sagt Pröll, der betont, dass der entscheidende Punkt war, aus einem Gegen- und Nebeneinander ein Miteinander zu machen. "Häupl und ich haben uns persönlich gut verstanden." Die Abstimmung zwischen den beiden Landeshauptmännern war immer von Anerkennung und gegenseitiger Wertschätzung getragen. So habe man gewusst, wann welche Schritte gesetzt werden müssen, um entsprechende Kraft auf bundespolitischer Ebene entwickeln zu können, um Projekte umzusetzen.
Regieren trotz Corona
"Einfach war die Zeit nie. Und jemand, der sich für die Politik entscheidet und Diener sein darf, der muss wissen, dass dies kein Job ist wie ein Frühstückskellner." Pröll ist sehr dankbar, dass er die 40 Jahre gut überstanden hat, dass sich viel bewegt hat und er das Land weiterentwickeln konnte: "Nicht zuletzt aufgrund von Überlegungen und Zukunftsperspektiven, die ich mit vielen Mitarbeitern und Freunden und der Bevölkerung entwickelt habe. Politik ist nicht Moderieren, Politik ist Gestalten, das aktive Arbeiten, und auch das eine oder andere Mal einen Widerstand zu überwinden. Oder aber auch Herausforderungen wie die Pandemie zu überstehen."
Du bist der Klestil
Landauf, landab war Pröll unterwegs – so auch bei einer Kindergarteneröffnung im Bezirk Tulln, in jener Zeit als Thomas Klestil Bundespräsident war.
"Ich sitze in der ersten Reihe, die Kinder kamen mit blau-gelben und rot-weiß-roten Fahnen und auf einmal bricht einer aus der Reihe aus, läuft her zu mir, zeigt mit seiner Fahne auf mich und sagt: Du bist der Thomas Klestil, du hängst in unserem Kindergarten",
erzählt der ehemalige Landes-Chef. Man erlebe schon humorvolle Dinge, die Politik ist nicht nur ernst. "Jemand der lachen kann, ist einfach ein gestandener Mensch und jemand der Humor hat, kann viele Seiten des Lebens anders annehmen."
Geboren am 24. Dezember...
...1946. "Ich bin in einer äußerst schwierigen Zeit zur Welt gekommen. Wenn ich jetzt auf mit meinen Jahresringen so zurückdenke und an Leopold Figl, einer meiner Vorbilder, dann ist das von der Gewichtung her ganz anders." Man habe sich noch über Kleinigkeiten gefreut, die schönste Zeit für den kleinen Erwin vor Weihnachten war es, mit der Mutter gemeinsam Schokolade zu machen. Seine Aufgabe war es, die flüssige Masse in Formen zu gießen und eine Schlinge Zwirn hineinzulegen. "Die Formen wurden in den Schnee gelegt", erinnert er sich. Die Mutter schickte die Schokolade an das Christkind und die größte Freude war es, wenn die Schokolade am Heiligabend am Lichterbaum mit ganz normalen Kerzen und Sprühkerzen war.
"So einfach war die Welt. Der Überfluss tut nicht immer gut und ich bin draufgekommen, dass wir verlernt haben, die Augen für die kleinen Dinge des Lebens zu öffnen, die oftmals mehr Freude machen, als das, was wir als groß empfinden",
sagt Erwin Pröll.
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