Jugendarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel
130 Betriebe verabschiedeten sich von Lehrlingsausbildung

Viele Betriebe ziehen sich aus der Lehrlingsausbildung zurück. | Foto: Monkeybusiness Images/PantherMedia
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In Oberösterreich gab es im Jänner unter allen Bundesländern den stärksten Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit. Im Hintergrund brodelt der Fachkräftemangel. Gleichzeitig wollen immer weniger Betriebe Lehrlinge ausbilden. Die Arbeiterkammer OÖ fordert Maßnahmen.

OÖ. Im Jänner waren in Oberösterreich exakt 9.978 Jugendliche beim AMS vorgemerkt – ob arbeitslos, lehrstellensuchend oder in einer AMS-Schulung. Allein die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen stieg um 26,9 Prozent. Der Februar zeigt hier wieder einen Rückgang auf knapp unter 9.000 – „Das ist aber kein Grund zur Beruhing“, erklärt Dagmar Andree, Leiterin der Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik, denn der Februar stehe dahingehend im jahrzehntelangen Vergleich immer besser da. Den politisch Verantwortlichen und manchen Betrieben fehlen aus Sicht der AK OÖ die Bereitschaft, dieser Entwicklung aktiv entgegenzuwirken. „Nicht-Handeln und reale Kürzungen beim arbeitsmarktpolitischen Budget sind in Anbetracht der Auswirkungen völlig unverständlich“, sagt AK-Präsident Andreas Stangl und fordert ein wirksames Maßnahmenpaket.

Debatte um Senkung des AV-Beitrages

Auf Bundesebene stehen Leistungskürzungen und das Senken des Arbeitslosenversicherungsbeitrages zur Debatte, das Förderbudget des AMS bleibt nominell auf dem Niveau von 2023, was inflationsbedingt eine reale Kürzung der Mittel bedeutet. Und auch im Pakt für Arbeit und Qualifizierung, bei dem AMS, Sozialministeriumservice und Land Oberösterreich ihre Mittel koordinieren, gebe es kaum neue Angebote, kritisiert die AK OÖ.

Ausbildungsbereitschaft der Betriebe geht zurück

Die aktuelle wirtschaftliche Lage lässt den seit Jahren akuten Fachkräftemangel derzeit etwas in den Hintergrund treten: „Bei der ersten Auftragsflaute verzichten sie (Anm.: die Betriebe) auf Ausbildungsmaßnahmen“, heißt es von der AK OÖ. Allein im Vorjahr haben sich laut AK OÖ 130 oberösterreichische Betriebe aus der Lehrlingsausbildung zurückgezogen – vor allem kleinere und mittelgroße Unternehmen. Bei anhaltender Konjunkturflaute sei im Sommer mit weiteren Abgängen zu rechnen. 

Viele Betriebe ziehen sich aus der Lehrlingsausbildung zurück. | Foto: Monkeybusiness Images/PantherMedia
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AK OÖ fordert Maßnahmen

„Unser Ausbildungsfonds zeigt, wie viel Potenzial in Pilotprojekten steckt. Für die langfristige Unterstützung junger Menschen braucht es aber ein flächendeckendes Angebot und wirksame arbeitsmarktpolitische Maßnahmen“, so AK-Präsident Andreas Stangl. Er fordert daher, die Ausbildungspflicht bis 18 Jahre in eine „echte Ausbildungsgarantie“ umzuwandeln und das Angebot an überbetrieblichen Lehrausbildungsplätzen rasch aufzustocken. Zudem müsse die Kürzung der Ausbildungsbeihilfe in überbetrieblichen Lehrausbildungen zurückgenommen werden (Jugendliche im ersten und zweiten Lehrjahr erhalten nur 385,50 Euro). Die betriebliche Lehrstellenförderung solle effizienter gestaltet werden, um Mitnahmeeffekte zu minimieren, die Ausbildungsqualität zu verbessern und Fördermittel gerechter zu verteilen. Es sollten zudem Anreize geschaffen werden, die lernschwachen Jugendlichen eine Perspektive eröffnen.

Kostenlose Psychotherapie-Angebote

Für einen problemlosen Übergang von der Schule in die Arbeitswelt muss aus Sicht der AK das kostenlose psychotherapeutische Angebot ebenso erweitert werden wie jenes an Produktionsschulen und Jugendcoaching. Viele Jugendliche haben laut Dagmar Andree durch Corona „ein Binkerl mitbekommen“ und auch AMS OÖ-Chefin Iris Schmitd sprach bereits von „sozialen Fehlanpassungen“ als Problem in der Jobvermittlung. Aber auch die Betriebe seien aus ihrer Verantwortung nicht zu entlassen. Sie sollen aus Sicht der AK OÖ mehr junge Menschen zu Fachkräften ausbilden und auch Jugendlichen mit nicht so guten Noten eine Chance geben. „Am Ende geht es nicht um die Besten, sondern um jene, die auf der Strecke bleiben“, fordert Stangl einen humanistischen Zugang.

Ausbildungsfonds der AK OÖ

Die AK OÖ unterstützt zum Beispiel mit dem AK-Ausbildungsfonds Projekte, die langzeitarbeitslosen jungen Erwachsenen helfen, sich nachhaltig in die Erwerbsarbeit zu integrieren, die die Qualität und Nachhaltigkeit der Ausbildungen verbessern und verhindern, dass Bildungs- und Ausbildungskarrieren abgebrochen werden. In der aktuellen Ausschreibungsrunde können Betriebe Pilotprojekte im Ausbildungsfonds noch bis 28. April 2024 einreichen. Unter ausbildungsfonds.at sind alle weiteren Informationen zu finden.

Viele Betriebe ziehen sich aus der Lehrlingsausbildung zurück. | Foto: Monkeybusiness Images/PantherMedia
Arbeiterkammer OÖ-Präsident Andreas Stangl und Dagmar Andree, Leiterin der Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik. | Foto: AK OÖ/Wolfgang Spitzbart
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