"Der Staat hat genug Geld ..."

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BezirksRundschau: Die Industrie äußert schon seit Längerem Kritik an der Arbeit der Politik. Was sind die Forderungen seitens der Industriellenvereinigung, auf denen sie auch beharrt?
Axel Greiner:
Bundespolitisch ist das Patt, das sich die zwei Regierungsparteien selbst geschaffen haben, extrem lähmend. Die Themen, an denen die Bundesregierung derzeit arbeitet, bringen den Standort Österreich nicht weiter. Eine Ausnahme muss ich machen, nämlich die Breitbandinitiative. Das ist natürlich ein sehr, sehr wichtiger Baustein in der Standortpolitik. Eine der Säulen für den Produktionsstandort Oberösterreich ist Industrie 4.0 und da gehört die Vernetzung bei den Produktionsprozessen, aber auch bei den Produktionsstätten vorangetrieben. Der schnelle Zugang zu Daten ist extrem wichtig. Also, diese Initiative seitens der Regierung ist gut. Dass das alles schneller gehen könnte aus Sicht der Industrie, ist klar. Aber ich finde, das ist schon ein guter Schritt.

Und abseits der Breitbandinitiative?
Wir brauchen Reformen, Reformen, Reformen. Und wenn man diese umgesetzt hat, kann man über neue Steuern reden. Im politischen Tagesgeschäft geht es umgekehrt. Da redet man zuerst über Steuern, Steuern, Steuern und dann erst über Reformen. Die Anforderung an die Politik ist, dass er den Staat so führt, dass er genug Geld hat und zukunftsfähig ist, und das bedeutet, ständig an den Strukturen zu arbeiten. Eigentlich ist es eine traurige Erkenntnis, dass man Reformen braucht. Das ist wie bei einem Unternehmen. Wenn es Reformen braucht, hat man zuvor seine Hausaufgaben nicht gemacht. Man hat nicht rechtzeitig geschaut, was sich rundherum verändert. Vor der aktuellen Situation haben ja viele schon seit Jahren gewarnt, aber man ist sehenden Auges hineinmarschiert. Das Pensionssystem ist auf Dauer nicht finanzierbar, aber da wurde zu lange nichts getan.

Und welche Reform ist die dringlichste?
Die des Pensionssystems. Es gibt auch in der Bildungsverwaltung Einsparpotenzial oder auch im Förderwesen und im Gesundheitssystem. Aber auch Reformen in der Verwaltung. Das sind Felder, in denen relativ rasch Ergebnisse erzielt werden können.

Oftmals scheitern solche Reformen an der Klientelpolitik.
Ja. Aber wenn man sich andere Länder anschaut, die schon tiefer in der Krise gesteckt sind, Schweden oder Lettland beispielsweise, zeigt es, dass Reformen sehr wohl funktionieren können. Die haben es geschafft, in der Bevölkerung eine breite Basis auch für unangenehme Maßnahmen zu bekommen. Es ist ja den Schweden auch nicht gut gegangen im Zuge ihrer Reformen. In Lettland wurde den Staatsbedienstenten das Gehalt gekürzt. Und die Maßnahmen haben gefruchtet. Schweden ist heute ein Musterland, mit einem heute niedrigeren Schuldenstand als Österreich und einer geringeren Steuerquote. Es geht, wenn man mit der Bevölkerung ehrlich umgeht.

Fakt ist, die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auf. Helfen da Reformen?
Da widersprechen sich unterschiedlichste wissenschaftliche Disziplinen. Eine Aussage, die ich mir mitgenommen habe, ist: Der Reichtum wächst und der Mittelstand wird davon mitgenommen. Die Gaußkurve bei der Verteilung ist nicht mehr so eng. Es gibt immer mehr Mittelständler, denen es wesentlicher besser geht. Die letzten zehn Prozent bei der Armutsdebatte darf man natürlich nie vergessen. Aber es ist illusorisch, Armut beseitigen zu können. Es wird immer zehn Prozent geben, die weniger als die anderen besitzen werden. Das ist schon in der Definition des Begriffs Armut gegeben.

Was wieder zum Begriff der Verteilungsgerechtigkeit führt.
Österreich ist eines der reichsten Länder und hat eine hohe Steuerquote. Der Staat hat im Prinzip genügend Geld, er gibt es nur falsch aus. Die Gerechtigkeitsdiskussion ist ja sehr gut aufgezogen. Jeder Mensch sieht für sich was anderes als gerecht an, als der Nachbar. Frei nach dem Spruch: Das Gras ist immer grüner beim Nachbarn. Und auf den Zug springen die AK und die Gewerkschaft auf. Doch das geht am Thema vorbei. Reichtum erschließt sich ja nicht dadurch, dass jemand einem anderen was weggenommen hat, sondern weil er eine gute Idee hatte und schlichtweg produktiver ist. Unser jetziger Erfolg beruht ja auf Unternehmen und den Mitarbeitern, die über die Jahre gewachsen sind. Wir hatten ja keine Spekulanten. Die Vorstellung von der Ungerechtigkeit des Vermögens kommt noch aus dem Mittelalter. Bei der Landwirtschaft ergab ein Hektar Land einen gewissen Ertrag an Getreide. War es bei einem mehr, so hatte er es gestohlen, war die Meinung. Dabei geht es um Produktivität. Gerechtigkeit erhalten wir nur, wenn wir in die Bildung investieren.

Das hat ja die Politik mittlerweile erkannt.
Prinzipiell schon, aber sie denkt nur in Legislaturperioden. Bei Bildungspolitik muss man in Dekaden denken.

Was zeichnet den Standort Oberösterreich aus und wo muss man investieren, damit man im internationalen Wettbewerb nicht verliert?
Die Lage ist ausgezeichnet. Das trifft sonst auf wenige Regionen der Welt zu. Der Clustergedanke, der in Österreich schon früh vorhanden war, ist ein großer Vorteil. Das Ausbildungsniveau ist sehr hoch und mit der Sozialpartnerschaft hatten wir ein stabiles System des Miteinanders. Und das ist auch gleich die Antwort auf Ihre Frage. Nämlich: Schaffen wir wieder ein Klima des Miteinanders? In Deutschland war vor Jahrzehnten ein Gegeneinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu verzeichnen, das sich nun in ein Miteinander im Sinne eines gemeinsamen Standortdenkens gewandelt hat. Die Schere geht da zwischen Deutschland und Österreich auseinander.

Und bei der Forschung?
Da fehlt es. Da ist Oberösterreich vom Bund seit Jahren stiefmütterlich behandelt worden. Wir fordern auch den Ausbau der Fachhochschulen und der JKU.

Der Leichtbaulehrgang im Innviertel wurde vom Bund nicht genehmigt. Ist das symptomatisch?
Es ist schade. Dabei geht es darum, dort Stärkefelder zu bündeln, wo diese bereits vorhanden sind. Beim Leichtbau haben wir ja im Innviertel einige "Hidden Champions". Wenn man das nicht erkennt, ist das ein Versagen des Bundes. Weitere FH-Standorte sollten aber nicht das Ziel sein. Mit den drei derzeitigen im Zentralraum sollten wir das Auslangen finden.

Wünschen Sie sich da auch mehr Unterstützung seitens des Landeshauptmanns?
Ja. Das tun wir auch sehr laut und wir haben von ihm da auch die Zusage bereits erhalten. Stichwort Technikum Linz: Bei vielen Studiengängen ist ja die Industrie in Vorlage gegangen und man hat den Eindruck, die Bundesregierung verlässt sich darauf. Das ist auch keine Gerechtigkeit.

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