Löffler-Chef Otto Leodolter im Interview
"Wir stehen absolut zum Lieferkettengesetz"

Löffler-Geschäftsführer Otto Leodolter. | Foto: BRS/Siegl
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Otto Leodolter ist Geschäftsführer von Löffler. Das Unternehmen mit Sitz in Ried im Innkreis ist einer der führenden Hersteller von Sport- und Funktionsbekleidung und stattet den deutschen und österreichischen Skiverband aus. Warum Leodolter das EU-Lieferkettengesetz begrüßt, wie sich der Klimawandel auf das Geschäft auswirkt und was Nachhaltigkeit für Löffler bedeutet, lesen Sie im Interview.

Interview: Thomas Kramesberger 

BezirksRundSchau: Die Wirtschaftslage ist derzeit stark eingetrübt, speziell am Bau und in der Industrie. Ihr Schwesterunternehmen Fischer hat gerade angekündigt, dass 150 Mitarbeiter entlassen werden. Inwiefern schlägt sich die ausbleibende, konjunkturelle Entwicklung bei Löffler nieder?

Leodolter: Also wir haben seit Beginn der Corona-Krise sensationelle Wachstumsraten gehabt und sind wir jährlich um 5 bis 10 Prozent gewachsen. Es waren richtig gute Geschäftsjahre für Löffler. Was wir aber nun zur Kenntnis nehmen müssen, ist, dass die Bäume für Sportbranche generell nicht in den Himmel wachsen. Viele Partner haben große Lager aufgebaut und das spüren wir in den letzten Monaten. Also es gibt zu groß dimensionierte Lagerbestände und eine verständliche Kaufzurückhaltung. Denn einerseits haben sich die Konsumenten in der Corona-Zeit mit Sportbekleidung und Sportartikeln eingedeckt und andererseits hat viele Menschen zuletzt die Sorge um die nicht kontrollierbaren Energiekosten geplagt.  Alles zusammen jedenfalls ein toxisches Gemisch, das uns im Vorjahr ein Umsatzminus von mehr als 15 Prozent beschert hat. Wir sind jetzt beim Umsatz ungefähr wieder dort, wo wir vor Corona gestartet sind. 

Läuft der Sommer – Stichwort Bike – derzeit noch besser als das Wintergeschäft bei Löffler?
Derzeit läuft der Konsum generell zurückhaltend und das merken wir auch. Bei uns ist das Sommer- und Wintergeschäft ungefähr 50:50. Der heurige Winter war zu Beginn eigentlich recht positiv, im November und Dezember ist es wirklich gut gelaufen. Seit Jänner ist aber gefühlt schon wieder Frühling, also hat der Winter für uns eigentlich nicht stattgefunden. Denn der Langlauf, eines unserer Aushängeschilder, ist trotzdem ein regionaler Sport – da fahren die Konsumenten nicht hunderte Kilometer weit, wie etwa beim Skifahren. Und es gab heuer nicht den besten Langlaufwinter. Aber unsere Produkte kann man nicht nur zum Langlaufen im Winter anziehen – sondern auch zum Winterwandern oder zum Laufen im Winter. Zusammenfassend: Ja, es gibt derzeit Rückgänge im Winter, aber in unseren Kernmärkten Österreich, Deutschland und Schweiz ist der Wintermarkt derzeit trotzdem noch sehr stabil.

Foto: BRS/Siegl

Inwiefern merkt Löffler den Klimawandel oder generell die weniger schneereiche Winter?
Das muss man ein bisschen differenzierter betrachten. Wir sind uns natürlich dessen bewusst, dass der Wintersport peu à peu rückläufig sein wird. Aber wenn es darum geht, dass diese Auswirkungen schon bei den Fachhändlern merkbar sind: Dann ja, es gibt beim nordischen Wintersport ein Gefälle zwischen Ostösterreich und Bundesländern wie Tirol oder Salzburg. Und wenn man nach Deutschland schaut, dann ist die Situation weiter im Norden natürlich auch anders als in München. Aber man hat erst in der Vorwoche wieder die Zahlen gehört: Dem Wintertourismus geht es so gut wie nie. Wie sich die Situation langfristig entwickelt, bleibt abzuwarten – aber, dass sich der Wintersport unter einer gewissen Seehöhe in Zukunft immer seltener abspielen wird, dieser Realität müssen wir uns stellen.

Derzeit sind die Segmente Nordic und Bike bei Löffler etwa gleich groß, oder?
Ja, genau. Bike hat sich in den Corona-Jahren einfach extrem stark entwickelt – nicht zuletzt auch durch den E-Bike-Boom. Man sieht ja, wie viele Menschen derzeit mit E-Bikes unterwegs sind, die man vor fünf, sechs Jahren noch nicht auf einem Rad gesehen hätte. Das sind natürlich Pensionisten, aber auch aktive Sportler, die mit einem E-Bike unterwegs sind. Und so ein Boom hat natürlich auch Auswirkungen auf die Textilien, Stichwort Radhosen und Regenschutz. Das sind zeitverzögerte Investitionen, die jetzt daherkommen, von denen wir profitieren.

In den letzten Jahren hat man gesehen, dass manche Bekleidungsunternehmen, die in Asien produzieren ließen, wieder nach Europa zurückgekommen sind. Wieso ist Löffler eigentlich nie dem Asien-Trend erlegen?
Das war eine bewusste Entscheidung meiner Vorgänger und des Eigentümers. Für die Firma war es immer wichtig, in der Region zu bleiben und vor Ort zu produzieren. Also ein klares Zeichen für den Standort in Ried. Aber man sieht natürlich derzeit, dass wegen Inflation, Energiepreisen und Lohnsteigerungen in Europa, jene Unternehmen, die in Asien produzieren, Vorteile haben. Aber wir arbeiten mit vielen Fachhändlern zusammen, die an unser europäisches Konzept glauben und uns mitgeben, dass es für sie wichtig ist, dass wir in Europa produzieren. Und solange wir die Produktpreise so darstellen können, dass es auch wirtschaftlich funktioniert, werden wir von diesem Weg nicht abweichen.

Also ist Made in Europa ein Wert, den der Kunde bereit ist zu bezahlen?
Definitiv. Der Kunde ist bereit 10, 15 oder 20 Euro mehr zu zahlen. Aber wenn sich die Situation so weiter entwickelt und wir plötzlich 50 Euro teurer sein müssten, um unsere Standorte in Ried und Bulgarien zu rechtfertigen, dann wird es schwierig. Deshalb muss man aufpassen – und das ist auch ein Appell an die Regierungen, dass man die Kostenstruktur der österreichischen Produktionsunternehmen immer im Fokus haben muss.

Diese Kritik hört man von vielen Unternehmern. Wie lange geht das dann noch in Österreich bzw. wie lange ist es für Löffler noch wirtschaftlich darstellbar in Ried zu produzieren?
Es geht mit einem vernünftigen Produktionsmix. Wir produzieren 70 Prozent der Stoffe selber in Ried und schneiden alle unsere Artikel selbst zu. Konkret werden in unserer Produktion 10 bis 15 Millionen Teile pro Jahr zugeschnitten. Aber wir nähen nur mehr einen kleinen Teil in Ried. Aber nicht aus Kostengründen, sondern weil wir das Personal nicht mehr kriegen. Die letzten Jahre waren geprägt durch Personalmangel – und wir konkurrieren in Österreich ja mit zahlreichen anderen Branchen um Arbeitskräfte. Deshalb ist der Transfer von gewissen Arbeitsschritten in andere Länder logisch. Wobei man dazu sagen muss: Auch in Bulgarien, Ungarn oder in Tschechien gibt es einen Personalmangel – der jetzt durch die wirtschaftliche Entwicklung nur ein bisschen zugedeckt wird.

Aber steuern wir da in Zukunft auf ein Problem zu, wenn man Energiepreise, Inflation und Co. nicht in den Griff kriegt?
Solche Diskussionen tun einer Textilbranche früher weh als etwa der Industrie, weil dort andere Möglichkeiten da sind, höhere Löhne zu zahlen. Auf der anderen Seite haben wir gesehen, dass die Metallindustrie für alle eine Riesenvorgabe mit den Lohnverhandlungen gemacht hat. Später liest man dann aber in der Zeitung, dass sich hunderte Metallbetriebe diese Lohnsteigerungen gar nicht mehr leisten können. Ähnliches gab es bei den Pensionisten – auch ein Plus von 10 Prozent. Also da muss man nicht jede politische Entscheidung verstehen.

Die EU hat jetzt ein Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht. Wie stehen Sie dazu?
Wir stehen absolut zum Lieferkettengesetz. Es ist zwar noch nicht jedes Detail bekannt, aber für uns als Löffler ist das Lieferkettengesetz eine Sensation, wenn das so durchgezogen wird. Wir arbeiten schon seit mehreren Jahren an einer transparenten Lieferkette und haben einen Code of Conduct mit allen unseren Lieferanten. Wir besuchen auch unsere europäischen Lohnpartner und unser Tochterunternehmen in Bulgarien regelmäßig und reden mit ihnen über Löhne und soziale Standards. Natürlich tut sich Löffler als kleiner Betrieb in der Branche schwer, die Lieferketten und Zustände bei unseren Stofflieferanten auszuleuchten und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Aber es ist der richtige Weg und gibt dem Konsumenten eine gewisse Sicherheit.

Foto: BRS/Siegl

Löffler versteht sich als regionales und nachhaltiges Unternehmen. Was heißt das konkret?
Das ist ein wesentliches, zentrales Thema, das uns auch von den Mitbewerbern unterscheidet. Wir haben vor sechs Jahren sehr stark über nachhaltige Produkte, regionale Produktion und Umweltstandards nachgedacht und daraus ist dann unser Nachhaltigkeitsbericht entstanden. Der Konsument sucht einfach gezielt nach zertifizierten Labels und nachhaltigen Produkten. Nachhaltigkeit ist jedenfalls ein Thema, das in Zukunft richtungsweisend sein wird und das den regionalen Standort fundamental bestätigt.

Was kann man sich unter nachhaltiger Produktion konkret vorstellen? Das wird nicht nur die klassische PV-Anlage am Dach sein?
Das ist der eine Aspekt – darüber hinaus gibt es dann noch soziale Aspekte, gerechte Löhne und die Frage, wie man zukünftig Sportbekleidung, wieder in den Kreislauf zurückbringen kann. Wir bemühen uns etwa, Monomaterialien zu verarbeiten, die man dann am Ende des Lebenszyklus auch wieder recyceln kann. Wir versuchen auch, einen Second-Life-Prozess einzuführen und müssen uns damit beschäftigen, dass wir unsere Produkte in fünf, zehn Jahren wieder zurücknehmen, dass wir sie zerlegen und sie dem Recyclingprozess wieder zuführen oder eben ein Second Life einhauchen, indem wir sie reparieren.

Arbeitet man sich bei den Reparaturen nicht ein wenig gegen das Geschäft?
Da geht es derzeit um 1.200 bis 1.300 Teile pro Jahr, also es ist überschaubar. Aber ich würde mich auf freuen, wenn wir 10.000 retour bekommen. Aber grundsätzlich stehen wir zu diesem Konzept, denn ein neues Seitenteil einer Radhose kostet nur einen Bruchteil einer neuen Hose. Ich finde, das ist ein super Ansatz, den wir schon seit Jahren propagieren und der durch die stärkere Online-Affinität unserer Kunden immer stärker wahrgenommen wird.

Aber ein kompletter Kreislauf in der Bekleidungsindustrie ist eine Illusion?
Sag niemals nie, denn wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass wir Polypropylen-Unterwäsche recyceln können? Die Textilbranche ist eine sehr alte Branche und muss sich nun auf den Weg machen, Textilien nicht nur zu produzieren, sondern die Verantwortung dafür zu übernehmen. Man muss einfach das Bewusstsein stärken, dass wir eine Verantwortung für unsere Welt und für künftige Generationen haben. Das ist unser Job.

Foto: BRS/Siegl
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