Vera Groiss im Interview
"Als Frau hat man sicher keine Vorschuss-Lorbeeren"

Seit 2019 ist Vera Groiss die Bezirksvorsitzende von Frau in der Wirtschaft.  | Foto:  Alexander Kaiser/Lichtlinien
  • Seit 2019 ist Vera Groiss die Bezirksvorsitzende von Frau in der Wirtschaft.
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Im Gespräch mit der BezirksRundSchau sprach Vera Groiss, Bezirksvorsitzende von Frau in der Wirtschaft, über ihren Werdegang, Herausforderungen bei Betriebsübernahmen und darüber, womit Unternehmerinnen zu kämpfen haben. 

AIGEN-SCHLÄGL. Eigentlich stammt Vera Groiss aus einer Musikerfamilie, erzählt sie gegenüber der BezirksRundSchau Aufgewachsen in Linz besuchte sie ein Musikgymnasium, sang und spielte Geige. "Irgendwann hatte ich dann aber das Bedürfnis, etwas Eigenes zu haben. Architektur, Kunst und Design haben mich immer schon interessiert und zu einem gewissen Grad wollte ich mich auch von Zuhause emanzipieren." Deswegen ging Groiss nach Wien und begann ein Architektur-Studium. Dort lernte sie auch ihren zukünftigen Ehemann, David Groiss, kennen. Und obwohl sie zu diesem Zeitpunkt beruflich bereits viel Erfahrung gesammelt, sich ganz auf Städtebau und Stadtentwicklung im osteuropäischen Raum spezialisiert und mit ihrer besten Freundin selbstständig gemacht hatte, kam dann alles anders. 

"Wenn wir das nicht probieren, wissen wir nicht, ob es für uns passt" 

Denn die Eltern von David führten zu diesem Zeitpunkt bereits in dritter Generation das Familien-Tischlereiunternehmen in Aigen-Schlägl. Und obwohl beide ihren Lebensmittelpunkt in Wien hatten, stellte sich irgendwann die Frage, wie es mit der Firma weitergehen soll. Parallel dazu kamen Themen wie Heiraten und Familienplanung auf. Am Ende entschieden sie, ihren Lebensmittelpunkt Stück für Stück nach Aigen-Schlägl zu verlegen, in dem sie vor Ort immer mehr Aufgaben übernahmen. Seit 2019 führen die beiden nun das Unternehmen im Bezirk Rohrbach. Auf dem Weg dorthin setzte das Paar vor allem auf professionelle Hilfe bei der Übernahme: "Wir haben uns von außen Leute geholt, die den Prozess begleitet haben, damit wir auch wirklich einen guten Start hier haben. Das hat auch wirklich ganz gut funktioniert." Sie fügt an: "Wir haben uns für diesen Weg entschieden, erstens, weil da sehr viel Herzblut dran hängt, natürlich von elterliche Seite. Sie wollten auch wissen, dass ihr Lebenswerk in guten Händen ist. Ich sagte, wenn wir das nicht probieren, wissen wir nicht, ob es für uns passt." 

"Es ist okay sich Hilfe zu holen"

Ebenfalls im Jahr 2019 übernahm Vera Groiss die Position der Bezirksvorsitzenden bei Frau in der Wirtschaft. "Es war so, dass meine Schwiegermutter das zehn Jahre lang gemacht hat und dann ist man auch auf mich aufmerksam geworden." Für Groiss ist es dabei wichtig, nicht nur Unternehmerinnen, sondern allgemein Frauen zu unterstützen. Was sie jenen mitgeben möchte, die sich selbstständig machen wollen? "Erstens einmal, dass es okay ist, sich Hilfe zu holen. Und dass man sich auch in solchen Fällen ans uns – an die Wirtschaftskammer und insbesondere Frau in der Wirtschaft – wenden kann. Wir haben für diese Belange gerne ein offenes Ohr. Man muss nicht alles alleine schaffen. Ich glaube, dass es enorm wichtig ist, dass man das kommuniziert." 

Dass die Selbstständigkeit kein einfacher Weg ist, weiß auch die heutige Aigen-Schläglerin. Sich selbst und ihrem Partner sei diese aber nicht schwer gemacht geworden. "Erstens einmal bin ich total dankbar für alles, was wir mitbekommen haben: Einen gesunden, schönen Betrieb. Aber auch, dass wir schon selber sehr viel gestalten durften. Das ist total wichtig für die Übernehmer, dass sie sich entfalten und verwirklichen dürfen. Bei den Übergaben empfehle ich generell, dass das professionell moderiert wird. Das ist meine Herzensempfehlung."

Familie und Beruf unter einen Hut bringen

Auf die Frage, mit welchen Herausforderungen speziell weibliche Unternehmerinnen kämpfen würde, betont sie, dass die Akzeptanz der Mitarbeiter oft ein Thema ist. "Als Frau hat man sicher keine Vorschuss-Lorbeeren, du musst dich schon einmal behaupten." Zentrale Themen seien natürlich auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weiß die Mutter einer vierjährigen Tochter. Gerade die Karenz sei immer noch ein kompliziertes Unterfangen bei Unternehmerinnen. Nicht nur Vertretungsprobleme sondern auch das fehlende Entgelt seien zentrale Punkte.

Bildung und Wirtschaft zusammenführen

Was der Jung-Chefin und FidW-Bezirksvorsitzenden noch wichtig ist: das Zusammenführen von Wirtschaft und Bildung. "Wenn Wirtschaft und Schule ein bisschen mehr kooperieren und auch begleitende Konzepte entstehen würde, fände ich das extrem wichtig. Ich finde, Bildung sollte auch einen Stellenwert haben." Deswegen legt Groiss auch ihren Lehrlingen, derzeit drei Mädchen und zwei Burschen, stets ans Herz, zusätzlich zur Lehre auch die Matura zu absolvieren - wenn auch mit mäßigem Erfolg. Sie betont: "Bildung ist ein Asset, dass kann dir keiner nehmen. Und ich möchte es jedem ermöglichen, dass er sich lebenslang weiterentwickeln kann."

Um gerade Mittelschüler an mögliche Berufsfelder, so auch Mädchen in Technikberufen, heranzuführen, fährt Groiss heuer wieder im Rahmen der Jobweek mit insgesamt 72 Schülern zu sechs verschiedenen Unternehmen im Bezirk. 

Zur Sache

Neben der Aktion im Rahmen der Jobweek am 22. März, stehen bei Frau in der Wirtschaft im Bezirk Rohrbach noch weitere zentrale Termine am. So findet am 13. April ein Business-Insight bei der Tischlerei Thaller in Hofkirchen statt, während am 11. Mai die innerstädtischen Unternehmerinnen in Rohrbach-Berg im Fokus stehen.

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