Psychologie / Psychosomatik
Psychosomatische Störungen und Schmerzen

Was ist Psychosomatik?

Psychosomatische Störungen sind alle Organschädigungen oder Störungen körperlicher Funktionsabläufe, die so stark durch psychosoziale oder psychologische Faktoren bedingt werden, dass organmedizinische Ursachen alleine nicht ausreichen, um diese Störungen zu erklären. Deshalb zählen psychosomatische Störungen auch zu den psychischen Erkrankungen, da es keine hinreichend somatischen Erklärungen gibt.

Körper und Psyche sind keine Einbahnstraßen, sondern beide beeinflussen sich gegenseitig und zeigen Rückkoppelungsprozesse. Starke, intensive Schmerzen etwa lassen uns auch psychisch leiden, umgekehrt beeinträchtigen Depressionen, Ängste, langanhaltender Stress oder psychische Belastungen unseren Körper. Chronische psychische Probleme oder Belastungen können körperliche Erkrankungen bedingen oder verschlechtern.

Erdung und Zentrierung - eine Übung, um sich mit dem Körper zu verbinden

Die Psychosomatik belegt, dass wir etwa starke körperliche Schmerzen fühlen können, auch dann, wenn diese keine physiologischen Ursachen haben. Uns wird dann oft gesagt, dass dieser Schmerz nur Einbildung sei, was extrem kränkend und darüber hinaus falsch ist, weil wir ja den Schmerz tatsächlich fühlen. Dabei können diese somatoformen Störungen extrem belastend und schmerzhaft sein. Werden sie von Ärzt*innen nicht ernst genommen oder verharmlost, so können sie die Hilflosigkeit und Ohnmacht der Patient*innen noch verstärken und sie zusätzlich ängstigen, beschämen, aber auch wütend machen.

Psychosomatische Störungen müssen allerdings chronisch, also langandauernd sein und die Lebensqualität massiv negativ beeinträchtigen, um als solche diagnostiziert zu werden. Hierzu zählt ganz besonders der somatoforme Formenkreis.

In der Psychosomatik geht es auch darum, somatoforme Beschwerden in innere Konflikte zu übersetzen. Dabei stellt sich die Frage, welche individuellen und sozialen Konflikte durch die Symptome ausgedrückt werden.

Die Wiederkehr des Verdrängten in der Psychosomatik

Verleugnung, aufgestaute Gefühle (etwa zurückgehaltene Wut und Aggression) und verdrängte Bedürfnisse, die nicht ausgelebt werden, saugen enorm viel Kraft und Lebensenergie und führen zu psychischen oder somatoformen Beschwerden, Symptomen und Erkrankungen. Je mehr ich mich selbst in meiner Einzigartigkeit, mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen verdrängen muss, desto weniger Kraft habe ich, um ein erfülltes, sinnvolles, aktives und kreativ gestaltetes Leben zu führen.

Alles was wir uns nicht zu fühlen wagen, kehrt über Symptome, Beschwerden und Erkrankungen wieder.

Jedes Leben ist zyklisch und endlich, auch das menschliche. Wir werden und vergehen, wir sind gerne aktiv, brauchen aber auch Pausen, wir haben Lust und Lebensfreude, aber auch Unlust und Frust. Freude, Liebe, aber auch Not und Leiden sind gesunde Erfahrungen unserer Biographie. Psychisch und sozial gefährlich wird es dann, wenn wir diesen Zyklus unterbrechen und Ambivalenzen unterdrücken, verdrängen, abspalten, wenn also nur noch ein Pol (etwa Freude, Manie und Lust) einseitig gelebt werden darf und alles andere verdrängt werden muss. Wir müssen dann permanent funktionieren und dabei auch immer ein Lachen aufsetzen und werden zu unechten Possenspieler*innen.

Grundsätzlich stellt es einen genialen Selbstschutz unserer Psyche dar, wenn diese unangenehme Gefühle, Wunden und Traumen abspalten und völlig verdrängen kann. Die innere Not und das Leiden werden dabei lange Zeit nicht bewusst. Allerdings verschwindet dieses verdrängte Leid nicht oder wird ungeschehen gemacht, sondern es kommt in Form von Symptomen, körperlichen und psychischen Beschwerden, über Verhaltensstörungen und Erkrankungenwieder zu uns zurück. Das Verdrängen und Abspalten kostet uns nämlich enorm viel an Kraft und Lebensenergie.

Einer der wichtigsten Heilungsschritte in der Psychosomatik ist es, wenn wir denn seelischen und psychischen Schmerz, das Leid, unsere Wunden, Begrenzungen, Verletzungen und die innere Not zu fühlen lernen.

Schmerzmeditation: Pendeln zwischen Schmerz und Wohlgefühl

Es gibt unterschiedliche Bereiche psychosomatischer Erkrankungen:

  • Sichtbare organische oder fassbare funktionelle Veränderungen mit Symptomcharakter. Bei der Entstehung dieser Krankheitsformen, aber auch bei deren Behandlung spielen die psychischen Prozesse eines Menschen eine entscheidende Rolle. Hierunter fallen akute und chronifizierte Magen-/Darmgeschwüre und -entzündungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn), Hautekzeme (Dermatitis), rheumatoide Arthritis, essenzieller Bluthochdruck, Asthma bronchiale und Essstörungen.
  • Körperliche Beschwerdebilder ohne nachweisbaren krankhaften Organbefund (vegetative Reaktionen, funktionelle Störungen, somatoforme Störungen). Hier finden sich Herz(angst)neurosen, hypochondrische Störungen, das Hyperventilationssyndrom, das Reizdarmsyndrom, der Cluster- und Spannungskopfschmerz, das Fibromyalgie-Syndrom sowie sexuelle Funktionsstörungen.
  • Psychische Reaktionsbildungen auf körperliche Leiden und traumatische Lebenserfahrungen. Hierzu zählen Angst- und Panikstörungen, depressive Störungen nach kritischen Lebensereignissen, Gewalt- oder Verlusterfahrungen, nach Unfällen, Operationen oder bei chronischen Krankheitszuständen (Angst und Depression nach Krebserkrankungen), akute Belastungsreaktionen.

Film: "Was ist das biopsychosoziale Modell?"


Aus der Ohnmacht in die Selbstwirksamkeit

Der psychosomatische Ansatz unterstützt Menschen, aus der Hilflosigkeit in die Selbstwirksamkeit zu gelangen und Hilfe zur Selbsthilfe zu lernen. Die Betroffenen sind Spezialist*innen ihren eigenen Körper und Organismus betreffend und sollten in der Psychotherapie und Beratung immer aktiv prüfen, ob die Interventionen und Methoden für sie stimmen und richtig sind. Sie sollen herausfinden, wie viel an Arztbesuchen, Arztwechsel, Behandlungsversuchen, Krankenhausaufenthalten, Internetrecherchen und Kontrollen ihnen überhaupt guttun, was hilfreich ist und was nicht.

Caring statt Curing

Dabei ist eine Heilung der Beschwerden und Symptome nicht immer möglich, weshalb wir auch von Caring statt Curing sprechen können. Es geht um eine gute Selbstfürsorge und zärtliches Mitgefühl mit sich selbst, gerade weil die psychosomatischen Symptome und Schmerzen so quälend sind. Linderung ist zwar weniger als Heilung, aber sie ist zugleich auch viel und kann die Lebensqualität deutlich heben. Auch das Bedauern des Verlorenen und das Trauern um den Verlust der Gesundheit können wichtig sein, damit die Symptome und Beschwerden in das eigene Leben und die Biographie integriert werden können und nicht mit Härte abgewehrt werden müssen.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)

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