Podcast – Gewalt gegen Frauen
"Menschen, die ich am meisten liebe, schlage ich"
Das ist der Bezirksblätter-Podcast zum Thema "Gewalt gegen Frauen". Der diesmalige Gesprächspartner heißt Martin Auer. Er arbeitet mit Männern, die Gewalt ausüben, an deren Verhalten.
SALZBURG. Bis zu 250 Männer, die in ihrer Familie gewalttätig werden, berät die Beratungsstelle „Männerwelten“ jährlich. Die meisten Männer kommen freiwillig, denn eine Verpflichtung für Gewalttäter eine Beratungsstelle aufzusuchen, gibt es derzeit noch nicht. Da in Salzburg alleine rund 500 Betretungsverbote jährlich ausgesprochen werden, besucht nur ein Bruchteil dieser Männer eine Beratung. Die Dunkelziffer an Gewalttaten in der Familie liegt noch um vieles höher.
"Gewalttäter sehen genauso aus wie ich"
Martin Auer ist Berater bei „Männerwelten“ und arbeitet mit Männern, die Gewalt ausüben, an deren Verhalten. Den typischen Gewalttäter gibt es nicht: "Männer, die in ihren Beziehungen gewalttätig werden, sehen genauso aus wie ich. Es könnte jeder sein", sagt Auer. "Es kann ein zwölfjähriger Junge sein, ein Schulabbrecher, ein Akademiker oder ein 60-jähriger Pensionist. Jeder Mann ist gefährdet, Gewalt auszuüben."
Von der Streitkultur hängt vieles ab
Auch wenn Gewalt keine Frage der Herkunft, des Aussehens oder der Bildung sein, ein paar Parameter für Gewaltbereitschaft kann Martin Auer dennoch benennen: "Studien sagen, dass 60 Prozent jener Jungen, die vom Vater Gewalt erfahren haben, selbst wieder Gewalt ausüben. 40 Prozent tun das aber nicht. Vieles hängt von der erlernten Streitkultur ab und davon, ob der Mann genug Standing und Energie aufbringt, auf seine Grenzen zu achten."
Was triggert einen Gewalttäter?
In den Beratungsgesprächen versucht Martin Auer mit dem Betroffenen herauszufinden, was ihn triggert. "Wir versuchen die Situation vor der Gewaltausübung, die sonst sehr schnell abläuft, zu verlangsamen und zu analysieren, was passiert. Wir spielen die Tat durch, um herauszufinden, ab wann es für den Mann nur noch den 'Ausweg' zuschlagen gibt. Dann wissen wir, wie weit er es nicht mehr kommen lassen darf", sagt Auer. Bevor es beim nächsten Streit so weit kommt, kann der Mann eine Notfallstrategie anwenden.
Konflikt steigert sich durch Nähe – räumliche wie soziale
Eine dieser Strategien ist die "Auszeit". "Der Mann geht weg, aus der Wohnung raus und entzieht sich der Situation. Er darf in dieser Zeit nicht Autofahren und keinen Alkohol trinken. Es geht darum, abzukühlen", sagt Auer. Dieses Vorgehen müsse mit der Partnerin abgesprochen sein. "Denn die Partnerin darf nicht denken, dass er der Situation davonläuft. Er geht weg, um Verantwortung zu übernehmen", erklärt Auer. "Denn Konflikt steigert sich durch Nähe – räumliche wie soziale Nähe. Ein Klient hat mir mal gesagt: 'Es ist eigenartig, ich streite mich auch in der Firma oder mit Freunden mal, da schlage ich nie zu. Aber den Menschen, den ich am meisten Liebe, schlage ich." Häufig würden Männer, die im Beruf und im Freundeskreis gut kommunizieren, bei Beziehungsfragen hilflos und sprachlos sein.
Die Verantwortung trägt der Gewaltausüber
Das bedeute aber keinesfalls, dass die Frau ihr Verhalten ändern, oder die Verantwortung für das Handeln ihres Mannes übernehmen müsse: "Wenn Ihre Beziehung gefährlich ist, können Sie das nicht selber steuern. Die Verantwortung dafür liegt beim Gewaltausüber", sagt Auer.
"Kompetent ist jemand, der weiß, wo er sich Unterstützung holen kann – wenn es um das Auto, um den eigenen Körper aber auch um emotionale Probleme geht."
Martin Auer, Berater bei Männerwelten
Hör dir auch diese Podcast-Folgen an:
- Christina Riezler, Gewaltschutzzentrum Salzburg
- Gabriele Rechberger, Organisation Viele, zuständig für die Schutzwohnungen in Salzburg.
In den weiteren Folgen hörst du:
- Brigitte Hutegger, pädagogische Leiterin im SOS-Kinderdorf in Seekirchen
- Landesrätin Andrea Klambauer, ressortzuständige Landespolitikerin
- Agnes Menapace, Frauennotruf Salzburg
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