Podcast – Gewalt gegen Frauen
"Vergewaltigungen sind keine sexuellen Akte sondern Gewalttaten"

Diesmalige Gesprächspartnerin ist Agnes Menapace, Leiterin des Frauennotruf Salzburg.
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Das ist der Bezirksblätter-Podcast zum Thema "Gewalt gegen Frauen". Diesmalige Gesprächspartnerin ist Agnes Menapace, Leiterin des Frauennotruf Salzburg.

SALZBURG. Aus gegebenem Anlass lade ich, Julia Hettegger, Chefredakteurin Bezirksblätter Salzburg, Ansprechpartner aus Salzburg zum Thema "Gewalt gegen Frauen" zum Podcast ein. Diesmalige Gesprächspartnerin ist Agnes Menapace, Leiterin des Frauennotruf Salzburg. Der Frauennotruf ist eine Beratungs- und Opferhilfeeinrichtung für Frauen und Mädchen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Ihnen werden konkrete Hilfestellungen geboten. Zu diesen Hilfestellungen gehören ein umfassendes Beratungsangebot für Betroffene, Beratung für Angehörige, psychosoziale und juristische Begleitung im Strafverfahren sowie Präventionsarbeit.

Agnes Menapace, Leiterin des Frauennotruf Salzburg
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Was ist sexualisierte Gewalt?

Unter dem Begriff sexualisierte Gewalt werden unter anderem folgende strafrechtlich relevante und nicht-relevante Taten zusammengefasst:
nicht strafrechtlich relevant:

  • frauenfeindliche sexualisierte Äußerungen 
  • Slut-Shaming- oder Body-Shaming 
  • das Versenden von Dick-Pics

strafrechtlich relevant:

  • Vergewaltigung – es muss sich dabei nicht um unüberwindliche Gewalt handeln. 
  • sexueller Missbrauch – gibt es bei Kindern und Jugendlichen oder wehrlosen Personen (unter Drogen- oder starkem Alkoholeinfluss; bei beeinträchtigten oder alten Menschen)
  • sexuelle Belästigung (Berührungen im Genitalbereich, am Gesäß oder der Brust) 
  • sexuelle Handlungen im Netz (Bsp.: Revanche Porn)

Agnes Menapace, Leiterin des Frauennotruf Salzburg mit BB-Chefredakteurin Julia Hettegger.
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Zahlen zur Betroffenheit

Eine Studie der Bundesministerium aus dem Jahr 2011* gibt an:

  • drei Viertel aller Frauen haben sexuelle Belästigung im strafrechtlichen Sinn erlebt (74,2 Prozent)
  • nahezu jede dritte Frau (29,5 Prozent) hat sexuelle Gewalt erfahren
  • fast alle Betroffenen haben sehr schwere sexuelle Gewalt (19,1 Prozent), oder schwere sexuelle Gewalt (9,7 Prozent) erlebt.

* 2011 veröffentlichte „Österreichische Prävalenzstudie zur Gewalt an Frauen und Männern“ des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF), unterstützt vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend; Die Studie berücksichtigt die Dunkelziffer.

"Die Zahlen sind zwar älter, es gibt aber keine neuer Studie. Wir bemerken bei uns einen Anstieg an Beratungen seit vergangenem Herbst. Womit das zusammenhängt, kann ich nicht sagen", sagt Agnes Menapace.

"Das Thema ist unterfüttert mit Mythen" 

Ihr ist es besonders wichtig, mit Mythen rund um das Thema Vergewaltigung und sexualisierte Gewalt aufzuräumen: "Das Thema ist ein Tabu und stark unterfüttert mit Mythen, daher wird das Thema oft nicht so ernst genommen, wie es sollte", sagt die Expertin. Folgende Mythen begegnen Menapace in ihrer täglichen Arbeit regelmäßig:

  1. Sexualisierte Gewalt passiert nur jungen, schönen Frauen, die aufreizend gekleidet sind. "Das stimmt nicht", sagt Menapace. "Es gibt Übergriffe auf verschiedenste Personen, verschiedensten Alters in unterschiedlichsten Situationen und damit in vielfältigster Kleidung."
  2. Vergewaltigungen passieren nachts, beispielsweise beim Heimweg von einer Party durch einen Unbekannten. "Das stimmt nicht, die erwähnte Studie zeigt, dass 73 Prozent der Opfer den Täter kennen und, dass sie in unterschiedlichen Situationen angegriffen werden – zum Beispiel auch vom Essenzusteller in der eigenen Wohnung, oder vom Taxifahrer", sagt Menapace.  
  3. Frauen können sich wehren – verbal und/oder körperlich. "Auch das stimmt nicht. Häufig führt ein Übergriff zu einem Schockzustand, in der Gegenwehr kaum möglich ist", so die Expertin.
  4. Vergewaltiger sind abnormal und sexuell gestörte Triebtäter. "In Wahrheit sind 90 Prozent der Täter psychopathologisch unauffällig", weiß Menapace. 
  5. Frauen empfinden Lust bei einem männlich dominanten Übergriff. "Vergewaltigungen sind keine sexuellen Akte sondern Gewalttaten. Gewalt wirkt nicht luststeigernd für Frauen, sonder ist eine existenzielle Bedrohung", stellt Menapace klar.
  6. Frauen tragen eine Mitschuld an der Tat (Kleidung, Alkohol, Provokation). "Das ist Blödsinn. Eine Willensmissachtung liegt immer in alleiniger Verantwortung des Täters", so die Expertin.
  7. Anzeigen wegen Vergewaltigung basieren häufig auf Lügen. "Die erwähnte Studie sagt, dass fünf Prozent Falschbeschuldigungen sind. Insgesamt werden nur neun Prozent von Vergewaltigungen überhaupt zur Anzeige gebracht. Es handelt sich also hier um einen verschwindend geringen Anteil", sagt Menapace. Sie sagt außerdem: "Nur weil ein Verfahren vor Gericht eingestellt wurde, heißt das nicht, dass die Vorwürfe nicht wahr sind. Es bedeutet beispielsweise, dass zu wenig Beweismittel vorhanden sind, für eine Verurteilung. Da viele Betroffene erst später eine Anzeige machen, sind häufig keine Beweismittel mehr da." 
Agnes Menapace, Leiterin des Frauennotruf Salzburg mit BB-Chefredakteurin Julia Hettegger.
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Begleitung im Strafverfahren 

Grundsätzlich könne die Expertin sogar verstehen, dass Betroffene nicht gerne Anzeige erstatten. "Ein Prozess ist eine enorme psychische Belastung für Betroffene, weil sie immer wieder mit der Tata konfrontiert werden. Daher leisten wir psychosoziale und juristische Begleitung im Strafverfahren."

Hör dir auch diese Podcast-Folgen an:

In den weiteren Folgen hörst du:

  • Martin Kaltenegger, Landeskriminalamt Salzburg

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