Kein touristischer Erfolg ohne Reisefreiheit

Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG und Petra Nocker-Schwarzenbacher Bundesspatenobfrau Tourismus.
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  • Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG und Petra Nocker-Schwarzenbacher Bundesspatenobfrau Tourismus.
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Die Konferenz Europäischer Regionen und Städte macht in Salzburg Europa als Friedensprojekt zum Thema.

SALZBURG. Heute findet der letzte Tag der 15. Konferenz Europäischer Regionen und Städte in Salzburg statt. Drei Tage lang diskutierten Experten aus ganz Europa zum Thema „Europa und Frieden“ und in der Frage: „Europa und Frieden, wird das auch in Zukunft noch gelten?“

30 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs

Unbestritten sei, dass die Europäische Union ein Friedensprojekt sei, das seit rund 70 Jahren Frieden in Europa sichert. Äußerer Anlass sind mehrere Gedenktage:

  • Vor 100 Jahren wurden die umstrittenen Pariser Friedensverträge unterzeichnet, die Europa völlig neu gestalteten.
  • Vor 80 Jahren begann der furchtbare Zweite Weltkrieg und zehn Jahre später,
  • 1949, wurde der Europarat gegründet.
  • Vor 30 Jahren fand durch den Fall des „Eisernen Vorhangs“ und der Berliner Mauer der Aufbruch in ein neues Europa statt.
  • Vor 20 Jahren wurde in elf europäischen Ländern der Euro eingeführt und
  • vor 10 Jahren trat der wichtige Vertrag von Lissabon in Kraft.

"Nun ist in den letzten Jahren die Europäische Union mit zahlreichen inneren Herausforderungen konfrontiert. Populismus an linken und rechten Rändern und Nationalismus nehmen zu. Beides sind Erscheinungen, die einer friedlichen Entwicklung unseres Kontinents diametral entgegenwirken und gegen die der europäische Integrationsprozess wirken sollte“, heißt es von den Veranstaltern, dem Institut der Regionen Europas (IRE).

Tourismus in Europa

Heute, am Dienstag, Diskutieren die Experten zum Thema Ostöffnung – 30 Jahre Fall des Eisernen
Vorhangs – Tourismus in Europa. Mehr als vierzig Jahre lang bildete der Eiserne Vorhang eine fast undurchlässige Barriere zwischen den sozialistischen Ostblockstaaten und dem demokratischen Westen. 2019 jährt sich der Fall des Eisernen Vorhangs zum 30. Mal. Die dadurch neu geschaffene Möglichkeit des freien Überschreitens der Staatsgrenzen war eine äußerst wichtige Tatsache.

"Erfolgreicher Tourismus nur durch Reisefreiheit möglich"

„Bewegungsfreiheit hilft nicht nur bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, sondern auch bei der touristischen Entwicklung aller europäischen Länder, vor allem aber der Randregionen der verschiedenen Staaten in Mittel- und Osteuropa“, sagt Josef Schöchl, Mitglied des IRE-Vorstands und Vorsitzender des Europaausschusses des Salzburger Landtags bei seiner Begrüßung. „Die Möglichkeit zu Reisen gilt als Inbegriff der Freiheit, was durch den Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 deutlich zum Ausdruck kam. Die Erfolgsgeschichte des Tourismus ist sehr wesentlich mit der wachsenden Reisefreiheit verbunden“, sagt Josef Schöchl, Mitglied des IRE-Vorstands und Vorsitzender des Europaausschusses des Salzburger Landtags.

 Josef Schöchl, Mitglied des IRE-Vorstands und Vorsitzender des Europaausschusses des Salzburger Landtags bei seiner Begrüßung.
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Impulsreferat: Peter Janech, Programme Officer, Abteilung für Europa, Welttourismusorganisation (UNWTO), Spanien: "Der Fall des Eisernen Vorhangs hat begonnen mit dem Wunsch nach Tourismus. Tourismus hatte politische Wirksamkeit."
Moderation: Claus Reitan, Journalist, Österreich

Am Podium:

  • Dragos Anastasiu, Generaldirektor, Eurolines Group, Rumänien
  • Jan Herget, Direktor, CzechTourism, Tschechische Republik
  • Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG, Österreich
  • Ivan Jakovčić, langjähriger Präsident der Region Istrien, ehemaliger Europaminister, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, Kroatien
  • Karl-Heinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich,
  • Gabriele Lackner-Strauss, Euregio Bayerischer Wald – Böhmerwald, Regionalmanagement Mühlviertel, Österreich
  • Gregor Matjan, Bereichsleitung Digital Innovation, Strategy & Research, SalzburgerLand Tourismus GmbH, Österreich
  • Petra Nocker-Schwarzenbacher Bundesspatenobfrau Tourismus Österreich
Am Podium

90 Prozent mehr Tourismus in Istrien

Ivan Jakovčić, langjähriger Präsident der Region Istrien, ehemaliger Europaminister, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, Kroatien: "Mein Land hat profitiert von der Reisefreiheit. Wir haben heute 106 Millionen Übernachtungen und 28 Millionen Gäste. In Istrien haben wir gesehen: Die Gäste kommen und wollen etwas Besseres. Wir haben 90 Prozent mehr Tourismus in den letzten 20 Jahren. Die Gäste haben unsere Destination von einer Zwei- auf Vier-Stern-Kategorien entwickelt."

"Ohne Tourismus wäre es nicht möglich in Kroatien zu leben", Ivan Jakovčić.

Am Podium

"Nicht reisen zu dürfen, war für uns eine schwere Last"

Dragos Anastasiu, Generaldirektor, Eurolines Group, Rumänien: "Meine Eltern haben gesagt: 'Hätten wir die Möglichkeit gehabt, zu reisen, hätten wir die Revolution nicht gebraucht.' Ich habe Rumänien das erste Mal mit 18 Jahren verlassen. Nicht reisen zu dürfen, war für uns eine schwere Last. Meine Tochter hatte mit 18 Jahren schon die halbe Welt gesehen und hatte schon eine ganz andere Vision von der Welt. Für uns war nicht einmal der Ostbock zugänglich. Heute kann ich mir das gar nicht mehr vorstellen. Davor hatten wir auch keine Reisekultur. Das Image von Rumänien im Ausland ist kein sehr gutes, daher kommen nicht viele Urlauber zu uns. Die Realität ist aber viel besser, als unser Image. 99 Prozent unserer Gäste sind hoch zufrieden. Wir übertreffen die Erwartungen, weil diese nicht hoch sind. Wir haben nicht so profitiert wie Kroatien, weil wir das Land nicht so gezeigt haben, wie es ist. Wir haben touristisch nicht die richtigen Entscheidungen getroffen. Aber Rumänien ist ein wunderbares Land."

"Ich habe Rumänien das erste Mal mit 18 Jahren verlassen. Meine Tochter hatte mit 18 Jahren schon die halbe Welt gesehen und hatte schon eine ganz andere Vision von der Welt", sagt Dragos Anastasiu, Generaldirektor, Eurolines Group, Rumänien.

Overtourism: "Prag steht auf einer Stufe mit Barcelona"

Jan Herget, Direktor, CzechTourism, Tschechische Republik: "Die Reisekultur Tschechiens ist eine Alte. Wir lieben das Reisen. Im Weltkrieg hat sich viel verändert. In den 90er Jahren kamen tausende Tschechen nach Italien und Frankreich – vor allem über Busreisen. Prag ist heute als Reiseziel auf einer Ebene mit Barcelona und Venedig – Stichwort Overtourism." 

Petra Nocker-Schwarzenbacher Bundesspatenobfrau Tourismus Österreich: "Tourismus ist das Herzstück der österreichischen Wirtschaft." 
im Bild mit Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG.
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"Tourismus ist das Herzstück der österreichischen Wirtschaft"

Petra Nocker-Schwarzenbacher Bundesspatenobfrau Tourismus Österreich: "1989 gab es bedeutungsvolle Ereignisse für Österreichs Tourismus – z.B. der Fall des Eisernen Vorhangs. Die Öffnung war eine Bereicherung für Deutschland und Österreich. Tourismus ist das Herzstück der österreichischen Wirtschaft und war schon immer wichtig für uns. Auch Overtourism ist bei uns ein Thema. Wir haben 18.000 Besucher tagsüber z.B. in Hallstatt – ohne Nächtigungen. Aber es gibt auch Flecke, die noch mehr Tourismus vertragen würden."

"Die Öffnung des Ostens hat uns nicht nur Gäste gebracht, sondern auch Freiheit. Wir konnten mit den Gästen auch Fachkräfte bei uns lukrieren", Petra Nocker-Schwarzenbacher Bundesspatenobfrau Tourismus Österreich.

"Der entschleunigte Tourismus ist unsere Stärke"

Gabriele Lackner-Strauss, Euregio Bayerischer Wald: "Viele haben die Grenze, den Eisernen Vorhang noch im Kopf. Es braucht auch eine Öffnung der Herzen. Entlang des ehemaligen 'Vorhangs' hat sich eine unglaubliche Flora und Fauna gebildet mit vielen Radwegen. Wir haben kein Meer, aber wir haben uns angesehen, was zu uns passt. Und so haben wir spirituelle Wanderwege gemacht. Der entschleunigte Tourismus ist unsere Stärke."

Großglockner Hochalpenstraßen: An der Schnittstelle zwischen Ökonomie und Ökologie

Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG: "Natur, Technik und Verkehr zu verbinden, ist unsere große Aufgabe. Wir sind mit dem Klimawandel konfrontiert. Wir haben touristische Infrastruktur im Nationalpark – in Schutzgebieten. Wir haben uns hier besonders zu verhalten. Wir sehen den Tourismus als regionalen Motor. Wir müssen uns hier bestmöglich verhalten. Wir brauchen Entschleunigung, wir brauchen Qualitätstourismus. Bis in die 80er Jahre hatten wir personenbezogenen Tarif, heute haben wir fahrzeugbezogenen Tarif. Wir wollen damit mehr Menschen in den Fahrzeugen und weniger Fahrzeuge am Großglockner. Wir haben E-Tankstellen und waren die ersten, die E-Fahrzeugtarife eingeführt haben. Wir setzen auf klima- und umweltverträgliche Kunstbauten – alles, um dieser Verantwortung gerecht zu werden."

"Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind 1,3 Millionen Besucher im Sommerhalbjahr gekommen, um den Großglockner 'zu bezwingen'. Das war ein Wahnsinn. Auch nach Schengen sind alle aufgebrochen, um den Großglockner zu sehen", sagt Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG.

Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG und Petra Nocker-Schwarzenbacher Bundesspatenobfrau Tourismus.
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"Europa wird ein Museumskontinent werden"

Ivan Jakovčić, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, Kroatien: "Es gibt keine Kommunikation über Tourismus im Europäischen Parlament. Tourismus ist eine Subkategorie im Transitbereich. Wir haben keine Möglichkeit uns zu diesem Thema auszutauschen und von Erfahrungen anderer zu lernen. Wir müssen darüber aber institutionell in Brüssel sprechen, weil dort die politischen Entscheidungen stattfinden. Futuristen sagen, Europa wird ein Museumskontinent werden.

"Tourismus erfährt in der österreichischen Politik eine hohe Wertschätzung"

Petra Nocker-Schwarzenbacher: Es erschreckt mich fasst, dass es auf der europäischen Ebene keine Tourismus-Kommunikation gibt. Bei uns in Österreich ist das anders. 500 Menschen haben an einem Masterplan für den Tourismus in Österreich gearbeitet, um Österreich auch als lebenswerten Standort zu wahren. Tourismus erfährt in der österreichischen Politik eine hohe Wertschätzung."

"Reisen ist nicht klimaneutral möglich"

"Der Tourismus in unserem Umfeld ist uns sehr wichtig. Auch der Plan der Bundesregierung zahlt in Österreich hier ein. Das ist wichtig, weil Reisen nicht klimaneutral möglich ist und Selbstverantwortung im Tourismus nötig ist", sagt Johannes Hörl, Generaldirektor der Großglockner Hochalpenstraßen AG.

Ihre Vision für Tourismus in Europa in "einem" Wort:

Hörl: "Drang nach Freiheit führt zu weiterem Tourismus. Wegen des Klimawandels müssen wir auf den regionalen Tourismus setzen."
Nocker-Schwarzenbacher: "Tourismus ist eine Erfolgsgeschichte. Wir brauchen keine zusätzlichen Grenzkontrollen."
Anastasiu: "Tourismus ist lächeln."
Lackner-Strauss: "Mit einem Wort: Subsidiarität. Brüssel kann nicht vorgeben, welche Spezialitäten wir haben."
Jakovčić: "Wir brauchen eine nette Unterkunft, wir brauchen Kultur und Gastronomie und wir brauchen Leberkäse in Salzburg und nicht Spaghetti. Wir brauchen lokale Werte. Wir brauchen keine Cola sondern den Grünen Veltliner."

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