Kirchenaustritte steigen
Am Glauben im Salzkammergut festhalten

Die Kirche hat auch im Salzkammergut mit Austritten zu kämpfen. | Foto: Peopleimages/PantherMedia (Symbolfoto)
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  • Die Kirche hat auch im Salzkammergut mit Austritten zu kämpfen.
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Corona, nur punktuelle Berührungspunkte, Beiträge – die Entfremdungstendenzen sind vielfältig. Jährlich verlieren die katholische und die evangelische Kirche mehr Gläubige, als neu hinzukommen.

BEZIRK GMUNDEN. Die Kirchenstatistik 2022 ist da: 61.547 Katholiken waren im vergangenen Jahr im Bezirk Gmunden gemeldet. 1.062 Personen sind aus-, hingegen nur 39 Personen wieder oder neu eingetreten. "Vor" Corona, beispielsweise im Jahr 2018 waren es nur 678 Austritte, im ersten Corona-Jahr 2020 traten 684 Personen aus der katholischen Kirche aus.
Wir haben nachgefragt, wie sich dieser Negativ-Trend erklären lässt.

Bischof Manfred Scheuer.  | Foto: Diözese Linz/Hermann Wakolbinger
  • Bischof Manfred Scheuer.
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„Die Gründe für einen Kirchenaustritt sind recht vielschichtig und betreffen sowohl gesellschaftliche als auch kirchliche Problemstellungen", erklärt Bischof Manfred Scheuer. Im letzten Jahr waren wohl auch die massiven Teuerungen bei den Lebenshaltungskosten ein letzter Anlass dazu, die Gemeinschaft der Kirche offiziell zu verlassen. Der Bischof weiß: "Jeder Kirchenaustritt ist mit einer Geschichte verbunden, die ursprünglich einmal mit der Taufe begonnen hat. In den unterschiedlichen Lebensentwürfen gibt es dann eine unterschiedliche Intensität des Glaubens bzw. des Kirchenbezugs. Im Hintergrund einer Entscheidung für die Erklärung des Kirchenaustritts stehen mitunter Ärger, Entfremdung und Kränkungen, mitunter aber auch Enttäuschung über kirchliche Entwicklungen oder Gleichgültigkeit."

Nur punktuelle Berühurngspunkte mit der Kirche

Viele hätten oft nur wenige, eher punktuelle Berührungspunkte mit der Kirche, etwa bei volkskirchlichen Festen oder den familiären Feiern von Taufe, Erstkommunion, Firmung, Trauung oder Begräbnis. Wenn diese Begegnungen als positiv wahrgenommen werden, kann dies den Bezug zur Kirche und ihren Gemeinschaften stärken. Bei anderen ist die Distanz so groß, dass sie die Gemeinschaft ohne persönlichen Kontakt verlassen.“
Die Coronakrise, die damit verbundenen Lockdowns, Einschränkungen und Diskussionen hätten die genannte Distanz oder Entfremdungstendenzen bei etlichen Menschen wohl noch verstärkt.

Barbara Eckerstorfer, Pressereferentin der Diözese Linz. | Foto: Diözese Linz/Peter Mayr
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Kirchenbeitrag als weiterer Beweggrund!?

"75 Prozent der Gesamteinnahmen der Diözese Linz kommen aus dem Kirchenbeitrag. Er sichert nicht nur die religiöse und soziale Infrastruktur in unserem Land, diese Gelder tragen auch wesentlich zum Erhalt unserer Glaubensorte und Kulturdenkmäler bei", so Barbara Eckerstorfer, Pressereferentin der Diözese Linz. In allen Leistungen und Angeboten der Kirche in Oberösterreich „steckt“ der Kirchenbeitrag drin. Der größte Teil fließt in das flächendeckende Netz der Pfarren mit der Seelsorge vor Ort, mit Pfarrbibliotheken, Bildungs- und Veranstaltungsangeboten uvm. "Aber auch die Hilfsangebote der Katholischen Aktion und die Telefonseelsorge, die Beratungsstellen von beziehungleben.at, der Einsatz für arbeitssuchende oder obdachlose Menschen, die Seelsorge in Krankenhäusern und Seniorenheimen, in Betrieben, Jugendzentren, Gefängnissen etc. wird nur durch den Kirchenbeitrag möglich." Eines steht für Eckerstorfer fest: "Die Höhe des Kirchenbeitrags ist nicht der ausschlaggebende Hauptaustrittsgrund aus der Kirche. Für die Einhebung des Kirchenbeitrags gelten zwei Grundsätze: Er soll gerecht sein und angemessen. "Gerecht heißt: wer mehr verdient, gibt mehr. Angemessen heißt: angepasst an die Lebenssituation, in der sich die Beitragenden befinden. Auf Belastungen wird natürlich Rücksicht genommen und in solchen Fällen der Beitrag reduziert", erklärt die Pressereferentin. Dies sei aber nur möglich, wenn Kontakt mit den Beratungsstellen aufgenommen wird.

Superintendent der Evangelischen Diözese OÖ Gerold Lehner | Foto: Evangelische Kirche OÖ
  • Superintendent der Evangelischen Diözese OÖ Gerold Lehner
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Entwicklung bei Evangelischen Kirche beinahe parallel

Auch die Evangelische Kirche ist von Austritten nicht verschont. In Oberösterreich betrug die Zahl der Austritte 815, das sind minus 1,82 Prozent. Das heißt, die Entwicklung zur katholischen Kirche verläuft inzwischen weitgehend parallel. Ein "Herunterbrechen" der Zahlen auf den Bezirk Gmunden ist nicht möglich, da die Pfarrgemeinden in der Regel mehrere Bezirke umfassen, die Grenzen daher auch nicht mit den Bezirksgrenzen ident sind. Generell treten in den Städten mehr menschen aus, als in ländlichen Gebieten. In der Bezirkshauptstadt gab es bei 2.480 Mitgliedern 45 Austritte. Der Superintendent der Evangelischen Kirche Oberösterreich, Gerold Lehner, versucht, die Austritte zu erklären: "Eine Erosion der inneren Verbundenheit führt zu hoher Austrittsbereitschaft, die dann nur einen Anlass braucht. Dieser ist meist der Kirchenbeitrag. In manchen Gemeinden ist klar ersichtlich, dass der Streit um Corona Spuren hinterlassen hat. Hier haben Menschen der Kirche den Rücken gekehrt wegen der Unterstützung der Pandemie-Maßnahmen".

Gesellschaftliche Verschiebung

Der eigentliche Grund für die seit langem wahrnehmbare Tendenz aus der Kirche auszutreten, liege jedoch in einer gesellschaftlichen Verschiebung. "Die traditionelle Gesellschaftsordnung, in der man einfach zur Kirche gehörte, ist immer noch in Auflösung begriffen. Es ist zu einer Verschiebung gekommen, in der die Menschen nur mehr dann zur Kirche gehören, wenn sie das auch wirklich wollen. Es kommt also insgesamt zu einer Verschiebung. Auch vorher hat es in der Kirche viele gegeben, die innerlich distanziert waren. Aber sie sind, aus welchen Gründen auch immer –gesellschaftlicher Druck?–, in der Kirche geblieben. Heute treten solche Menschen aus", so der Superintendent weiter.
Grundsätzlich gilt für ihn, dass die Fixierung auf die Zahlen nicht von der eigentlichen Aufgabe der Kirchen ablenken darf: "Wir glauben an Gott, der die Welt geschaffen und uns anvertraut hat. In dieser Verantwortung versuchen wir zu leben. Wir glauben an den Gott, der sich aufgemacht hat uns Menschen das Vertrauen auf die bedingungslose Liebe zu lehren und Lieben zu lernen. Diesen Glauben zu leben ist unsere Aufgabe und unsere Herausforderung. Zahlen spielen demgegenüber eine sehr untergeordnete Rolle."

Austritt: Ein Zeichen, das ernst genommen werden muss

"Wer seinen Austritt aus der Kirche erklärt, setzt damit ein Zeichen, das von der Kirche respektiert und sehr ernst genommen werden muss." Wer sich von der Kirche trennt, schließt sich von jenen Rechten aus, für die eine volle Kirchenmitgliedschaft Voraussetzung ist:

  • Empfang der Sakramente (Taufe, Eucharistie, Buße, Firmung, Ehe, Weihe, Krankensalbung)
  • Übernahme des Patenamtes (Taufpate/-patin / Firmpate/-patin)
  • Aktives und passives Wahlrecht bei Pfarrgemeinderatswahlen
  • Übernahme eines Dienstes in Liturgie oder Verkündigung der Kirche
  • Uneingeschränktes Recht auf ein kirchliches Begräbnis

"Gleichzeitig sind aus der Kirche ausgetretene Menschen weiterhin eingeladen, die volle Gemeinschaft mit der Kirche zu suchen. Eine Wiederaufnahme in die Kirche ist jederzeit bei einem Pfarramt möglich", so Eckerstorfer.

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