Weltkulturerbe als Prädikat und Auftrag
Im Gespräch mit Exbürgermeister Peter Ellmer zum Thema Weltkulturerbe

Peter Ellmer, Ex-Bürgermeister von Bad Goisern. | Foto: Peter Ellmer
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Peter Ellmer war zwölf Jahre lang Bürgermeister von Bad Goisern. In seiner beruflichen Position konnte er von 1. Jänner 2008 bis 31. Dezember 2019 viele unterschiedlichen Erfahrungen zum Thema Weltkulturerbe sammeln.

BAD GOISERN. Dabei sah das ehemalige Gemeindeoberhaupt unter anderem das Thema der Nachhaltigkeit als seine Aufgabe.

Im Duden werden mit dem Begriff Weltkulturerbe ‚Stätten von außergewöhnlichem Wert‘ bezeichnet, was macht für dich das Salzkammergut so außergewöhnlich?
Grundsätzlich sagt der Begriff ‚Weltnaturerbe‘ schon aus, dass unsere Landschaft mitsamt all ihren Eigenheiten und Facetten einzigartig, schützens- und erhaltenswert ist. Weltkulturerbe bedeutet nicht nur ein Prädikat verliehen zu bekommen, sondern auch einen Auftrag, nämlich deine Heimat zu schützen und dein Erbe im Sinne der Zukunft weiter zu gestalten und zu entwickeln. Das Außergewöhnliche ist die Landschaft, die Natur, die Menschen und deren Einzigartigkeit, die sich im Laufe der Jahrhunderte bei uns entwickelt hat, was wiederum fast ausschließlich auf das Salzvorkommen zurückzuführen ist. Diese Prägung wird uns auch in Zukunft noch begleiten, vor allem in der großen Gemeinschaft der EU und der Umgang damit will gelernt sein.

Welche Erfahrungen hast du in deiner beruflichen Position mit dem Begriff Weltkulturerbe gemacht?
Beruflich habe ich ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Zuallererst ist Weltkulturerbe eine Auszeichnung und als Bürgermeister wurde mir erst richtig bewusst, wie wertvoll diese ist, vorausgesetzt man nimmt auch den damit verbundenen Auftrag der Erhaltung, also der Hege und Pflege und der Weiterentwicklung ernst. Das war mir, auch im Zuge der Zusammenarbeit mit den anderen Gemeinden, besonders wichtig. Ebenso ein gewisses Bewusstsein zu schaffen für die einzigartige Landschaft und die Natur, insbesondere in der Bevölkerung.

Welche Chancen hat man darin erkannt und umgesetzt?

Wie gesagt geht mit dem Titel des Weltkulturerbes auch ein gewisser Auftrag einher, dazu gehört der Schutz des Brauchtums, der Gepflogenheiten und der Tradition. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Vogelfang, den man mit der Bezeichnung des Weltkulturerbes erst tatsächlich auch schützen konnte. Auch der Plättenbau ist hierfür ein Aushängeschild. Nehmen wir nur mal die Hallstätter Plätten, die eine ganz eigene und spezielle Form aufweisen. Diese Originale und ihre Bauweise sind in jedem Fall zu schützen und anderen Menschen zugänglich zu machen. Der Erhalt solcher Traditionen hat eine breite Unterstützung durch das Weltkulturerbe erfahren. Man kann also behaupten, Weltkulturerbe bindet Legitimation für viele Dinge, die ansonsten heute nicht mehr möglich wären.

Im Nachhinein ist man oftmals klüger, denkst du daher, dass es auch Chancen gab, die man verpasst hat und die man in Zukunft vielleicht noch aufgreifen kann?
Die Sichtbarmachung des Weltkulturerbes ist uns gelungen, was natürlich besonders auf touristischer Ebene spürbar wurde, da wir in unserer Region direkt und indirekt mit dem Tourismus verbunden sind. Das Ziel für die Zukunft muss also darin bestehen, den jetzigen aber auch den zukünftigen Tourismus mit dem Weltkulturerbe abzustimmen und in Einklang zu bringen.

Könnte der Deckmantel des Weltkulturerbes auch Segen und Fluch bedeuten, insbesondere wenn man zum Beispiel an die Situation in Hallstatt denkt als Denkmalschutz plötzlich zum Thema wurde?
Segen und Fluch liegen nahe beieinander, unser jetziger Auftrag ist die Nutzbarmachung des Segens und die Kontrolle des Fluchs. Wir müssen unser Erbe gestalten und weiterentwickeln und dabei gibt es natürlich auch Schattenseiten. Die Zukunft ist allerdings der Tourismus, auch wenn es in manchen Teilen der Bevölkerung vielleicht nicht so wahrgenommen wird. Wir sind in unserer Region unglaublich eng verstrickt mit Tourismus und dieser benötigt die entsprechende Infrastruktur. Das beginnt beim Straßenbau und endet bei den Skigebieten, welche wiederum aber nicht nur der Tourismus nutzt, denn diese Infrastruktur kommt auch der Bevölkerung zugute. Das wichtige Stichwort ist dabei aber Qualität vor Quantität, besonders im Hinblick auf die Skigebiete, was bedeutet dass Landschaft geschützt und gleichzeitig Tourismus gefördert werden muss.

Du gibst ein wichtiges Stichwort, denn das Thema Tourismus ist mit wirtschaftlichem Erfolg verbunden, allerdings wird häufig kritisiert, dass nur die Unternehmer profitieren und die eigentliche Bevölkerung die Leidtragenden sind, wie siehst du das?
Das halte ich für einen Irrglauben. Der typische Salzkammergutler ist eher Bergmann, nicht Wirtschaftsmann. Selbst wenn man nicht direkt in diesen Prozess eingebunden ist, indirekt profitieren auch andere Zweige davon. Goiserer und Salzkammergutler hatten in diesen Thema immer ein gutes Auskommen mit dem Thema des Weltkulturerbes. Das beste Beispiel ist der Nebenerwerbslandwirt, welcher auch in unserer Region tief verwurzelt ist und für viele, eben durch Grund und Boden im Salzkammergut, ein gutes Auskommen bedeutet hat. Durch den Kreislauf Bergbau, Eigenversorgung usw. hat dies gut funktioniert. Diese Prägung hängt uns nach, daher sind wir nicht die üblichen Vertreter der Dienstleistungsberufe. Direkt oder indirekt profitieren allerdings wieder alle Bereiche vom Tourismus.

Wie siehst du die Zukunft des inneren Salzkammergutes? Welche Hoffnungen und Befürchtungen hast du?

Ich habe die Hoffnung, dass sich der Tourismus gut entwickelt und das in diesen Zügen die Infrastruktur so ausgebaut wird, dass Menschen ihre Zeit hier verbringen möchten. Meine Befürchtungen kommen eher daher, dass wir immer weiter zum Tagestourismus verkommen. Durch Hotellerie und Steigerung der Bettenanzahl kann man diesem Prozess entgegenwirken. Tagestourismus ist gefährlich, weil die Wertschöpfung nicht mehr gegeben ist. Beispielsweise in Hallstatt konnte man gut durch Hotellerie gegensteuern. Die Verweildauer kann gesteigert und das Problem des Tagestourismus bekämpft werden. Weiters muss sich unsere Qualität auch in den jeweiligen Produkten widerspiegeln, die wir anbieten. Tourismus bringt Menschen, die konsumieren und unsere Region erleben wollen, indem sie etwas kaufen, und hier muss sich eben unsere Qualität auszeichnen.

Um den Bogen etwas weiter zu spannen: wie stehst du dem umstrittenen Projekt der Kulturhauptstadt 2024 gegenüber?

Ich stehe dem ganzen sehr positiv gegenüber, allerdings bin ich nicht mehr direkt involviert und somit nicht auf dem aktuellen Stand. Das Projekt Kulturhauptstadt 2024 ist für das Salzkammergut eine unbeschreiblich große Chance, sich nach außen als Weltkulturerbe und als Region zu präsentieren, mit den ganzen beschriebenen Attributen und mit denjenigen Menschen, die sie zu etwas besonderem machen. Europa soll wissen, welche Juwelen es gibt und das wird durch dieses Projekt möglich gemacht. Wichtig ist jetzt, dem ganzen auch den nötigen Schwung zu geben.

Abschließend noch: was bedeutet der Begriff des Weltkulturerbes für dich persönlich?

Für mich persönlich bedeutet der Begriff des Weltkulturerbes in erster Linie Stolz, nämlich stolz in dieser Landschaft leben zu dürfen. Aber auch eine große Chance für die Zukunft, sofern man es auch durchdacht angeht. Aber auch da sehe ich derzeit sehr viel Positives.

Vielen Dank für das interessante Gespräch und deine Zeit.

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Foto: Diözese Linz/Kienberger
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