Die Wegwarte - Märchen und Geschichten aus dem Bezirk Steyr für Kinder, Kindsköpfe und Kind Gebliebene – Teil 4

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WINTERZEIT IST LESEZEIT.

Jetzt, wo die Tage kälter werden und die ersten Schneeflocken in der Luft tanzen, ist die ideale Zeit zum Lesen, Träumen und etwas "den Fuß vom Gaspedal des Lebens" nehmen. Für jene, die an Märchen und Geschichten Gefallen finden, stelle ich jede Woche ein neues Kräutermärchen, eine Anekdote oder eine Erzählung von mir online: ein "Gschicht'l", das oft frei erfunden ist, manchmal auch kleine wahre Anekdoten, Sager von Bekannten enthält.

Diese Woche geht's um die liebe Not mit dem Kaffee: Wer trinkt ihn wie? War's der Ex, der nur Milch und ja keinen Zucker rein will, oder doch der neue Lebensgefährte? Und welcher war das jetzt, der ihn nur mit Zucker trinkt? Als alte Kaffeetante könnte ich viel über den schwarzen Wundersaft erzählen... . Im folgenden Märchen geht's allerdings um einen gesunden Kaffeeersatz, der sozusagen vor der Haustüre wächst.

Die Wegwarte
von Anita Buchriegler

„Sag mal, hast du der Stefanie schon wieder Kaffee trinken lassen?! Der Fleck auf ihrer weißen Bluse sieht äußerst verdächtig aus. Dabei hab ich dir schon hundert Mal gesagt, dass sie das nicht darf! Ist denn das so schwer zu begreifen?“ Stefanies Mutter war erzürnt, weil sich ihr Ex-Mann einfach nicht an die Regeln halten wollte. Gott sei Dank hatte er sie nur am Sonntag. „Ach, reg dich doch nicht immer so künstlich auf. Das bisserl Milchkaffee haut unser Mädel nicht um. Und irgendwer muss ja schließlich dafür sorgen, dass unsere Kleine nicht völlig verweichlicht wird“, konterte Stefanies Vater ungeniert. „Du hast vielleicht Nerven! Unser Kind ist erst sieben!“… Stefanie hielt sich die Ohren zu und flüchtete zu ihrer Großmutter, die im Erdgeschoß wohnte. „Ach Oma! Ich bin ja so froh, dass du da bist. Mama und Papa streiten sich schon wieder, dabei sehen sie sich seit der Scheidung eh nur mehr, wenn mich der Papa abholt oder wieder heimbringt. „Worum ging‘s denn diesmal wieder?“ wollte die Großmutter besorgt wissen. „Na ja, um den Kaffee halt. Er schmeckt mir doch so. Und wenn ich ganz viel Milch rein gebe, darf ich ihn vom Papa aus trinken. Normalerweise ist das unser Geheimnis, aber blöder Weise habe ich mich heute wieder mal bekleckert…“ Da musste die Großmutter schmunzeln. „Ja ja, Bohnenkaffee ist nicht gesund für kleine Kinder wie du. Aber komm einmal mit, ich möchte dich was kosten lassen.“ Nachdem die Oma etwas in ihrer Küchenkredenz gekramt hatte, kam ein braunes Säckchen zum Vorschein. Schau her, Stefanie. Das hier ist Zichorienkaffee. Er wird aus den Wurzeln einer Blume hergestellt und ist absolut unbedenklich!“ Als der Wasserkocher pfiff, brühte sie zwei große Tassen Zichorienkaffee auf.

Großmutter und Enkelin bissen gerade herzhaft in Omas frisch gebackenen Reindling – dazu gab‘s Zichorienkaffee, als unsanft die Tür aufgerissen wurde: „Ach da bist du…Gott sei Dank!“ rief die Mutter erleichtert und auch der Vater sah nicht mehr so cool drein wie noch vor einer halben Stunde. „Was! Sag bloß du gibst ihr auch schon Kaffee zu trinken!“ brauste Stefanies Mutter auf. „Nein nein meine Liebe. Setzt euch doch zu uns an den Tisch und kostet. Ich habe Stefanie gerade gezeigt, wie Zichorienkaffe schmeckt – er ist lecker und völlig unbedenklich.“ „ZI-was Kaffee?“, wollte nun auch Stefanies Vater besorgt wissen. „Zichorienkaffee. Er diente früher als Kaffeeersatz – man kann ihn übrigens heute noch im Geschäft kaufen.“ „Und woraus wird der gemacht?“, kam es unisono. „Ihr kennt doch alle die schönen lila-blauen Blumen, die entlang von Onkel Holgers Hofzufahrt wachsen. Man nennt sie Wegwarten. Na ja, und aus ihren Wurzeln wird Zichorienkaffee hergestellt. Die Wurzeln werden einfach getrocknet und pulverisiert. Fertig ist der koffeinfreie Kinderkaffee. Im Krieg war der nicht wegzudenken. Und wie ihr seht – Stefanie schmeckt er!“ „Gut, gut, ihr habt beide gewonnen!“ Stefanies Vater riss lachend die Arme hoch um sich zu ergeben. „Gib mir gleich ein Säckchen mit, Oma Herta. Mir ist alles recht, wenn wir nur nicht mehr geschimpft bekommen!“

„Ich hab eine bessere Idee! Wir gehen am nächsten Sonntag alle vier gemeinsam Wegwartenwurzeln ausgraben und dann machen wir daraus unseren eigenen…“ „Tolles Abenteuer!“, rief Stefanie. „Okay, war eh schon lange nicht mehr Hahn im Korb!“, grinste Stefanies Vater. Und was war mit Stefanies Mutter? „Nur wenn du mir danach richtigen Kaffee spendierst, Omama!“

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Foto: Cityfoto
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