DIE CHRISTROSE. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 51

Der Stefanitag neigt sich dem Ende zu, und irgendwie überschattet ein leicht wehmütiges "Schade, jetzt ist Weihnachten schon wieder vorbei!" die hoffentlich sorglose Feiertagslaune. Als leidenschaftliche Musikantin hilft mir bei solchen Stimmungstiefs meist ein Lied um den Mißmut schnell zu vertreiben.
Ein altes englisches Weihnachtslied war es auch, das mir als Grundlage für mein heutiges Märchen von der Christrose diente.

Das Märchen von der Christrose

Es war einmal vor langer langer Zeit, da herrschte in Polen ein König namens Wenzel. Wenzel war umsichtig und klug. Was ihn aber besonders von seinen Vorgängern unterschied, war sein gutes Herz und so lenkte er die Geschicke seines Landes mit Herz, Hirn und gesundem Menschenverstand durch die Wogen seiner Zeit.
Für Wenzel war klar: „Wer sein Volk gut regieren will, der muss es auch verstehen!“ Und so kam es nicht selten vor, das er sich auf ausgedehnte Wanderungen begab, um Lebensumstände und Anliegen seines Volkes besser verstehen zu lernen.

Nur an den hohen Feiertagen, hatte er meist Schwierigkeiten sich davon zu machen. Immerhin wollten die hohen Herren der Nachbarschaft samt Hofstaat und kirchlichen Würdenträgern gewürdigt und gebührend bewirtet werden. Und welches Fest eignete sich für üppige Festlichkeiten besser, als das Weihnachtsfest? Schon Wochen vorher wurden Schweine geschlachtet, Gänse und Kapaune gerupft, Würste und herrliche Pasteten hergestellt und duftende Mehlspeisen gebacken, bis sich die Tische bogen. Von der Eingangshalle bis in den Thronsaal wanden sich Girlanden aus Tannenreisig und bunten Bändern um Säulen und Torbögen. . Von der Küche her verbreitete sich der würzige Duft von heißem Punsch und Glühwein.

Am Stefanstage aber, wurde König Wenzel rastlos. Zu sehr sehnte er sich nach einem ausgedehnten Streifzug durch die frostige, klirrend kalte Winternacht. „Knappe komm her zu mir!“, befahl er nach kurzem Grübeln. „Bringe er diese Nachricht zum Bischof. Er soll den edlen Herrschaften die Renovierungsarbeiten an der Marienkirche zeigen. Dann aber nichts wie hinaus aufs Land. Zu lange ist es her, seit ich Zeit hatte, nach meinen Ländereien zu sehen!“
Trotz Schneegestöber und Eiseskälte bahnten sich König und Knappe unermüdlich ihren Weg durch die bitterkalte Winternacht. IN einem kleinen Waldstück fanden sie schließlich Unterstand “Sieh nur, Knappe, wer ist dieser arme alte Mann dort drüben? Er ist ganz in Lumpen gehüllt und scheint die paar Zweiglein einzusammeln, die der Sturm von den Bäumen gefegt hat!“
„Sire, der Alte wohnt drüben bei der Agnes Quelle auf der anderen Seite des Waldes. Man sagt er sei sehr arm. Hat kaum das Nötigste zu essen. Wenn die furchtbare Kälte den ganzen Winter über dauert, wird er wohl erfrieren…“
„So geh und hol ihm zu Essen und zu Trinken. Repariert seine Hütte und schlichtet Holzscheite an die Hüttenwand. IN meinem Königreich soll niemand erfrieren – nicht einmal ein armer alter Mann, der in seinem Leben sicherlich schon genügend gearbeitet hat!“ Als der König aufsah, bemerkte er, wie blau und gefroren auch das Gesicht seines Knappen wirkte. Von den Bewegungen seines treuen Begleiters konnte er schließen, dass auch dessen Hände und Füße erste Anzeichen von Erfrierungen hatten.

„Wie dumm von mir! In meiner Begeisterung habe ich gar nicht gemerkt, wie sehr du schon vor Kälte zitterst! Richtig erbärmlich siehst du aus! Geh nur ganz dicht hinter mir, dann können dir weder die beißende Kälte noch der eisige Wind etwas anhaben. Sobald wir daheim sind, werde ich veranlassen, dass dem Alten geholfen wird. Aber ich bin mir sicher, das können auch die Diener erledigen.
So stapften Sie zurück zum Königsschloss – voran der beherzte König, der wild entschlossen war, Gutes zu tun, dicht dahinter sein treuer Knappe, der sich zitternd vor Kelte kaum mehr auf den Beinen halten konnte.
Doch plötzlich wurde es dem Knappen seltsam warm ums Herz und er merkte, wie rund um ihn ein Wunder geschah. In den Fußstapfen des Königs begann der Schnee zu schmelzen und auch sein eigener Körper wurde nach und nach von einem wohligen Gefühl der Wärme erfüllt. Als er verwundert zu Boden sah, erblickte er voller Staunen eine wunderschöne weiße Blume die in des Königs Fußstapfen erblüht war. „Nein so etwas! So viele Wunder auf einmal! Konnte das mit rechten Dingen zugehen?“ Mit einem wehementen Kopfschütteln wischte er diesen Gedanken gleich wieder beiseite. „Nein, nein, es ist doch offensichtlich, dass allein die Güte meines Herrn für dieses Wunder verantwortlich ist!“
Ohne noch weiter nachzugrübeln, grub er heimlich einige der weißen Blumen aus und nahm sie mit nach Hause, wo er sie einpflanzte und zu züchten begann. Sie sollten ihn sein Lebtag lang daran erinnern, dass es sich lohnt, Gutes zu tun. Und weil die wunderschöne weiße Blüte auch die restlichen Weihnachtsfeiertage nicht an Schönheit verlor, gab er ihr den Namen „Christrose“.
Der gütige König Wenzel wurde später heilig gesprochen – und wie es mit Heiligen eben ist, ranken sich auch um ihn bis zum heutigen Tag viele Legenden. Diese hier ist wohl die populärste, immerhin wurde sie in einem Lied festgehalten (Good King Wenceslas). Und was in Liedform die Zeiten überdauert, hält sich bekanntlich besonders lang. Warum das so ist wollen Sie wissen? Lieder berühren die Seele der Menschen und die soll ein besonders langes Gedächtnis haben, sagt man.

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Foto: Cityfoto
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