Neues Buch deckt Rätsel um Massengrab auf

Buchautorin und Herausgeberin Ines-Bernt-Koppensteiner aus St. Ulrich. | Foto: Privat
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TERNBERG/STEYR. Die Opfer kannten weder die Route noch das Ziel: Im März und April 1945, kurz vor Kriegsende, trieben die Nazis Tausende ungarische Juden auf „Todesmärschen“ quer durch Ostösterreich ins KZ Mauthausen und dessen Nebenlager. Viele der geschwächten, geschundenen Menschen starben auf dem Weg oder wurden brutal ermordet.
Siebzig Jahre später spürte die Historikerin und pensionierte Gymnasialprofessorin Ines Bernt-Koppensteiner mit zwei weiteren Autoren diesem dunklen Kapitel der heimischen Geschichte nach. Ihre Erkenntnisse sind in dem 468 Seiten starken Buch „nirgendwohin. Todesmärsche durch Oberösterreich 1945“ zusammengefasst. Auch rund fünfzig Zeitzeugen kommen darin zu Wort. „Neben Misshandlungen und Morden gab es auch viele hilfsbereite Menschen, meist Frauen, die trotz vehementer Drohungen des Wachpersonals den Mut und die Zivilcourage aufbrachten, den Hungernden und Dürstenden Essen und Wasser zu reichen. Ihnen ist das Buch gewidmet“, betont die Autorin.

Buchprojekt von der EU gefördert
Das Buch ist Anfang November im Ennsthaler Verlag erschienen. Im Rahmen des Gedenkprojekts „Einhalt“ wurde es von der EU gefördert. Zur Buchpräsentation im Museum Arbeitswelt in Steyr kamen mehr als 200 Leute. Am 21. Februar 2016 wird es in der Bibliothek Sierning vorgestellt.
Eine der Todesmarsch-Routen führte durch das Ennstal. Ines Bernt-Koppensteiner konnte im Rahmen ihrer Recherchen etliche Forschungserfolge erzielen. So ist es gelungen, die Stelle des ehemaligen Massengrabes ungarischer Juden in Ternberg zu lokalisieren. Es befand sich im Bereich des heutigen Parkplatzes des Tennisvereins an der Sportplatzstraße (ehemalige Eisenstraße). 22 Opfer des „Großen Transportes“ vom 13. April 1945 waren dort begraben. Der Ternberger Leichenbestatter hatte sie am Straßenrand zwischen Ternberg und Sand aufgelesen. Die bei 14 Leichen gefundenen Dokumente hinterlegte er im Gemeindeamt Ternberg, von wo sie 1946 der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Steyr übergeben wurden. Die Namen dieser Opfer und eines weiteren Opfers von einem Nachzüglertransport nennt eine Tafel beim Massengrab auf dem Jüdischen Friedhof in Steyr. Dorthin wurden die Leichen Ende Februar 1946 gebracht. Sie waren im Beisein des Steyrer Amtsarztes exhumiert worden. Das ehemalige Massengrab in Ternberg geriet bald in Vergessenheit. „Die Auffindung der Örtlichkeiten verdanke ich Rudolf Hejze aus Graz, der mit viel Akribie und Ortskenntnis die Stellen lokalisierte“, erzählt Autorin Ines Bernt-Koppensteiner. Mehr Infos auf www.bezirksrundschau.com

Den Opfern ihre Namen wiedergeben
Zu neuen Erkenntnissen gelangte die Historikerin auch, was das Massengrab in Sierning betraf. Es handelt sich, wie die Erinnerungstafel besagt, um KZ-Häftlinge, und zwar aus dem KZ-Außenlager der Saurer-Werke in Wien-Simmering, die in Gründberg, verteilt auf drei Bauernhöfe, Zwischenstation machten, da das KZ-Außenlager Steyr-Münichholz mit anderen Evakuierungstransporten überfüllt war. „Auch hier konnten zwei Namen von Opfern eruiert werden“, sagt Bernt-Koppensteiner. Vonseiten des Sierninger Pfarres sind bereits Bemühungen im Gang, auf diesem Grab eine Zusatztafel mit den Namen anzubringen und so den Opfern nach 70 Jahren ihre Identität zurückzugeben, die ihnen die Nationalsozialisten geraubt haben.
Das nicht gekennzeichnete Grab der zehn ungarischen Juden, die am 19. April 1945 zu Mittag am Sierninger Friedhof exekutiert wurden, gibt es nicht mehr. Es wurde am 14. März 1946 geöffnet. Es wurden keine Dokumente gefunden, nur ein mosaisches Gebetbuch in deutscher Sprache. 1992 musste es der neuen Aufbahrungshalle weichen und wurde mit dem Aushub weggeschafft.

Buchtipp:
Ines Bernt-Koppensteiner (Hg.): nirgendwohin. Todesmärsche durch Oberösterreich 1945. Eine Spurensuche in die Zukunft. Ennsthaler Verlag, Hardcover, 468 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Tabellen. Beilage: Straßenkarte mit den Routen der Todesmärsche. Das Buch kostet 34 Euro. ISBN 978-3-85068-954-0. http://www.ennsthaler.at

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