Osterinterview Bischof Hermann
Bischof Glettler: "Die Zuversicht ist bedrängt"

Carmen Nagele  von "abrakadabra" mit Innsbrucks Diözesanbischof Hermann Glettler
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Was bedeutet Ostern? Wir trafen Bischof Hermann Glettler in der Suchtkrankeneinrichtung "abrakadabra".

Wie haben Sie die Fastenzeit erlebt bzw. durchgehalten?
Bischof Hermann: "Ich habe mir vorgenommen, auf Fleisch und Alkohol zu verzichten. Muss aber zugeben, dass ich beim Fasten kein Weltmeister bin. Irgendwie gehört das Scheitern dazu. Darüber hinaus waren einige Gottesdienste und Kreuzwege für mich sehr eindrucksvoll – wie etwa jener durch die Altstadt von Hall.“

Wie sehen Sie die neue Regelung der Bundesregierung für den Karfreitag?
"Ich antworte selbstkritisch. Ich hätte durchaus deutlicher und lauter Stellung nehmen müssen. Der Karfreitag hat doch für uns alle, egal welche Konfession, eine enorme Bedeutung. Das Kreuz ist ein Zeichen des Lebens. Unterbrechung des Alltags und bewusstes Innehalten wären nötig."

Haben die Mitarbeiter der Diözese Innsbruck frei?
"Ja, diese Tradition haben wir. Die Mitarbeiter der Diözese haben grundsätzlich arbeitsfrei, das hat nichts mit der neuen Regelung zu tun."

Ostern 2019 steht im Zeichen einer Großwetterlage für Kirche und Gesellschaft, die wenig erfrischend ist. Warum?
"Grundsätzlich bin ich ein optimistischer Mensch. Aber wir leben in einer Zeit bedrängter Zuversicht. Die Menschen haben Ängste und sind unsicher, auch aufgrund der globalen Entwicklungen. Erneutes Aufrüsten, unberechenbare Weltmächte und die Folgen des Klimawandels machen Angst. Und für die Kirche sind schwere Altlasten aufzuarbeiten. Stichwort Missbrauch. Hier ist aber ein reinigender Prozess in Gang, ein klares Umdenken auf allen Ebenen. Ich erlaube mir hinzuweisen, dass wir es mit einem großen gesellschaftlichen Problem zu tun haben.“

Hat die Kirche nicht mehr die richtigen Antworten auf die aktuellen Fragen?
„Die Fragen nach Sinn und Spiritualität sind aktueller denn je. Gegenüber Institutionen ist man jedoch kritisch. Es ist tatsächlich herausfordernd, für die wertvolle Botschaft Jesu eine verständliche Sprache zu finden. Kirchliche oder liturgische Floskeln berühren nicht. Viele Menschen spüren trotz Wohlstand eine Sinnleere. Konflikte und Auseinandersetzungen werden sehr hart geführt. Seelische Wunden bleiben. Da gibt es Antworten in unserem christlichen Glauben. Versöhnung ist möglich. Wir müssen uns als Kirche selbstbewusst und demütig einbringen."

Was bedeutet Ostern für Sie persönlich?
"Ostern ist für mich ein Fest der Zuversicht. Jesus, der Auferstandene, sagt: ‚Ich bin bei Euch, habt keine Angst!‘ Ostern ist für mich auch der Anlass, ein paar Schritte des Umdenkens und der Umkehr zu probieren. Auch die Liturgie der Karwoche und Ostertage sind wunderbare Erlebnisse. Ich empfehle allen, die Osternacht einmal bewusst mitzufeiern. Ostern schmeckt für mich immer nach Neubeginn und Leben."

Wie werden Sie die Osternacht und das Osterfest begehen?
"Die Osternacht feiere ich in einer Pfarre auswärts. Das Osterhochamt dann selbstverständlich im Dom. Den Ostermontag verbringe ich in der Steiermark, Kurzurlaub mit Familientreff."

Vor kurzem wurden sechs Diakone geweiht, neue Priester wird es heuer keine geben. Ein dramatisches Bild?
"Schon. Zwei Ordensbrüder werden heuer zu Priestern geweiht, aber für die Diözese keiner. Der Priestermangel ist eine echte Wunde unserer Kirche. Da steht einiges an. Wir müssen auch in der Begleitung junger Menschen neue Wege versuchen. Vorbilder gibt es. Ich danke allen zölibatär lebenden Frauen und Männern, die mitten im Leben für Gott und die Menschen da sind. Ihre Lobby ist klein."

Die Pfarrer müssen in Zukunft von vielen Aufgaben entlastet werden, Laien sollten diese übernehmen. Gibt es in der Diözese genügend Interesse, in der Kirche Aufgaben zu übernehmen?
"Ja, es gibt Interessierte, die auf dem Weg in die verschiedenen pastoralen Berufe sind. Tatsächlich geht es darum, noch mehr Laien in vielfältiger Weise Verantwortung zu übertragen, um Priester für ihren spezifischen Dienst freizuspielen."

Und das Interesse bei der Jugend?
"Ganz schlecht ist es nicht, aber ausbaufähig. Wie müssen den Jugendlichen Raum geben und hinhören. Ich möchte auch als Bischof für sie angreifbar und nahe sein. Unsere Kirche ist durch jene, die mit Freude ihren Dienst tun, immer jugendlich. Da spielt das Alter keine Rolle."

Was ist vom Motto des Diözesanjubiläums 2014 „Aufbrechen" übriggeblieben?
"Das Motto gilt immer. Es ist im Sinne Jesu ein Dauerauftrag. Das Gegenteil wäre, sich zurückzuziehen. Aufbrechen ist auch ein österliches Motto."

Zur Sache:
Das "abrakadabra" in Innsbruck ist eine Einrichtung der Caritas Tirol und steht unter der Leitung von Carmen Nagele. Es besteht seit 1998 und ist ein niederschwelliges Angebot mit akzeptierendem Ansatz für Drogenkonsumenten, das die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und sowohl kompetenzorientierte als auch sinnstiftende Tätigkeiten für Menschen mit Suchterkrankung bereitstellt.
17 Menschen können pro Tag betreut werden. Infos: abrakadabra.caritas-tirol.at

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