Zur Karwoche von Bischof Glettler
"Ostern ist Zukunftsmut"

Innsbrucks Diözesanbischof Hermann Glettler wird am Ostersonntag im Innsbrucker Dom das Pontifikalamt zelebrieren. | Foto: Sigl
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Seit 2. Dezember 2017 leitet Bischof Hermann Glettler die Diözese Innsbruck als Oberhirte. Wir  trafen ihn zum Interview  zur Karwoche 2023.

In vier Tagen ist die Fastenzeit vorbei, wie haben Sie die Fastenzeit persönlich erlebt?
Bischof Herrmann:
"Es war etwas hektisch, viele Begegnungen, Visitationen in den Pfarren, Diamantene Hochzeit meiner Eltern und einige Schulbesuche. Auch so manche Debatten haben Zeit gekostet."

Was bedeutet Ostern für Sie persönlich und als Bischof?
"Ostern berührt mich zuinnerst. Es steht für eine radikale Wende. Jede Form der Bösartigkeit hat nicht das letzte Wort. Jederzeit ist ein Neubeginn möglich. Das Fest der Auferstehung ist eine Quelle von Hoffnung. Ich möchte den lebendigen Christus bezeugen, wenn auch oft unsicher und keineswegs perfekt. Ostern bedeutet Zukunftsmut."

Ostern 2023 steht im Zeichen von immer weniger Katholiken, die Jungen kehren zunehmend der Kirche den Rücken. Warum?
"Wir müssen uns fragen, ob wir uns für die Lebenswelten der jungen Leute interessieren. Mit der Überlegung: ‚Wie kriegen wir die Jugend?‘, liegt “, liegt man schon falsch. Wichtig sind natürliche Begegnungen – nur so wird Vertrauen aufgebaut. Von den jungen Leuten lernen. Mir sind Gespräche mit ihnen sehr kostbar."

Hat die Kirche nicht mehr die richtigen Antworten auf die aktuellen Fragen?
"Meinen Sie kirchliche Themen? Ja, da ist einiges zu überlegen. Der Synodale Prozess ist ein offenes Ringen. Mit den anderen ‚aktuellen Fragen‘ sind wir alle überfordert – ich nenne nur die Debatten rund um Klima und Weltfrieden. Glaube gibt in dieser nervösen Zeit eine innere Orientierung und Anschubkraft."

Aktuell waren auch die Proteste gegen das von Peter Garmusch gestaltete Fastentuch in der Innsbrucker Spitalskirche. Sie haben es daraufhin abhängen lassen. Die richtige Entscheidung?
"Die Fotoarbeit war bis Ende März zu sehen, die Abhängung vor der Karwoche ein Kompromiss. Ich wollte zeigen, dass ich nicht auf Zuruf einer traditionalistischen Gruppe reagiere, aber ebenso wenig meine Energie für die Verteidigung eines Kunstwerks verschwende. Weh getan hat mir die Aggressivität in vielen Kommentaren. Kunst und Glaube sind jedenfalls nicht harmlos."

Ganz schwierig ist wohl die Lage in den Pfarren durch den Priestermangel und auch beim Priesternachwuchs.
"Wussten Sie, dass wir doch einige Seminaristen haben? Am 1. Juli auch eine Priesterweihe. Abgesehen vom Priestermangel bräuchten wir mehr Frauen und Männer, die in die Seelsorge einsteigen oder Religion unterrichten. Vielleicht liest das jemand als Werbeeinschaltung (lacht). Es sind schöne, sinnvolle Berufe!"

Gibt es im Laienbereich in der Diözese genügend Interesse, kirchliche Aufgaben zu übernehmen?
"Grundsätzlich ja. Wir haben eine lebendige Pfarrseelsorge in den meisten Regionen Tirols – Haupt- und Ehrenamtliche, die der Kirche ein attraktives Gesicht geben, viel Herzblut für die Sache des Glaubens investieren. Der heurige Kongress der Pfarrgemeinderäte mit 1.200 Teilnehmern war ein höchst positives Ereignis."

Papst Franziskus hat kürzlich mit seiner Aussage, über den Zölibat zu diskutieren, aufhorchen lassen. Sehen Sie darin einen Schlüssel für mehr Priester?
"Ja, durchaus, auch wenn uns deshalb nicht die Kandidaten die Türen einrennen werden. Wichtig ist, dass wir diese Diskussion jetzt weltkirchlich entkrampfter führen. Generell würde ich das Verschwinden der zölibatären Lebensform als Kulturverlust bezeichnen."

Die Forderung des Schülerparlaments, religiöse Symbole aus den Klassenzimmern zu entfernen, sorgte für Diskussionen. Ihr Zugang?
"Die Entfernung aller Glaubenszeichen wäre eine geistige Verarmung. Wenn Kinder anderer Religionen auch ihre religiösen Symbole in den Schulräumen wollen, so ist das umzusetzen. Wichtig scheint mir, dass wir den Sinn des Kreuzes neu benennen. Es ist ein Symbol für die Liebe, die stärker ist als der Hass. Das Kreuz Jesu ist außerdem ein solidarisches Zeichen der Verbundenheit mit allen Leidenden."

Wie geht es der Tiroler Kirche finanziell, auch weil immer mehr aus der Kirche austreten?
"Noch recht gut. Selbstverständlich muss jede Investition sehr genau überlegt werden. Sparen heißt, richtig zu investieren, aber auch einiges zu lassen. Ich danke den 360.000 Katholiken unserer Diözese, dass sie mit ihrem Beitrag kirchliche Seelsorge, Bildung und Caritas ermöglichen. Für alle, die aktuell in finanziellen Nöten sind, haben wir einen Unterstützungsfonds eingerichtet."

Wie werden Sie das Osterfest heuer feiern?
"Wie immer mit berührenden Gottesdiensten. Ich freue mich besonders auf die Osternacht – heuer im Stubaital. Ostern wird ein Fest vielfacher Versöhnung."

Über die Fastentücher 2023 in Innsbruck lesen Sie hier:

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