Hitzige Debatte
Windkraft in Tirol: Muss es sein?

- Windparks sind in Tirol ein heiß diskutiertes Thema. Der Landeshauptmann spricht von überschaubarem Potenzial.
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- hochgeladen von Florian Haun
Die Diskussion rund um Windräder in Tirol flammt wieder neu auf. Nachdem ein Landwirt aus dem Tiroler Unterland die von der Landesregierung ausgelobte Prämie von 100.000,- Euro für das erste Windrad in Tirol für sich beansprucht und man in Osttirol bereits konkrete Pläne hegt, wird innerhalb der Bevölkerung heftig über das Thema diskutiert. Die Tirolerinnen und Tiroler haben offenbar eine gesunde Skepsis entwickelt und für das Land Tirol bzw. die beteiligten Energieversorger dürfte es keineswegs einfach werden, Projekte zu realisieren. Am Sattelberg (Stubai) wurde ein geplantes Projekt bereits im Jahr 2012 gerichtlich abgelehnt. Insgesamt sind derzeit 12 Windparks in Tirol geplant.
TIROL (fh). Windkraft wird weltweit als eine der Säulen der Energiewende gefeiert. Sie gilt als sauber, nachhaltig und unverzichtbar für die Reduktion fossiler Energieträger. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass Windkraftanlagen nicht nur Vorteile mit sich bringen. Ihre Effizienz, ihre Auswirkungen auf die Umwelt und sogar ihre technische Funktionsweise werfen Fragen auf, die in der öffentlichen Diskussion oft übersehen werden.
Die Technik hinter der grünen Fassade
Windkraftanlagen scheinen auf den ersten Blick eine einfache und elegante Lösung zu sein: Der Wind treibt die Rotorblätter an, die mechanische Energie wird in Strom umgewandelt, und die Umwelt profitiert von dieser emissionsfreien Technik. Doch die Realität ist komplexer, als es die glatte PR-Oberfläche vermuten lässt. Ein wenig bekanntes Detail ist, dass Windräder in bestimmten Situationen tatsächlich auf Verbrennungsmotoren angewiesen sind. In sehr kalten Regionen oder bei Startproblemen müssen die Rotoren teilweise mit Dieselaggregaten oder anderen fossilen Energiequellen angetrieben werden, um sie in Gang zu setzen. Besonders in Wintermonaten, wenn Vereisung oder extreme Kälte auftreten, verhindern Heizsysteme und Antriebsmotoren den Stillstand der Anlagen – ein energetischer Aufwand, der den „grünen“ Ruf der Windkraft infrage stellt.
Die Frage nach der Effizienz?
Die Effizienz von Windkraftanlagen hängt stark von den Standortbedingungen ab. Während an optimalen Standorten mit konstantem Wind hohe Energieerträge möglich sind, fällt die Effizienz an windarmen Standorten drastisch ab. Hier müssen oft zusätzliche Energieträger einspringen, um Versorgungslücken zu schließen, was die Emissionsbilanz indirekt verschlechtert. Hinzu kommt, dass der Bau und die Installation von Windkraftanlagen einen erheblichen Energie- und Ressourcenaufwand erfordern. Die Herstellung der riesigen Rotorblätter und Turbinen verschlingt große Mengen an Stahl, Beton und Kunststoffen. Die Emissionen, die während dieser Prozesse entstehen, werden erst nach mehreren Jahren Laufzeit der Anlage kompensiert – vorausgesetzt, die Anlage bleibt störungsfrei in Betrieb.
Das technisch und wirtschaftlich realisierbare Windkraftpotenzial in Tirol ist aufgrund des technologischen Fortschritts, der geänderten Förderkulisse und auch der großen Nachfrage nach erneuerbaren Energieträgern in den vergangenen Jahren gestiegen und liegt bei 800 bis 1.200 Gigawattstunden. Grundlage dafür ist die vom Land Tirol in Auftrag gegebene Aktualisierung der Studie „Windenergiepotenzial in Tirol“ aus dem Jahr 2014. Die doch recht große Bandbreite des in der Studie angegebenen Windkraftpotenzials von 800 bis 1.200 Gigawattstunden liegt an den unterschiedlichen Winddaten. Hier will das Land Tirol mit einer gezielten Unterstützung der ProjektwerberInnen ansetzen. Wer ein Windrad bauen will, braucht exakte Winddaten. Die dafür notwendigen Windmessungen werden gefördert. Mindestens fünf Meter pro Sekunde oder 18 km/h – diese mittlere Windgeschwindigkeit in 100 Metern über dem Boden braucht es, um ein Windrad der neuesten Technologie wirtschaftlich zu betreiben – vorausgesetzt die Rahmenbedingungen wie Erschließung, Hangneigung oder Energieableitung passen.
Überschaubares Potenzial
„Tirol hat großes Potenzial, sich selbst mit sauberer und leistbarer Energie zu versorgen. Wir wollen unabhängig von Öl und Gas werden und unseren Energiebedarf bis 2050 aus allen verfügbaren erneuerbaren Ressourcen decken. Deshalb investieren wir in den Ausbau von Wasserkraft, Photovoltaik, Biomasse und sind offen für die Windkraft. Bislang war Tirol als Wasserkraftland bekannt. Dabei nehmen wir auch eine europaweit wichtige Rolle ein: Stauseen sind nach wie vor die einzig sinnvolle Speichertechnologie. Von Tirol aus können mit der Wasserkraft Zeiten, in denen Photovoltaik und Windkraft schwächeln, ausgeglichen werden. Aber auch bei der Sonnenkraft holt Tirol auf. So werden bereits die ersten Groß-Photovoltaik-Anlagen auf Parkplätzen durch die Unterstützung des Landes errichtet. Für all diese Vorhaben braucht es aber auch die Unterstützung und Akzeptanz der Tirolerinnen und Tiroler. Wasserkraft und Photovoltaik sind das Rückgrat der Tiroler Energiewende. Windkraft alleine wird uns nicht retten, ohne Windkraft wird es aber auch nicht gehen. Bei jedem konkreten Projekt muss bewertet werden, was es für die Energiewende, die Natur und die Standortgemeinde bedeutet. Das Potential für Windkraft in Tirol ist ohnehin überschaubar, das zeigt auch die aktualisierte Windkraftstudie des Landes. Dennoch brauchen wir Technologieoffenheit und jeden einzelnen Baustein im Rahmen der Energiewende“, erklärt LH Anton Mattle.



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