Bayrische Besatzung führte als erstes Land der Welt die Impfpflicht ein
Vor 220 Jahren wehrten sich die Tiroler gegen die Pockenimpfung

Dr. Anton Canestrini 1803 über die Pockenimpfung in und um Schwaz.
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  • Dr. Anton Canestrini 1803 über die Pockenimpfung in und um Schwaz.
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Bereits im Jahr 1783 verfasste der Innsbrucker Arzt Johann Michael Luzenberg eine Schrift über die „durch 6 Monate lang geherrschte Epidemische Krankheit im Hofgerichte Stubay“ und Dr. Anton Canestrini schrieb 1803 über die „Schutzblattern=Impfung in und um Schwaz“.
Der Arzt Edward Jenner entdeckte in England erst 1796 einen wirksamen Impfstoff gegen Pocken. Er verdankte sie einer Kuh namens Blossom, also Blüte. Die hatte die Kuhpocken und Pusteln am Euter.
Schon um 1800 gab es die ersten Pockenimpfungen in Tirol und am 27. August 1807 führte Bayern als erstes Land der Welt die Pockenimpfung ein. Somit galt die Impfpflicht auch für die „bayrischen Untertanen“ in Tirol, ob sie wollten oder nicht. Damals starb in Tirol fast noch jedes dritte Kind an einer Infektionskrankheit, vor allem an Blattern (= Pocken). Trotzdem verweigerten viele Eltern vorwiegend aus religiösen Gründen eine Impfung. Alois Zangerle, Kreisphysikus von Rattenberg schrieb 1808 über den Widerstand in der katholischen Bevölkerung: „…Philosophisch-medizinische Gründe belehren das Volk nicht, und werden in alle Ewigkeit wenigstens jenen Theil des rohen Volkes, welcher seinen Kindern lieber die Engelsglorie, als längeres Leben zu eigener Unterstützung im Alter wünscht, nie belehren.“
Kurz nach Bayern führte auch die Regierung in der Habsburgermonarchie die Pockenimpfung verpflichtend für alle Kinder ein. Erkrankungen und Todesfälle an Pocken gingen zurück, sie verschwanden aber nicht völlig. Erst gegen Ende des
19. Jahrhunderts sank die Zahl der Todesfälle an Pocken nahezu auf Null.
Die Pocken (auch Blattern; lat. Variola, engl. smallpox), sind eine gefährliche Infektionskrankheit, die von Pockenviren verursacht wird. Pocken können direkt von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion beim Husten übertragen werden.
Daneben kann die Ansteckung auch durch Einatmen von Staub erfolgen, der zum Beispiel beim Ausschütteln von Kleidungsstücken oder Decken von Pockenkranken entsteht. Neben den Pockenerkrankungen des Menschen gibt es auch bei einer Reihe von Tieren durch verwandte Viren ausgelöste Erkrankungen.
Gegen Pocken gibt es kein Heilmittel, nur eine vorbeugende Impfung ist möglich.
Die gesetzliche Pockenschutzimpfung musste insbesondere gegen den Widerstand der katholischen Kirche durchgesetzt werden; 1824 wurde die Impfung von Papst Leo XII. sogar verboten. In Europa galten Pocken teilweise als Kinderkrankheit.
Ab dem 18. Jahrhundert häuften sich die Pockenfälle und lösten die Pest als schlimmste Krankheit ab. Nach Schätzungen starben jedes Jahr 400.000 Menschen an Pocken. Oft zählten Kinder erst zur Familie, wenn sie die Pocken überstanden hatten.

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