WK-Präsident Christoph Walser:
"Unternehmer sind eher optimistisch"

Nicht gerade ein optimistischer Blick in die Zukunft von WK-Präsident Christoph Walser.
  • Nicht gerade ein optimistischer Blick in die Zukunft von WK-Präsident Christoph Walser.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Die Wirtschaftskammer Tirol präsentierte drei Szenarien für Tirols Tourismusbetriebe. Fazit: Es kommen schwere Zeiten.

TIROL. "Es wird leider nicht das Szenario eins Realität werden, aber da Unternehmer generell Optimisten sind, wird auch Szenario drei hoffentlich nicht eintreffen. Es wird sich zwischen eins und zwei einpendeln", erklärt WK-Präsident Christoph Walser zu´r Analyse der Wertschöpfungseffekte durch den Nachfrageausfall in Tirol nach Corona.

"Im Gegensatz zur Wirtschafts- und Finanzkrise in den Jahren 2008 – 2010 handelt es sich diesmal um eine ausgeprägte Krise des Dienstleistungssektors – auch wenn der produzierende Bereich durch die Unterbrechung internationaler Lieferketten ebenfalls stark betroffen ist. Die zur Eindämmung der Corona-Pandemie von der öffentlichen Hand verordneten Maßnahmen haben vor allem zu Betriebsschließungen im Tourismus und im Dienstleistungssektor geführt"

, erklärt Stefan Garbislander von der WK Tirol.

Grundlagen der Analyse

Die drei Szenarien berücksichtigen die jüngsten Meldungen betreffend möglicher Verlängerungen oder Aufhebungen der bestehenden Reisebeschränkungen. Weiter fließt auch die Entwicklung der Anzahl an Infizierten in den Hauptherkunftsländern von Tiroler Gästen mit in die Szenarien ein.
Den Berechnungen liegen als Quellen die Anzahl an Nächtigungen sowie die Herkunftsländer der Gäste nach Saisonen (Land Tirol, Abteilung Raumordnung und Statistik) zugrunde. Weiters wurden die Ausgaben der Gäste nach Saison sowie nach Verwendungszweck (T-Mona / Tirol Werbung) für die Berechnungen berücksichtigt. So konnte die Studie drei Szenarien erarbeiten:

Optimistisches Szenario:

Das optimistische Szenario geht davon aus, dass sich mit Juni 2020 die Nächtigungen österreichischer Gäste in Tirol wieder auf 100% belaufen und in den verbleibenden Monaten der Sommersaison bis Oktober 2020 sowie in der Wintersaison 2020/2021 im Schnitt auf 120% ansteigen. Dieser Anstieg an Nächtigungen österreichischer Gäste wird angenommen, da heuer mehr Österreicher und Österreicherinnen ihren Urlaub im Inland verbringen werden als in den letzten Jahren, wovon auch Tirol leicht profitiert.In der Sommersaison 2021 gehen die Nächtigungen dann wieder auf 100% zurück, da die Märkte im Ausland auch für Österreicher wieder geöffnet sind und die Österreicherinnen wieder ihre traditionellen Urlaubsziele ansteuern.

Reiseverkehr:
Zudem wird unterstellt, dass auch der Reiseverkehr mit Deutschland relativ rasch wieder ermöglicht wird und die Nächtigungen aus dem deutschen Markt bereits mit Juli 2020 bis zum Ende der Sommersaison 2021 wieder 100% erreichen. Mit Ausnahme von Italien, für das für die Sommersaison 2020 etwas stärkere Rückgänge als für die anderen Zielmärkte angenommen werden, ziehen die anderen Haupt-Zielmärkte wie Belgien, Niederlande, Schweiz und Vereinigtes Königreich langsam wieder an, erreichen jedoch nicht ihr reguläres Niveau. So belaufen sich die Rückgänge für die Sommersaison 2020 auf -70% bis -40% sowie für die Wintersaison 2020/21 auf -20%. Für die Sommersaison 2021 wird immer noch ein Rückgang von 10 % erwartet.

Auswirkungen:

  • Im optimistischen Szenario ergibt sich für das Kalenderjahr 2020 ein Verlust von € 2,26 Milliarden an Bruttowertschöpfung in Tirol, davon entfallen rund € 1,13 Milliarden auf die Sommersaison.
  • Im Wirtschaftssektor „Beherbergung und Gastronomie“ reduziert sich die Wertschöpfung im Jahr 2020 um € 924 Millionen; im Handel um € 272 Millionen und im Bereich der Verkehrswirtschaft, zu der unter anderem die Seilbahnwirtschaft gehört, in Höhe von € 239 Millionen.
  • Im Sektor „Herstellung von Waren“ reduziert sich Bruttowertschöpfung um ca. € 153 Millionen und in der Bauwirtschaft um rund € 93 Millionen im Jahr 2020.
  • Insgesamt gehen durch den Nachfrageausfall im Jahr 2020 rund 20.000 Arbeitsplätze in Tirol verloren.
  • Das Aufkommen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträge reduziert sich in Tirol um rund € 800 Millionen im Jahr 2020.
  • Durch die relativ rasche Normalisierung der Lage im optimistischen Szenario reduziert sich der Verlust an Bruttowertschöpfung in der Wintersaison 2020

Mittleres Szenario

Das mittlere Szenario geht davon aus, dass Tirol die österreichischen Gäste beginnend mit Juli 2020 bis zum Ende der Sommersaison 2021 wieder zu 100% begrüßen kann. Die Nächtigungen deutscher Gäste ziehen schrittweise wieder an und pendeln sich im Zeitraum Juli 2020 bis Oktober 2020 auf 50% ein. Für die Wintersaison 2020/2021 wird angenommen, dass das Niveau der Übernachtungen deutscher Gäste weiter auf 80% und in der Sommersaison 2021 auf 90% ansteigt. Alle übrigen Märkte erholen sich hingegen nur schrittweise. So werden für diese Märkte in diesem Szenario für die Wintersaison 2020/21 lediglich 50% und für die Sommersaison 2021 70% der Nächtigungen erwartet.

Auswirkungen:
Im mittleren Szenario ergibt sich für das Kalenderjahr 2020 ein Verlust von rund € 3,6 Milliarden an Bruttowertschöpfung in Tirol, davon entfallen rund € 2,2 Milliarden auf die Sommersaison 2020. Im Wirtschaftssektor „Beherbergung und Gastronomie“ reduziert sich die Wertschöpfung im Jahr 2020 um € 1,48 Milliarden, im Handel um rund € 440 Millionen und im Bereich der Verkehrswirtschaft, zu der unter anderem die Seilbahnwirtschaft gehört, in Höhe von rund € 360 Millionen.

  • Im Sektor „Herstellung von Waren“ reduziert sich Bruttowertschöpfung um ca. € 245 Millionen und in der Bauwirtschaft um rund € 147 Millionen im Jahr 2020.
  • Insgesamt gehen durch den Nachfrageausfall unmittelbar im Jahr 2020 rund 31.600 Arbeitsplätze in Tirol verloren.
  • Das Aufkommen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträge reduziert sich in Tirol um über € 1,28 Milliarden im Jahr 2020.
  • Durch die nur langsame Erholung der internationalen Tourismusnachfrage belaufen sich die Einbußen in der Wintersaison 2020/2021 immer noch auf rund € 1,9 Milliarden und in der Sommersaison 2021 auf € 596 Millionen.

Pessimistisches Szenario

Das pessimistische Szenario geht davon aus, dass mit Juni 2020 die Nächtigungen österreichischer Gäste in Tirol 50% erreichen und im Laufe der Sommersaison bis Oktober 2020 auf 70% steigen. Für die anderen Zielmärkte hingegen steigen die Nächtigungen lediglich auf 10% bis zum Ende der Sommersaison. In der Wintersaison 2020/21 erreicht das Niveau der Nächtigungen österreichischer Gäste 90%. Das Niveau der Übernachtungen aus den restlichen Märkten (mit Ausnahme von Italien, für das zu Beginn der Wintersaison 2020/21 noch stärkere Rückgänge erwartet werden) pendelt sich hingegen auf lediglich 30% ein. Im pessimistischen Szenario wird davon ausgegangen, dass auch die Sommersaison 2021 massiv betroffen ist. Die Anzahl österreichischer Gästenächtigungen steigt auf 100%, die übrigen Zielmärkte erreichen 50%.

Auswirkungen: 

  • Im pessimistischen Szenario ergibt sich für das Kalenderjahr 2020 ein Verlust von rund € 4,8 Milliarden an Bruttowertschöpfung in Tirol, davon entfallen rund € 3 Milliarden auf die Sommersaison.
  • Im Wirtschaftssektor „Beherbergung und Gastronomie“ reduziert sich die Wertschöpfung im Jahr 2020 um fast € 2 Milliarden, im Handel um € 593 Millionen und im Bereich der Verkehrswirtschaft in Höhe von rund € 478 Millionen.
  • Im Sektor „Herstellung von Waren“ reduziert sich Bruttowertschöpfung um ca. € 329 Millionen und in der Bauwirtschaft um rund € 198 Millionen im Jahr 2020.
  • Insgesamt gehen durch den Nachfrageausfall unmittelbar im Jahr 2020 über 42.500 Arbeitsplätze in Tirol verloren.
  • Das Aufkommen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträge reduziert sich in Tirol um über € 1,7 Milliarden im Jahr 2020.
  • Durch die anhaltende Schwäche der Tourismusnachfrage belaufen sich die Einbußen in der Wintersaison 2020/2021 immer noch auf rund € 4 Milliarden und in der Sommersaison 2021 auf rund € 1,65 Milliarden.

Präsident Walser zusammenfassend: "Langfristig muss es ein Lehre aus der Krise sein, dass es viele Unternehmen gibt, die nicht wirklich stabil dastehen und so es schwer haben, aus dieser Krise wieder herausfinden. Es braucht unbedingt Steuersenkungen für die Wirtschaft."

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