Bezirk Tulln im "Bart-Fieber"
Wurst hat mit gesanglicher Leistung überzeugt; doch Inszenierung hat das ihre zum Sieg beigetragen.
BEZIRK TULLN. War es das Lied oder der "Damenbart"? Ganz Österreich diskutiert über den Sensationserfolg von Conchita Wurst beim Song Contest. Hätte der "Phönix" auch abgehoben und gewonnen, wenn ein junger Mann in Jeans ihn gesungen hätte, oder war es das extravagante Auftreten? Die Bezirksblätter haben sich bei Profis im Bezirk Tulln umgehört, was sie dazu meinen.
Geamtpaket war nicht zu unterschätzen
"Die gesangliche Leistung ist unbestritten gut gewesen, aber das Gesamtpaket nicht zu unterschätzen", so der Tullner Peter Höckner, Obmann des niederösterreichischen Blasmusikverbandes. Dass das Thema gut ist, davon ist Höckner überzeugt: "Endlich wird es in der Öffentlichkeit positiv dargestellt und kann jetzt diskutiert werden."
"Es war einfach an der Zeit für so etwas, ich finde sie toll", sagt Sabine Deschka zum Auftritt von Conchita Wurst. Maximilian Beran ist überzeugt, dass sie "hauptsächlich wegen ihres ganzen Auftretens und ihrer Sympathie gewonnen hat". Sieghartskirchens Musikschul-Chef Andreas Simbeni hat derzeit so viel Arbeit mit der Schule, dass er sich bisher noch keine Gedanken darüber gemacht hat, warum Wurst gewonnen hat. "Das Lied selbst soll gut sein", hat ihm ein Popular-Musiker erzählt.
Gleichheit und Toleranz
Anders Markus Holzer, Leiter der Musikschule in Grafenwörth: "Er steht für Gleichheit und Toleranz und noch dazu hat er einen guten Song gewählt – ein absolut toller Künstler", bringt es Holzer auf den Punkt. Gottfried Brunnbauer von der Musikschule in Sankt Andrä-Wördern: "Die Mischung hat es ausgemacht: Sowohl die gesangliche Leistung als auch die Inszenierung", ist er überzeugt.
Mann sollte eine Meinung haben …
Authentisch soll man sein, privat sowie auch im Berufsleben. Man soll dazu stehen, wie man ist – so wie auch Conchita Wurst, die Sonntagabend abermals auf großer Bühne stand und das Publikum begeisterte. So wie auch ganz Europa und die Welt eine Woche davor beim Eurovisions-Song-Contest.
Im Vorfeld war man sich nicht so sicher, ob dieser Gedanke aufgeht, nur elf Prozent haben bei der Abstimmung der Woche in den Bezirksblättern auf die Wurst getippt. Staunen war die Folge. Doch in noch mehr Staunen versetzt mich, dass Obmänner von Blasmusikvereinen aus dem Bezirk dazu nix "lieber nix sagen möchten". Hallo? Leben wir etwa im Mittelalter? Manche (Junge) sind anscheinend nicht Manns genug ihre Meinung zu vertreten!
Durch Conchita Wurst wurden sich vermutlich viele über Wissenslücken in Sachen Geschlechteridentitäten bewusst. Ein kleines Begriffslexikon:
• Transgender: Überbegriff für alle Phänomene, bei denen Geschlechtergrenzen überschritten werden. Menschen, die sich nicht klar auf eine der Rollen Mann oder Frau festlegen können oder wollen, bezeichnen sich selbst auch als genderqueer.
• Travestie: Eine Kunstform, bei der das andere Geschlecht, meist in parodierter Form, dargestellt wird.
• Drag-Queens: Männer, die sich bei Gelegenheit in parodistischer Manier als oftmals extrem überzeichnete Frau verkleiden.
• Transvestiten/Crossdresser: Menschen, die Kleidung des anderen Geschlechts anziehen, jedoch nicht (unbedingt) an ein Leben im anderen Geschlecht denken.
• Intersexualität: Ein intersexueller Mensch kann genetisch, anatomisch oder/und hormonell nicht einem Geschlecht zugeordnet werden.
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