Bezirksgericht Tulln
"Wut-Opa" fährt den Ellbogen aus
Hitzige Auseinandersetzung: 60-jähriger Pensionist auf der Anklagebank am Tullner Bezirksgericht.
BEZIRK TULLN. Im äußersten Zweifel rechtskräftig freigesprochen wurde ein 60-jähriger Pensionist, der sich wegen Körperverletzung am Bezirksgericht in Tulln verantworten musste. Er soll Frau K. mit seinem Ellbogen gegen den Brustkorb geschlagen haben, woraufhin sie zu Boden ging. Eine Brustkorb- und Schädelprellung waren die Folgen. Äußerliche Wunden waren jedoch nicht erkennbar.
Hecke stutzen
Es war der 11. März, als Familie K. entschied, die Thujenhecke ihres Gartens vom Gemeindegrund aus zu schneiden. Kurzerhand wurden zwei Hocker aufgestellt, ein 4,5 Meter langer Holzpfosten draufgelegt, um den Platz freizuhalten. Nachdem das Ehepaar – die Gattin wurde von einer Therapieeinheit abgeholt – zu Hause ankam, waren die Sachen verschwunden, der Pfosten lag in einem fremden Garten. Also wurde alles wieder aufgestellt. Die beiden hüpften in die Arbeitskleidung und bewaffnet mit Kabeln, Schere und Leiter ging es daran, das Projekt "Hecke stutzen" durchzuführen.
Lenker blieb stehen
"Der Herr ist geradewegs auf uns zugefahren. Der fährt uns über den Haufen, hab ich geglaubt", erinnert sich die 70-jährige Frau, dass sie auf die linke, ihr Mann samt 2,5 Meter langen Leiter auf die rechte Seite gehüpft ist. Der Autofahrer blieb stehen, sie habe an das Fenster geklopft. Sie wollte wissen, warum der Mann Hocker und Brett entfernt hatte.
Der 60-jährige L., der sich zu diesem Zeitpunkt im Auto befand, habe geschimpft: "Ihr Depperten". Dann habe er die Autotür geöffnet, die Pensionistin sei zurückgewichen:
"Und dann hat sich der vor mir aufgepflanzt und gerufen: 'Ihr Drecksgsindl, ihr tyrannisiert's alle'.
Und schon hat er mir mit seinem Ellbogen gegen das Brustbein geschlagen", so Frau K., die zu Boden gefallen ist. Keine Luft habe sie bekommen und schlecht sei ihr geworden. Ihr Mann hat den Angriff beobachtet: "Ich hatte Angst, dass L. auch noch mit den Füßen auf meine Frau eintritt, so aggressiv wie der war".
"Stehen Sie auf, Sie Simulantin, Sie haben eh nichts",
soll L. gerufen haben, der den Tathergang allerdings anders beschrieb. Herr und Frau K. hätten auf sein Auto eingeschlagen, die Frau ihn dann sogar noch auf die Brust. Das wollte er ändern, indem er die schmächtige Frau mit seinem Bauch anstupste. Danach hätte sie so getan, als würde sie niederfallen, "dann hat sie geschrien".
Hitzige Auseinandersetzung
Das Angebot von Richter Markus Zellinger, einer Diversion zuzustimmen (700 Euro Geldbuße und 200 Euro Schadensgutmachung) stimmte der Angeklagte nicht zu. Mit einem "Freispruch im äußersten Zweifel" (rechtskräftig) wurde die Verhandlung von Richter Markus Zellinger abgeschlossen.
"Es war sicher eine sehr hitzige Auseinandersetzung, die so nicht hätte stattfinden müssen. Die Situation haben Sie sicher hervorgerufen",
sagt er zum 60-Jährigen. Auch am Bezirksgericht hätte es den Anschein gehabt, dass er schnell aggressiv werde, hingegen glaubt er nicht, dass das Ehepaar K. schnell aggressiv wird.
Das Problem sei auch die fehlende objektivierende Verletzung, es gäbe keine weiteren Fotos/Unterlagen, die beweisen würden, dass der Schlag gegen den Brustkorb passiert und die Folge eine Rötung oder blauer Fleck war.
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