Wichtiger Feiertag
Kärntner Slowenen wünschen sich 10. Oktober wie 1920

- Wer ist heutzutage ein Kärntner, wer ein Österreicher?
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Für die Volksgruppe der Kärntner Slowenen hat der 10. Oktober einen besonderen Stellenwert. Trotzdem sind 105 Jahre nach der Kärntner Volksabstimmung immer noch viele Fragen offen und Gesetze nicht umgesetzt.
VILLACH, VILLACH LAND. Am 10. Oktober 1920 hat die Mehrheit der Kärntner und der Großteil der Kärntner Slowenen im Rahmen der Kärntner Volksabstimmung für den Verbleib des Abstimmungsgebietes Kärntens bei Österreich gestimmt. Am 16. Juli dieses Jahres trat der Vertrag von Saint-Germain in Kraft, der der autochthonen Volksgruppe (der Kärntner Slowenen, Anm.) verfassungs- und völkerrechtlich abgesicherte Rechte zusicherte. Diese Rechte, die bis dato gelten oder – treffender gesagt – gelten müssten, umfassen vor allem den Schutz und die Förderung ihrer (der slowenischen, Anm.) Sprache, Kultur und Identität, die durch den Staat und die Landespolitik gewährleistet werden sollen. Die spezifischen Rechte und ihr Umfang sind in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen verankert – unter anderem im österreichischen Volksgruppengesetz. Pünktlich zum 105-jährigen Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung schaut sich MeinBezirk.at mit Volksgruppenvertretern an, wie es heute um diese Rechte steht. Denn eines ist klar: Diverse Ortstafelstreits, Ustascha-Treffen und Peršmanhof-Causae später, sind nach wie vor unzählige Fragen, Umsetzungen und Zugeständnisse offen.

- "Man kann Sprache, Kultur und Identität nicht alleine mit Fremdsprachenunterricht retten!" – Marjan Štikar
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"Liegen im Totenbett"
Wenn man mit Marjan Štikar, künstlerischer Leiter vom Kulturverein Rož in St. Jakob im Rosental, geht, dann liegen viele der noch existierenden Kärntner Slowenen längst im Totenbett. "Ich bin eigentlich nur slowenisch aufgewachsen und habe erst in der Schule Deutsch gelernt. Niemand hat später als Erwachsener das Slowenische an die eigenen Kinder weitergegeben – außer mir", kritisiert Štikar: "Wenn das in meiner Generation schon so ist, wie soll es dann weitergehen? Heute ist mehrsprachig absolut Thema. Aber ältere Generationen haben den Druck des Krieges im Rücken. Es gibt Ausnahmen, wie St. Peter im Rosental – da wurde immer Slowenisch gesprochen." Laut Štikar können Sprache, Kultur und Identität mit Fremdsprachenunterricht nicht gerettet werden: "Ich bin leider pessimistisch geworden. Die Geschichte wiederholt sich zwar nicht 1:1, aber damals, in den 1930er-Jahren, hat es ähnlich angefangen wie heute: Junge Leute engagieren sich für Demokratie und gegen Hass. Dann werden sie dafür nieder geprügelt."

- "Ich wurde nicht unlängst erst eingedeutscht, sondern stehe zu meinen Wurzeln!" – Peter Janezic
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"95 Prozent Slowenen"
Peter Janezic ist ein Kärntner Slowene, der aus jener geschichtsträchtigen St. Jakober Familie stammt, auf die unter anderem die Posojilnica Bank und der Hermagoras Verein/Verlag in Klagenfurt zurückzuführen sind. "Der 10. Oktober bedeutet für mich enttäuschenderweise auch, dass Politik und Gesellschaft immer noch darauf vergessen, auf wen Kärnten, wie wir es heutzutage kennen, zurückzuführen ist – nämlich auf die Kärntner Slowenen", betont der Betreiber des familieneigenen Biohofs in Lessach, für den sich die Geschichte sehr wohl wiederholt: "1920 bestand Kärnten zu 95 Prozent aus Slowenen. Damals – lange vor dem Zweiten Weltkrieg – sind unzählige vertriebene Kärntner (Slowenen, Anm.) unter die Partisanen gegangen."

- Im Villacher Stadtgebiet erinnert etwa die Abstimmungsstraße in Maria Gail an die Kärntner Volksabstimmung.
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"Waren zuerst hier"
Die oben angesprochenen Rechte sind laut Janezic immer noch nicht selbstverständlich. "Die Ortstafelfrage ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wie kann man Partisanen kritisieren und Ustascha-Treffen immer noch zulassen? Es ist, als würde Hitler persönlich dort Monologe vortragen", wirft Janezic ein, der sich nicht nur das Volksabstimmungsdenkmal in St. Jakob auf dem Stand von 1920 (ohne Nazi-Namen, Anm.) zurückwünscht, sondern den 10. Oktober generell gerne so feiern würde wie 1920: "Kärnten war und ist das Heimatland der Slowenen. Wir sind nicht aus Südtirol oder dem Kanaltal angereist, sondern waren zuerst hier. Wir fordern auch keine Kompromisse, sondern ausschließlich das, was uns laut Staatsvertrag zusteht – vor allem aber gegenseitigen Respekt!" Und dazu gehört mehr als ein paar zweisprachige Ortstafeln. Janezic: "Vor allem wir waren es, die am 10. Oktober für den Verbleib bei Österreich gestimmt haben, weil uns mehr mit Wien als mit (dem heutigen, Anm.) Laibach verbindet. Würde die Politik zu dem stehen, was uns seit 1920 zusteht, gäbe es die ganzen 'Problematiken' überhaupt nicht!"
"Zu viele Extreme"
Nach wie vor gibt es deutsche und slowenische Extremisten. "Beide Lager sind dafür auf das Heftigste zu kritisieren. Worauf es ankommt, steht schwarz auf weiß im Staatsvertrag", so Janezic abschließend: "Wenn ich dafür kritisiert werde, dass ich rede, wie ich rede, dann sage ich: 'Ich wurde nicht unlängst erst eingedeutscht, sondern stehe zu meinen Wurzeln. Wer ist heute ein Kärntner? Wer ein Österreicher? Eigentlich fordern wir ausschließlich ein Miteinander – ohne Hass, Vorurteile und Feindseligkeit!"

- So stehen Peter Kaiser (SPÖ) und Erwin Angerer (FPÖ) zum Tag der Kärntner Volksabstimmung.
- Foto: Fotomontage: MeinBezirk.at/Helge Bauer/FPÖ Kärnten
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Auch Politik gespalten
"Warum wird der 10. Oktober als Feiertag in Kärnten immer noch so kontroversiell diskutiert und wie soll schlussendlich eine Versöhnung gelingen?" Diese Frage hat MeinBezirk.at Landeshautpmann Peter Kaiser (SPÖ) und FPÖ-Landesparteiobmann Erwin Angerer gestellt.
"Brücke zwischen Gruppen"
Peter Kaiser: "Weil dieser Tag sehr lange als Abgrenzung verstanden wurde, und es Zeit brauchte, um zu erkennen, dass er vielmehr eine Brücke zwischen den Volksgruppen sein kann. Ich denke, dass uns die Versöhnung in hohem Maß bereits gelungen ist. Das Land Kärnten feiert den 10. Oktober als gemeinsamen Erinnerungs- und Gedenktag. Wir haben längst erkannt, dass die Zweisprachigkeit eine Bereicherung ist und dass wir von unserer Vielfalt profitieren – wir dürfen daran nur keine Zweifel aufkommen lassen."
"Alle Verbände einbinden"
Erwin Angerer: "Der Landesfeiertag ist der zentrale Gedenktag für die Selbstbestimmung der Bevölkerung und ein freies und ungeteiltes Kärnten. Versöhnung kann nur gelingen, wenn es einen Dialog mit allen Beteiligten gibt – dazu zähle ich ausdrücklich auch die Traditionsverbände wie den Kärntner Abwehrkämpferbund, den Kameradschaftsbund und den Heimatdienst. Nur wenn diese Organisationen eingebunden werden, kann der 10. Oktober als gemeinsamer Gedenktag aller verstanden werden."





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