Medikamentenengpass
Villachs Ordinationen und Apotheken werden gestürmt
Grippe, grippale Infekte, RS-Virus und Corona: Enormer Ansturm auf Ordinationen und Apotheken in den Bezirken Villach und Villach Land.
VILLACH, VILLACH LAND. Die Grippewelle hat das Land fest im Griff. Bereits seit November kämpfen auch Ärzte und Apotheker aus den Bezirken Villach und Villach Land an allen Fronten, um ihren Patienten Linderung zu verschaffen. „Wir beobachten aktuell ein extrem hohes Aufkommen an viralen, aber auch bakteriellen Infektionskrankheiten“, verrät Ärztesprecher und Allgemeinmediziner Gerd Clement aus Villach: "Diese Kombination sorgt dafür, dass die Infektionen länger andauern. Das verunsichert die Patienten, weshalb die Ordinationen von uns Hausärzten seit Monaten regelrecht gestürmt werden." Und das hat Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Personals, verrät der erkältete Allgemeinmediziner: "Wir sind permanent in Gefahr. Früher haben die Patienten Hausmittel verwendet, heißen Tee und Aspirin eingenommen. Heute kommen sie wegen jedem kleinsten Wehwehchen zu uns und überbevölkern unsere Wartezimmer. Auch meine Ordinationsassistentin ist seit Montag krank!"
"Kostet Zeit und Nerven"
Die Medikamentenengpässe beschäftigen nicht nur die Apotheker (siehe unten), sondern auch die Haus- und Fachärzte. Clement: "Wir stellen ein Rezept aus, der Patient geht damit in die Apotheke und bekommt sein Medikament nicht, weil es aktuell nicht verfügbar ist. Dann kommt er erneut zu uns, um ein anderes Rezept zu erhalten. Das endet in einem enormen Durcheinander, das Zeit und Nerven kostet!"
Appell an Krankenkasse
Auch die Beurteilung, ob die Erkrankung viraler oder bakterieller Natur ist, wird aktuell zum Hürdenlauf. "Eine Blutanalyse dauert eigentlich nur zwei bis drei Minuten. Aber ich darf pro Quartal nur eine gewisse Anzahl an Bluttests ,kostenlos' durchführen", kritisiert Clement: "Dabei müsste die Krankenkasse doch daran interessiert sein, dass wir rasch Bescheid wissen, was wir verschreiben sollen. Das wäre doch im Sinne von Patient und Kasse!"
Der Mix ist das Problem
Wie bereits erwähnt, ist aktuell nicht nur die „echte“ Grippe (Influenza A) das Problem. Hinzu kommen die jetzt sehr verbreiteten grippalen Infekte und das Respiratorische Synzytial-Virus (RS-Virus), das vor allem für Babys und Kleinkinder gefährlich werden kann. Bei den bakteriellen Infektionen sind gerade Angina, Lungen- und Mittelohrentzündung stark verbreitet. "Woran man tatsächlich erkrankt ist und wie man die Symptome am besten bekämpfen kann, ist in jedem Fall erst nach einer ärztlichen Abklärung wirklich klar. Laien können kaum zwischen den einzelnen Krankheitsbildern unterscheiden. Gerade deshalb ist es wünschenswert, dass die Kassen die Bluttests übernehmen", betont Clement.
"Covid-19 nach wie vor da"
Auch Corona mischt immer noch mit. Clement: "Bis vor kurzem haben wir Erkrankte aus China noch ungetestet ins Land reisen lassen. Jetzt hat der Gesundheitsminister zum Glück reagiert. Ich erinnere daran, dass Covid-19 auch hierzulande nicht von der Bildfläche verschwunden ist!" Zum Glück sorgen die Ärzte und Apotheker in unseren Bezirken gemeinsam dafür, dass die Krankheitswelle rollt, ohne uns zu überrollen!
Apotheker setzen auf Alternativen
Aktuell sind die Kärntner Apotheker mit Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Antibiotika konfrontiert. "In den meisten Fällen können wir auf andere Hersteller oder Arzneiformen zurückgreifen, etwa Erkältungssaft statt Tabletten anbieten. Auch für Penicillin gibt es Alternativen", verrät Hans Bachitsch, Präsident der Kärntner Apothekerkammer, der am Villacher Hauptplatz die Kreis Apotheke betreibt. Antibiotika werden bei einer Grippe zwar nicht verschrieben, können aber in der Folge benötigt werden, wenn ein bakterieller Infekt hinzukommt. Bakterielle Infektionen sind Erkrankungen, die durch Bakterien ausgelöst werden. Letztere dringen etwa über die Atemwege, Haut oder durch Einnahme verunreinigter Lebensmittel in den menschlichen Körper ein.
Lieferengpässe und Problemkind Asien
Aufgrund der aktuellen Erkältungswelle sind Engpässe am Transportweg erneut Thema. Bachitsch: "Bei der Arzneistoffproduktion außerhalb von Europa zeigt sich der asiatische Raum als Problemkind. Das betrifft so gut wie alle Arzneimittel, die aus dem fernen Osten in unser Land geliefert werden!"
Ist Maskenpflicht schuld?
Dass gerade die Nachfrage nach Antibiotika der saisonalen Erkältungswelle geschuldet ist, liegt auf der Hand. "Vor und während der Pandemie war das nicht so. Das hängt wohl mit der Maskenpflicht zusammen. Unser Immunsystem war zwei Jahre lang quasi unterfordert. Jetzt muss es wieder trainiert werden – ein Rebound-Effekt!" Nicht nur das Tragen der FFP2-Maske hat einen quasi abgeschirmt, auch die maskierten Mitmenschen haben auf diese Weise deren Viren und Bakterien größtenteils für sich behalten.
"Zu niedrig kalkuliert!"
Der Präsident der Apothekerkammer betont auch, dass die Arzneimittelhersteller für heuer eindeutig zu niedrig kalkuliert haben: Trotz allem hatte die Pandemie etwas Gutes: "Die Verteilung der Arzneimittel wird vom Großhandel jetzt fair geregelt!"
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