Lebenslanges Lernen und Pendeln
Die Arbeitslosigkeit steigt. Wie sieht Ihr Resumee für das abgelaufene Jahr 2014 aus?
Franz Hansbauer: Es war ein schwieriges Jahr, allerdings konnten wir im Bezirk Voitsberg die Härten etwas abfedern und liegen knapp unter dem Steiermark-Durchschnitt. Die Steigerung der Arbeitslosenzahlen fiel zuletzt etwas weniger drastisch aus als in anderen Bezirken.
Liegt der Bezirk Voitsberg nun im Trend?
Hansbauer: Ja und nein. Insgesamt schon, aber beim Vergleich der Geschlechter stelle ich eine Besonderheit fest. Während landesweit die Arbeitslosigkeit bei den Frauen um 4,5% und den Männern um 7,8% gestiegen ist, läuft es bei uns genau umgekehrt. Bei den Frauen stieg die Zahl um 100%, bei den Männern nur um 1,9%.
Was sind die Gründe für diese Besonderheit?
Hansbauer: Ich kann da nur mutmaßen. Bei den Lebensmittelmärkten dürfte es eine Bereinigung geben, die schossen zuletzt wie Schwammerln aus dem Boden, hier kam es sicher zu Einsparungen, ebenso wie bei den Reinigungsfirmen. Und in typischen Männerberufen wurden auch vermehrt Frauen freigesetzt.
Gibt es etwas, was Sie freut?
Hansbauer: Ja. Wir konnten die Situation bei den Unter-25-Jährigen stabilisieren, da gab es kaum Steigerungen, obwohl die Zahl der freien Stellen sank. Zum Glück haben wir einen hohen Einschaltgrad von Betrieben, mit denen eine perfekte Zusammenarbeit herrscht. Wir informieren umfassend über Möglichkeiten von Schulungen und Stiftungen.
Und was macht Sorgen?
Hansbauer: Die Situation bei den Über-50-Jährigen ist nicht gut. Hoffnung gibt, dass der Bund für diese Gruppe bis 2016 sehr viel Geld in die Hand nimmt. So zahlen Betriebe für neu eingestellte Über-50-Jährige in den ersten drei Monaten nur für ein halbes Monat die Lohn-Nebenkosten, den Rest übernimmt das AMS. Und das ohne Behaltefrist. Nur die drei Monate sind verpflichtend, sonst gibt es aliquote Abschläge. Besorgt bin ich auch über die Situation bei den Ausländern, da stieg die Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr um 29,2%.
Blicken wir nach vorne: Was sind die AMS-Schwerpunkte für 2015?
Hansbauer: Erstens haben wir die Schulungslandschaft umgestaltet. Es gibt keine massenhaften Schulungen mehr, sondern sie sind zielgerichtet auf Höherqualifzierung auf. Allerdings auf freiwilliger Basis, mit Zwang geht gar nichts. Zweitens plädieren wir für die Early Intervention. Das heißt die Betreuung ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit. Denn je länger man arbeitslos ist, desto schwieriger wird es, wieder eine Arbeit zu finden.
Haben Sie Wünsche für das neue Jahr?
Hansbauer: Ja. Die Bereitschaft, Lehrlinge auszubilden, müsste wieder steigen. Denn die Zahl der Lehrbetriebe und der Lehrlinge sinkt: 2009 bildeten noch 225 Betriebe 617 Lehrlinge aus, 2013 waren es nur noch 193 Betriebe mit 530 Lehrlingen. Ein Problem ist neben dem Bedarf an hochqualifizierten Kräften auch die enorm unterschiedliche Höhe der Lehrlingsentschädigung. Mein zweiter Wunsch betrifft die Arbeitssuchenden: Sie müssen erkennen, dass es im Bezirk nicht mehr genügend Arbeitsplätze gibt und dass Pendeln fast schon eine Selbstverständlichkeit ist. Lebenslanges Lernen und die Pendelbereitschaft sind heute Grundvoraussetzungen, um einen Job zu bekommen.
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