Anno 1930
Wampelerreiten: Die Begeisterung ist groß und allgemein
Der folgende Text stammt vom März 1930 und ist in den „Tiroler Heimatblättern“ erschienen. Inhalt: „Die Wampelerreiter – ein Faschingsbrauch in Axams und Umgebung. Mitgeteilt von Ernst Pregenzer.“
Der Text, den wir hier im Original (inkl. Der damaligen Rechtschreibung) wiedergeben, wurde uns von Bezirksblätter-Leserin Elisabeth Zorn zur Verfügung gestellt:
Kampfspiel
Wohl nirgends in Tirol, außer vielleicht in Imst und Telfs, wird an alten Faschingsbräuchen so zäh und leidenschaftlich festgehalten wie in Axams. Eine Besonderheit ist das Wampelerreiten, das nur noch in Götzens, Grinzens und in Sellrain stark im Schwung ist Es ist ein ausgesprochenes Kampfspiel.
Frauenunterrock
Bekleidet sind die Wampeler mit einem roten Frauenunterrock, den sie über den gewöhnlichen langen Hosen tragen, die über den festen Schuhen mit Stroh zusammengebunden wird. Der Unterrock wird von einem alten Ledergurt gehalten. Darüber tragen sie ein weißes, grobes Leinenhemd, daß am Rücken besonders dick an der Brust und den Ärmeln mit Heu ausgepolstert wird. Daher haben sie auch den Namen.
Knüppel in der Hand
Das Gesicht wird entweder von einer alten Holzlarve oder einer gekauften Papier-, oder Drahtlarve bedeckt, denn man soll die einzelnen nicht erkennen. Die Kopfbedeckung ist verschieden. Manche tragen spitze, kegelförmige Tüten aus Pappe, andere alte Hüte und dergleichen. Zu dieser Ausrüstung kommt noch ein Knüppel, der in der rechten Hand getragen wird.
Kräftige Männer
Nach Lichtmeß wird um 4 Uhr nachmittags jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag ausgerückt. Es gehen immer ihrer mehrere, alles kräftige Männer. Ausgegangen wird vom Gasthof Tollinger, dem Schleicherwirt.
Schneuztüchltuxer
Der Gruppe voran tänteln meist ein oder zwei Schneuztüchltuxer mit der langen Geißel, mit der die Leute aus den Häusern gelockt werden. Die Wampeler schleichen vorsichtig, mit dem Rücken an den Wänden streifend, weiter, denn solange ihr Rücken gedeckt ist, darf ihnen niemand was tun. Wo keine Wände, Zäune oder Hausbänke sind, laufen sie, sich immer drehend und ihren Stock als Taster und Abwehrmitte gebrauchend, über den Weg bis zum nächsten Zaun oder Haus.
Zum Angriff
Nun haben die Zuschauer, die nun Mitwirkende werden, Gelegenheit, die Wampeler anzugreifen. Aus den Zuschauern springt ein Menn auf einen Wampeler los und sucht ihn mit einem Riß rücklings auf den Boden werfen, und zwar möglichst in den Schmutz, damit sein reinweißes Hemd ein Mal bekommt, damit jeder sieht, daß er schon zu Boden geritten wurde.
Raufen verboten
Dabei darf aber nicht gerauft werden. Bringt der Reiter ihn nicht gleich zu Boden, so muß er ihn auslassen und der Wampeler flüchtet sich zu einem Zaun oder Haus. Daß dabei nicht immer sanft umgegangen wird, läßt sich denken, so dass Verletzungen und Brüche nicht selten sind. Die Wampeler müssen zweimal auf einem weiten, bestimmten Weg um das ganze Dorf herum, immer von Reitern angegriffen.
Held des Tages
Wer ohne Makel zweimal um das ganze Dorf herum kommt, was nicht allzu häufig vorkommt, ist der Held des Tages und steigt in der Wertschätzung. Beim Tollinger finden sich nun Wampeler und Reiter zusammen. Oft wird von den siegreichen Reitern den ermüdeten Wampelern eine Stärkung gezahlt.
Die Beteiligung wie Begeisterung ist groß und allgemein.
Am Unsinnigen geht's los
Wieder zurück in die Gegenwart: Das Wampelerreiten findet nicht mehr dreimal pro Woche um 4 Uhr nachmittags statt, dafür aber am Unsinnigen Donnerstag sowohl in Axams als auch in Grinzens. In beiden Orten gibt es auch einen Umzug - und alle Interessierten sind herzlich willkommen.
Mehr über das Wampelerreiten finden Sie auf unserer Themenseite auf www.meinbezirk.at/westliches-mittelgebirge
Weitere Infos: www.wampelerreiten.at
Weitere Berichte: www.meinbezirk.at/westliches-mittelgebirge
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