Missbrauch durch Wiener Lehrer
Beweismittel nach Hausdurchsuchung entwendet?
Der Skandal um jenen Wiener Sportlehrer, der Dutzende Buben im Alter von neun bis 14 Jahren missbraucht haben soll, zieht weitere Kreise. Bei einer Hausdurchsuchung sollen diverse Räume unberücksichtigt geblieben worden sein. Zudem soll ein mutmaßlicher Komplize einen Spind leergeräumt und so möglicherweise Beweismaterial beiseite geschafft haben.
WIEN. Es handelt sich womöglich um eines der größten Missbrauchsskandale der letzten Jahre. Ein mittlerweile verstorbener Sportpädagoge soll seit 1996 mindestens 40 Schüler im Alter von elf bis 14 Jahren sexuell missbraucht haben. Hilfe soll er dabei von zwei Komplizen bekommen haben – die BezirksZeitung berichtete (siehe unten). Nun wurden weitere Details zur Missbrauchs-Causa bekannt.
Einen konkreten Beleg dafür gebe es zwar nicht, aber wie die APA am Montag, 3. Oktober, berichtete, soll es bei einer Hausdurchsuchung bei dem Pädagogen im Frühjahr 2019 zu Ungereimtheiten gekommen sein. Dabei sollen Keller, der Pkw und die Räumlichkeiten des Lehrers an seiner Schule unberücksichtigt geblieben sein. Seitens der Landespolizeidirektion blieb eine APA-Anfrage zur Hausdurchsuchung vorerst unbeantwortet.
Spind und weitere Räumlichkeiten nicht untersucht
So wurde es nach APA-Informationen unterlassen, im Spind des Lehrers und in einer neben der Turnhalle gelegenen und von ihm in eine „Chill-Out-Zone“ umgewandelten früheren Schulwartwohnung nach kinderpornografischem Material zu suchen.
In der Wohnung des Mannes wurde jedenfalls in Fülle einschlägiges Material sichergestellt – wie sich im Zuge der Erhebungen herausstellte, hatte der Pädagoge, der seit 1996 als pragmatisierter Beamter an einer Mittelschule mit Schwerpunkt Sport beschäftigt war, Nacktbilder bzw. -aufnahmen seiner Schüler angefertigt, die das teilweise gar nicht mitbekommen hatten, weil sie womöglich mit K.-o.-Tropfen oder Ähnlichem betäubt wurden.
Belastendes Material weggeschafft?
Doch nicht genug: Kurz nach dem Suizid des Lehrers im Mai 2019 tauchte ein enger Bekannter des Pädagogen in der Schule auf und soll nach APA-Informationen dessen Spind geleert und den Inhalt mit einem Auto weggebracht haben. Bei dem Mann handelte sich ausgerechnet um einen engen Freund des Sportlehrers. Gegen ihn wurde letzte Woche von einem Opfervertreter-Team eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses eingebracht.
Er und ein weiterer Bekannter des Lehrers, der als Basketballtrainer in einem Sportverein tätig war, wo der Pädagoge eine führende Funktion innehatte, werden in der Sachverhaltsdarstellung als mögliche Mittäter bezeichnet. Für beide gilt die Unschuldsvermutung. Auf APA-Anfrage hieß es am Montag seitens der Staatsanwaltschaft Wien, die Anzeige werde noch geprüft. Ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, sei noch offen.
Hilfe für Betroffene
Ehemalige Schülerinnen und Schüler, die zum Fall Fragen haben, sich austauschen wollen oder psychosoziale Beratung und Unterstützung benötigen, können sie an einer der folgenden Anlaufstellen wenden:
- Schulpsychologischer Dienst: 01 525 25 - 77550 und an schulpsychologie@bildung-wien.gv.at
- Kinder- und Jugendanwaltschaft: 01 4000 85920 und an post@jugendanwalt.wien.gv.at
- Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien: 01 4000 8011 und an service@ma11.wien.gv.at
Falls du Informationen oder Hinweise hast, kannst du dich direkt an die genannte Untersuchungskommission per E-Mail unter kommission@bildung-wien.gv.at wenden. Dies geht selbstverständlich auch anonym.
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