Ausstellung in Wien
Fotos über Hamas-Terror sollen Leid greifbar machen
Die Ausstellung "Der siebente Oktober" zeigt Bilder des israelischen Fotojournalisten Ziv Koren. Sie entstanden unmittelbar nach der Terrorattacke der Hamas. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) besuchte zusammen mit IKG-Präsident Oskar Deutsch und dem Botschafter von Israel David Roen die Schau.
WIEN/LEOPOLDSTADT. Als am 7. Oktober 2023 immer mehr Nachrichten eingingen, dass im Süden Israels ein Terrorakt im Gange ist, setzte sich Ziv Koren auf sein Motorrad. Umgehend machte sich der israelische Fotojournalist auf, um die schrecklichen Bilder des Tages einzufangen. Sie sollten Zeugnisse für die Nachwelt sein, welchen schwarzen Tag unzählige Familien und ganz Israel erleben musste.
Eine Auswahl genau dieser Bilder ist bis 24. Juni im Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung (Jife) zu sehen. Abgelichtet wurden leere Räume mit Einschüssen in den Wänden, zerstörte Gebäude und chaotisch zurückgelassene Orte, an denen eigentlich Familien leben.
Auch Bilder von ermordeten Opfern des Hamas-Angriffs wurden aufgehängt. Es sollten Opfer von laut israelischen Angaben über 1.200 Toten sein. Tausende wurden beim Angriff verletzt. Von 240 Verschleppten konnten 130 Menschen nach wie vor nicht nach Hause. "Der 7. Oktober ist gleich einprägsam geworden wie das Datum 11. September. Diese Fotos in der Ausstellung können uns helfen, etwas Unbegreifliches ein Stück weit besser zu verstehen", versichert Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG).
Auch wenn manches Bild beim Betrachter Entsetzen auslösen können, Deutsch erklärt, dass der Fotojournalist Koren sehr respektvoll mit den Opfern umgegangen ist. "Es geht hier nicht darum, zu schockieren, sondern etwas Furchtbares zu erklären. Anders als bei der Hamas, die Fotos von zerstückelten Leichen zeigen."
"Stets gegen Antisemitismus"
Die Ausstellung wurde am 13. Mai eröffnet, in Israel feiert man an diesem Tag "Jom haAtzma’ut". Es ist das Gedenken an jene Soldaten, die für Israel ihr Leben ließen. Und an jene, die Terroranschlägen zum Opfer wurden. Für Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gibt es ein starkes Band zwischen Österreich und Israel: "Es hat auch Anschläge auf Jüdinnen und Juden in Wien gegeben. Zum Beispiel 1981, als Stadtratsmitglied Heinz Nittel (Anm. Red.: SPÖ) vor seinem Haus kaltblütig ermordet wurde. Von daher verbindet uns viel mit den Ereignissen in Israel. Auf diesen Fotos sieht man Orte der Abwesenheit, Orte, die nie wieder mehr so sein werden."
Für den blutigen Angriff durch die Hamas auf Israel gibt es laut Ludwig "keine Entschuldigung. Wir stehen auf der Seite dieser Opfer", macht Ludwig klar. Man gehe aber auch entschlossen gegen den vorhandenen Antisemitismus vor, der in Europa derzeit um sich greift, so der Bürgermeister. Als Stadt Wien sei man bemüht, die Rahmenbedingungen für die "sehr kleine, aber sehr lebendige jüdische Gemeinde", so zu gestalten, dass diese aufblühen kann.
IKG-Präsident Deutsch verspricht sich viel von diesen Worten: "Wir brauchen im Kampf gegen den Antisemitismus jeden und jede. Im alltäglichen Handeln, im politischem Betrieb, von Exekutive, über Judikatur bis zur Kunst. Es darf keinen Raum für Antisemitismus geben. Noch nie war dies so wichtig, bis jetzt."
"Erinnern, worum es hier geht"
Auch der israelische Botschafter in Österreich, David Roet, stellt klar, dass es auch in Wien aktuell Antisemitismus gibt: "Zu sehen ist dieser etwa bei den Graffiti-Beschmierungen zuletzt im 2. Bezirk. Wo Menschen, die jüdischen aussehen, Angst haben. Es ist traurig, wie wenig Menschen aus der Geschichte gelernt haben. Danke Herr Bürgermeister jedoch für ihre starken Worte gegen Antisemitismus."
Gerade deshalb sei es wichtig, den Menschen zu erklären, was am 7. Oktober passiert ist. Und hier helfen die Bilder von Koren. Ja, die Bilder könnten den ein oder anderen verstören, aber: "Ich hatte die Aufgabe, Fotos und Videos vom 7. Oktober an Journalisten und ausländische Staatsgäste zu zeigen. Glauben Sie mir, was Sie hier sehen, ist nichts im Vergleich zu diesem Material." Aber auch zu den Bildern in der Ausstellung gibt es zahlreiche Geschichten, die Roet persönlich kennt: "Etwa von Kindern in einem Kibbutz. Die versucht haben, eine Tür zuzuhalten, während – entschuldigen Sie den Ausdruck – vor der Tür sich ein barbarischer Terror abspielte"
Kritik an mancher Handlung Israels zu äußern, sei legitim, so der Vertreter seines Landes. Es sei aber wichtig zu verstehen und sich erinnern, um was es gehe, so Roet: "Wir werden nicht aufhören, unsere verschleppten Mitbürger zurückzuholen. Aus ihren Löchern, in denen sie entführt wurden, in denen sie nicht einmal atmen können." Und er stellt gegenüber der Propaganda der Hamas klar: "Jene Menschen, die mit Bodycams beim Massaker dabei waren und jene, die diese Bilder in den sozialen Netzwerken gefeiert haben, diese Leute bereuen es jetzt. Wie jene, die auch den Holocaust bereuten."
Ausstellung bis Ende Juni
Die Ausstellung "Der Siebente Oktober" des Fotojournalisten Ziv Koren ist noch bis 25. Juni 2024 im Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung, Praterstern 1, zu sehen. Eintritt gibt es kostenlos, jeweils von Montag bis Donnerstag, 9 bis 13 Uhr. Ausnahmen sind jüdische und staatliche Feiertage. Kontakt und Infos: 01/891 741 530 00
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