Wiener Aktion "Alles gurgelt!"
Lifebrain-Labor ist für Omikron gerüstet
In den meisten Bundesländern gibt es Probleme mit PCR-Tests, sie sind schwer erhältlich und die Ergebnisse brauchen viel zu lange. Nur in Wien funktioniert das System bisher gut. Bleibt das auch während der Omikron-Welle so?
WIEN. Nirgends wird im Kampf gegen Corona so viel PCR-getestet wie in Wien. Einen "Testrekord" vermeldete kürzlich Mario Dujaković, der Mediensprecher von Wiens Gesundsheitstadtrat Peter Hacker, via Twitter. Allein 486.607 Corona-Tests wurden am 11. Jänner in Wien durchgeführt, fast alle davon (483.042) waren PCR-Tests. Das war aber ein Höchststand, ansonsten werden zirka 300.000 Tests pro Tag durchgeführt.
Diskussion um Wohnzimmertests
Wegen der aktuellen Corona-Zahlen kamen zuletzt Diskussionen auf, ob man wieder verstärkt auf die weniger aussagekräftigen, jedoch schneller auswertbaren, Wohnzimmertests setzen sollte. Die Stadt Wien hält davon nichts, man setzt hier weiter auf PCR-Testungen – die BezirksZeitung berichtete. Aber kann Wien sein PCR-Testsystem auch während der heran rollenden Omikron-Welle mit ihren sehr hohen Fallzahlen aufrecht erhalten?
Viel Luft nach oben
Ja, wenn es nach Michael Havel geht. Er ist der Geschäftsführer des Labors Lifebrain, das im Rahmen der Aktion "Alles gurgelt!" die allermeisten PCR-Tests in Wien auswertet. "Wenn über zehn Prozent aller einlangenden Tests positiv wären, müsste man sich etwas überlegen. Dann könnten wir nicht mehr alle testen", so Havel gegenüber der BezirksZeitung. Zehn Prozent Positivitätsrate wären ziemlich viel, zum Vergleich: zwischen 10. und 13. Jänner waren durchschnittlich 2,57 Prozent der Tests positiv.
Man könnte in diesem Fall etwa nur mehr Tests für gewisse kritische Bereiche anbieten, für Schulen, Krankenhäuser, die Polizei oder Risikogruppen. "Aber davon ist in Wien momentan wirklich nicht die Rede", sagt er beschwichtigend.
Vorräte für acht Wochen
Generell sind die Testmöglichkeiten von Lifebrain enorm, pro Tag kann man 800.000 Tests durchführen. "Wir haben auch ein externes Logistiklager in Schwechat, in dem wir Material für acht Wochen lagernd haben", so Havel.
Das ist auch notwendig, für viele Produkte gebe es aktuell Beschaffungsprobleme. So fehlt es laut Havel zum Beispiel an Pipettenspitzen oder an chemischen Stoffen, die man für PCR-Tests braucht: "Wir schauen uns auf der ganzen Welt um, von China bis Amerika, um diese Produkte zu kriegen." Das riesige Lager in Schwechat hilft deshalb, diese Probleme abzufedern – selbst ohne Nachschub könnte man in Wien problemlos für acht Wochen weiter testen.
Kein Mangel bei den Gurgeltests
Zwar berichtete ORF Radio Wien kürzlich, dass die Wienerinnen und Wiener ihre Tests gerne zuhause horten. Bei den Gurgeltests, die man in Wien bei jedem BIPA abholen kann, herrscht jedoch kein Mangel. Allein neun Millionen Tests liegen entweder bei den registrierten Nutzerinnen und Nutzern der "Alles Gurgelt!"-Plattform zuhause oder in Wiener Unternehmen, die ihr Personal damit testen.
Die Testkits werden von Lead Horizon produziert, einem Subunternehmen von Lifebrain. "Lead Horizon hat mehrere Firmen, die die Testkits zusammensetzen. Also die Säckchen, Strohhalme und anderen Materialien kommen von mehreren Anbietern", sagt Havel. Selbst wenn da eine Firma Engpässe hätte, würde das von den anderen aufgefangen: "Auch bei den 'Alles gurgelt!'-Testkits gibt es deshalb keine Mangelerscheinungen."
Materialsparen für Logistik und Umwelt
Trotzdem sind die Testkits zuletzt etwas kleiner geworden, was zwei Gründe hat: "Erstens spart das Material und ist umweltfreundlicher. Und zweitens sind die Schachteln leichter zu transportieren, wenn sie kleiner sind", erklärt Havel.
In der aktuellen Lage in anderen Bundesländern einzuspringen und die PCR-Testungen dort durchzuführen, das kommt momentan für Havel nicht in Frage. "Wien hat Vorrang", stellt er klar.
Würde es aber seitens des Bundes eine neue Ausschreibung geben, in der unter anderem eine Vorlaufzeit von etwa rund zehn Wochen eingeplant wäre, würde man sich das vielleicht überlegen. "Natürlich könnten wir österreichweit Labors einrichten. Aber das geht nicht von heute auf morgen, das braucht viel Zeit, Geld und Know-How", sagt Havel.
Mit Blick in die Zukunft
Allein die Einrichtung der Labore kostete Lifebrain zu Beginn 65 Millionen Euro, die Anschaffung des Lagers in Schwechat nochmals 30 Millionen. "Das sind beträchtliche Summen und muss erst einmal gestemmt werden können", so Havel. Hier half aber, das man nicht bei Null anfing – Lifebrain ist das Tochterunternehmen einer großen italienischen Firma, die über 300 Labors in unserem südlichen Nachbarland betreibt. Laut Lifebrains Businessplan sollte sich das Unternehmen nach fünf Jahren rentieren, ausgehend von der Gründung im Dezember 2020.
Ist die Pandemie vorüber, soll das aber für Lifebrain nicht das Ende bedeuten. "Wir sind gekommen, um zu bleiben", sagt Havel. Man wolle die Labore dann für andere Zwecke umrüsten, etwa für andere Infektionskrankheiten und Umweltanalytik. "Man kann auch Wasser, Lebensmittel oder Abfälle mit PCR-Testungen analysieren. Auf so etwas wollen wir umschwenken, wenn es soweit ist", so Havel.
Bis es soweit ist und die Pandemie endet, gibt es für Lifebrain aber wohl auch in Wien mit den PCR-Testungen noch mehr als genug zu tun.
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