Wie kann Gewalt gegen Frauen und Kinder verhindert werden?
Jede fünfte Frau in Österreich ist körperlicher oder sexueller Gewalt ausgesetzt. Der Verein „Autonome Österreichische Frauenhäuser“, die Volksanwaltschaft und die MedUni Wien fordert die Regierung zum Handeln auf und setzen auf Prävention.
WIEN. „Was sind uns Frauen in dieser Gesellschaft wert?“ fragt Maria Rösslhumer vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser. Die Frage scheint berechtigt. Laut dem Jahresbericht der Wiener Inventionsstelle gegen Gewalt gab es 2017 knapp 19.000 Opfer familiärer Gewalt - rund 83 Prozent der betreuten Klientinnen waren weiblich. In 88 Prozent der Fällen war der Gefährder männlich. „Das ist ein dringender Appell an die Regierung, das Ausmaß der Gewalt an Frauen und Kindern ernst zu nehmen“, so Rösslhumer weiter.
Frauen, Kinder und Jugendliche von häuslicher Gewalt betroffen
Eine von fünf Frauen, die in Österreich lebt, ist körperlicher oder sexueller Gewalt ausgesetzt. Bei gewalttätigen Übergriffen in den eigenen vier Wänden seien laut Studien in 70 – 90 Prozent der Fälle auch Kinder und Jugendliche (mit-)betroffen, so die Gerichtsmedizinerin und Universitätsprofessorin Andrea Berzlanovich.
Kinder würden Gewalttaten an Frauen sehen und hören und sich Gedanken dazu machen, die häufig auch die Frage nach der eigenen Mitschuld aufwerfen. In den wenigsten Fällen rufen sie jedoch extern um Hilfe, so Berzlanovich.
Häusliche Gewalt kann Kinder in ihrer physischen, psychischen und sozialen Entwicklung einschränken. In späterer Folge übernehmen Kinder oft die Verhaltensweisen der Eltern. So neigen Mädchen dazu, selbst einen gewalttätigen Partner zu tolerieren, während Buben später gewaltbereiter sind.
Rekord bei Morden an Frauen
Die Kriminalstatistik aus dem Jahr 2017 belegt die Vorwürfe der Organisationen:
77 Frauen wurden im letzten Jahr in Österreich Opfer eines Mordes oder eines Mordversuchs mit männlichem. Trauriger Rekord: In Österreich gibt es EU-weit die meisten Morde an Frauen.
1.275 Anzeigen wegen Vergewaltigung oder sexuellen Missbrauchs.
Zwei Drittel aller Tötungs-, Körperverletzungs-, sexueller Übergriffs- und Raubanzeigen sind Beziehungstaten.
Forderungen zur Prävention
Um die Thematik rund um die Gewalt gegen Frauen, Kinder und Jugendliche zu Enttabuisieren, fordern Volksanwaltschaft, MedUni Wien und der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, mehr Aufmerksamkeit darauf zu legen. Sie nennen vier konkrete Forderungen:
- Verstärkung der Prävention im Bildungssystem, Vereinen, Bezirken und Gemeinden. Bewusstseinsbildung und Aufklärung kann dazu beitragen, dass im Ernstfall jeder weiß, wie man sich als Ansprechpartner verhalten kann und wie Hilfe geholt werden kann.
- Eine eigenständige Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche.
- Verstärkung der opferschutzorientierten Täterarbeit. Dazu gehört ein bundesweiter Ausbau an Anti-Gewalttrainings und die Zusammenarbeit von Opferschutzeinrichtungen und Männerberatungsstellen.
- Prävention durch einschlägige Schulungen und Fortbildungen. Besonders im medizinischen Bereich müssen gewaltbedingte Verletzungen und Beschwerden als solche erkennt und sensibel angesprochen werden sowie gerichtsverwertbar zu dokumentieren.
„Es braucht eine echte Gleichstellung zwischen Frauen und Männern, denn solange es diese nicht gibt, wird es auch keine Verminderung der Gewalt in der Familie geben“, sagt Rösslhumer. Gleichstellungspolitik und Gewaltprävention stehe somit in einem direkten Zusammenhang und müssen zusammen umgesetzt werden.
Veranstaltung "Eine von fünf"
Am 26. November 2018 startet zur Aufklärung die Ringvorlesung „Eine von fünf“ an der MedUni Wien. Mithilfe dieser Veranstaltung will man der Tabuisierung und Verharmlosung aktiv entgegenwirken. Der Schwerpunkt der Veranstaltung lautet in diesem Jahr: „Kinder / Jugendliche als (Mit-)Betroffene von häuslicher Gewalt“. 25 Vortragende aus verschiedener Berufsgruppen werden das Thema beleuchten. Anmeldungen und weitere Informationen gibt es auf der Website der MedUni Wien.
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