Von der Überwältigung

Von rechts: Herta Tinchon, Michaela Knittelfelder-Lang und Irmgard Hierzer
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Kürzlich trafen wir uns im Gleisdorfer Museum im Rathaus zu einer Projektbesprechung. Dabei auch die Malerin Herta Tinchon, mit der wir schließlich in ein bemerkenswertes Gespräch kamen.


Es ging darum, was es heute in ihr bewegt, daß sie vor einigen Jahren ihren Sigi beerdigen mußte, mit dem sie rund 60 gemeinsame Jahre verbracht hatte.

Dieses Gespräch ereignete sich recht kurz nach einer Vernissage am gleichen Ort, wo ich Kulturvermittler Werner Sonnleitner getroffen hab. Sonni war wie von einer Faust gepreßt. Einige Tage davor hatte er am offenen Grab seines Sohnes gestanden.

Gestern eine weitere Station des April-Festivals, diesmal auf Schloß Freiberg. Da war ich mit Roswitha Liebmann über solche Dinge ins Gespräch gekommen. Wo sind jene unter uns, die gerade überwältigt wurden? Was lassen wir ihnen an Raum in unserem Alltag?

Im Gespräch mit Sonni war deutlich geworden, was Betroffene oft erleben müssen. Verlegenheit, Ratlosigkeit, unpassende Reaktionen jener, die ihnen unverhofft begegnen, die diese Verlegenheit keineswegs selten in irritierenden Ansagen ausdrücken.

Es ist fast so, also müßte jemand, der ohnehin um Fassung ringt, sich auch noch Gedanken machen, wie er jenen einen Begegnung erleichtert, denen das peinlich ist.

Sonni hat dabei eine kluge Konsequenz gezogen. Er überläßt dieses Problem denen, die es gerade haben. Er pfeift auf beliebigen Small Talk, denn damit will er seine Zeit und seine Emotionen nicht vergeuden. Er läßt sich nicht auf jene ein, die ihm mit seiner akuten Betroffenheit keinen angemessenen Platz einräumen können.

Bei Herta kam das Gespräch auf einen anderen Aspekt. Sie hatte sich nach dem Tod ihres Mannes schon ruhiger gefühlt, doch inzwischen ist der Schmerz des Verlustes wieder massiver geworden. Was damit tun? Muß man das „in den Griff kriegen“? Darf man darin untröstlich bleiben? Hieße das, man habe etwas nicht geschafft?

Ja, das sind sehr intime Dinge. Wie kann ich sie ausplaudern? Warum hier darüber schreiben? Ganz einfach!

Es passiert laufend, daß jemand von solcher Überwältigung getroffen wird, daß sich etwas ereignet, was man meiden möchte, es läßt sich aber durch nichts abwenden. Wenn einen so bittere Dinge treffen, die niemand aus freien Stücken suchen würde, dann ver-rückt einen das in der Welt, stößt einen das an eine andere Stelle.

Wir haben keine Kultur, die es derart Betroffenen erlauben würde, sich im Alltag bedenkenlos unter uns zu bewegen. Wir haben keine Konventionen, wonach es ganz unbedenklich sei, zum Beispiel mitten in einem Gespräch die Fassung zu verlieren und in Tränen auszubrechen, um nach einer Weile, erneut gefaßt, weitersprechen zu können.

Wir haben das individuelle Leid und den Tod so sehr „privatisiert“, daß von seinen Auswirkungen kaum etwas in den Alltag der Menschen vordringen darf.

Diese Stand der Dinge läßt sich nicht einfach umwälzen, ich muß auch nicht dagegen anrennen. Was den Menschen Angst oder Scham oder beides verursacht, kann nicht ohne weiteres außer Kraft gesetzt werden.

Aber wir werden es als Kulturschaffende nun wohl einmal klarer zum Thema machen und so auf jeden Fall ausdrücken, daß diese Decke des Schweigens und diese Praxis des Ausblendens nicht akzeptabel ist. Schauen wir also, was in der Sache zu unernehmen ist…

Siehe dazu auch: "Bittere Tage" [link]

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