Zieht das Rote Kreuz von Gratkorn ab?
Zumindest ein zweites Standbein wurde jetzt im Nachbarort Gratwein-Straßengel eröffnet. Die früheren Räume des Samariterbundes in unmittelbarer Nähe zur Klinik in Judendorf wehen nunmehr unter der weißen Fahne mit dem roten Kreuz.
Mehr als hundert Jahre WERA wackeln
WERA steht am Kennzeichen der Einsatzfahrzeuge der RK-Ortsdienststelle Gratkorn. Der Name ist ein äußerliches Zeichen der Verbundenheit zu Sappi. Die Werksrettungsabteilung“, wie die Abkürzung heißt, wurde im Jahr 1912 vom Werksarzt der damaligen Papierfabrik Leykam Josefsthal (heute Sappi) gegründet. Die erste urkundlich erwähnte Ausfahrt fand vor mehr als hundert Jahren mit einem Pferdewagen statt. Entbindungen, Knochenbrüche, Darmverwicklungen waren zu versorgen, wie nachzulesen ist. Heute verzeichnet die Ortsstelle Gratkorn jährlich über 15.000 Ausfahrten und betreut die Gemeinden Gratwein-Straßengel, Semriach, St. Bartholomä, Stübing und St. Oswald mit. Sieben hauptberufliche und rund 100 ehrenamtliche Mitarbeiter sind im Dienst der Gemeinschaft tätig.
„Wir wissen nicht, wie lange wir den Standort Gratkorn noch nutzen können“, sagt Bezirksstellenleiter Günter Pichlbauer, „Sappi hat Eigenbedarf an Teilen der Garagen“. Zahlreiche Gespräche führten zu keinem Ergebnis. Das Rote-Kreuz Gratkorn hat Expansionsbedarf, Sappi auch.
Komplexe Situation
Das Gebäude und drei Garagen der Ortsdienststelle gehören dem Roten Kreuz, das Grundstück Sappi. Langjährige Verträge laufen bis in das Jahr 2024. Im Laufe der Jahre verlieh Sappi weitere drei Garagen kostenlos an das Rote Kreuz, die das Unternehmen nun für eigene Zwecke braucht. Angedacht wird die Vergrößerung des Eingangsbereichs beim Hauptportier. Dort soll Platz für den Empfang von Besuchergruppen geschaffen werden. Mit der dazugehörigen Infrastruktur will Sappi einerseits Kundenbesuche besser abwickeln und andererseits bei der „Erlebniswelt Wirtschaft“ mitmachen, deren Mitglieder hinter die Kulissen der steirischen Betriebe blicken lassen. „Die Pläne seien vorhanden, die Finanzierung noch zu klären“, heißt es bei Sappi.
„Wir nehmen dem Roten Kreuz nichts weg, was wir vertraglich zugesichert haben“, bekräftigt der stellvertretende Sappi-Geschäftsführer Walter Moser. Nach wie vor finanziert Sappi die Betriebskosten der RK-Ortsdienststelle vor Ort und bezahlt Heizung, Strom, Telefon, Wasser und Abwasser. Hilfe in einer festgefahrenen Situation kommt von Bgm. a.D. Harald Mulle. Der Regierungskommissär vermietet dem Roten Kreuz den früheren Stützpunkt des Samariterbundes. Ein Lichtblick kommt auch von der Klinik Judendorf, die künftig ihre Fahrten zu hundert Prozent mit dem Roten Kreuz abwickelt. So stieß auch Klinikchef Peter Grieshofer zur Eröffnung mit Pichlbauer und Mulle und einer Abordnung ehrenamtlicher RK-Mitarbeiter auf gute Nachbarschaft an.
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