Exklusiv
Mostviertlerin seit 40 Jahren verschwunden
Ein Mordverdacht brachte angebliche sexuelle Übergriffe eines 65-Jährigen ans Tageslicht. Nun steht der Mostviertler deswegen vor Gericht.
Die Bezirksblätter berichten Exklusiv über die Hintergründe des Falls. Die Gerichtsverhandlung im Landesgericht St. Pölten zu möglichen sexuellen Übergriffen beginnt morgen (15. April). Hier gibt es die Infos zum Prozess.
MOSTVIERTEL. (ip) Vor beinahe 40 Jahren verschwand eine junge Mostviertlerin spurlos. Die offizielle Version, Martha (Namen durch die Redaktion geändert.) habe sich nach Kanada abgesetzt, ließ sie auch bei Alfred und dessen Schwester in Vergessenheit geraten. Als die neue Freundin des damaligen Lebensgefährten von Martha, ein mittlerweile 65-jähriger entfernter Verwandter von Alfred, vor rund zwei Jahren den Namen der Vermissten erwähnte, schrillten bei den Geschwistern die Alarmglocken. Erinnerungen an Ereignisse und Aussagen im Familienkreis fügten sich zu einem Puzzle, das Alfred folgern ließ: Martha wurde von ihrem Lebensgefährten ermordet und im Garten seines mittlerweile verstorbenen Bruders vergraben.
Mordverdacht: Eine Anzeige, keine Beweise
„Wir haben eine Anzeige riskiert“, erklärte Alfred in einem Exklusivinterview mit den Bezirksblättern. Diese Anzeige führte zu Ermittlungen, die den 65-Jährigen (für ihn gilt die Unschuldsvermutung) nun auf die Anklagebank am Landesgericht St. Pölten brachten. Zur Last gelegt werden ihm unter anderen massive sexuelle Gewaltdelikte an drei Nichten. (Der Prozess startet am 15. April.) Derzeit nicht zur Debatte steht der Fall Martha, da es seitens der Ermittlungsbeamten keine entsprechenden Beweise gebe.
Vor allem konnte bei Grabungen auch keine Leiche gefunden werden und relevante Zeugen seien mittlerweile verstorben. Man sei eineinhalb Jahre jedem Hinweis nachgegangen und habe an entsprechenden Orten mit modernsten Geräten gesucht. Neuen Erkenntnissen und Hinweisen gehe man selbstverständlich nach, bestätigte der zuständige Beamte des Landeskriminalamtes.
Die Aussagen zur Anzeige
Alfred gibt nicht auf. Er möchte vor allem für den Sohn aus der Beziehung Marthas mit dem 65-Jährigen, der mit knapp zwei Jahren seine Mutter verlor und von einem Bruder seines Vaters adoptiert wurde, die Wahrheit ans Tageslicht bringen. In seinem Interview bringt er Indizien zur Sprache, die unter anderem zu einem nochmaligen, wesentlich tieferen Graben am Grundstück, das mittlerweile dem 65-Jährigen gehört, führen sollen.
Seine Ausführungen (zusammengefasst im Indikativ) liegen auch dem Landeskriminalamt Niederösterreich vor:
In der Familie gab es immer wieder massive Auseinandersetzungen. Nicht nur die Mutter des 65-Jährigen hatte Angst vor ihm. Sie vertraute sich nach dem Verschwinden Marthas ihrer Schwester, der Großmutter von Alfred an, die danach mehrfach erzählte, dass der 65-Jährige Anfang 1983 seinen Bruder anrief, um etwas zu transportieren. Dieser fuhr zu dem Haus, wo sich der 65-Jährige bei der Witwe seines verstorbenen Bruders aufhielt, mit der er neben Martha auch eine Beziehung hatte. Dort verlud der 65-Jährige etwas, von dem er erst beim Anwesen seines Bruders äußerte, dass es sich unter der Plane um die getötete Martha handle.
Wenig später errichtete der Bruder eine Grundfeste aus Beton um sein Haus. Als Alfred mit einem weiteren Bruder zur Hilfe anrückte, staunten sie, dass der Hausbesitzer gemeinsam mit dem 65-Jährigen und der Witwe einen Teil der Grundfeste bereits in der Nacht händisch vorbetoniert hatte, obwohl am nächsten Tag entsprechende Geräte dafür zur Verfügung standen. Die Fläche vor diesem Teil wurde schließlich zumindest einen Meter vor allem mit großen Asphaltbrocken aufgeschüttet. Bei den Grabungen habe die Exekutive nicht darunter geschaut, zumal auch eine Sonde keine Hinweise auf eine Leiche ergab.
Im Nachhinein glaubt Alfred nun zu wissen, warum der Hausbesitzer, der unmittelbar daneben dann ein weiteres Haus baute, in das er nie einzog, das erste Haus um angeblich 60.000 Schilling an den 65-Jährigen verkaufte, obwohl er ein Angebot um eine Million hatte. Das zweite Haus, in dem ein Familienmitglied Blut an einer Wand gesehen habe und in dem bald danach ein Zimmer brannte, wurde mittlerweile abgerissen. Dort soll Martha von dem 65-Jährigen erschlagen worden sein. Bestätigt fühlt sich Alfred durch die Aussage jener Frau, zu der der 65-Jährige vor etwa zwei Jahren stark alkoholisiert im Streit gesagt habe: „ I schneid da in Schädl oh und betonier di ei, dann geht's da wie da Martha – bei mir gibt's kane Spuren!“
Neben weiteren Auffälligkeiten bekamen auch Kleinigkeiten des Alltags eine Bedeutung für Alfred. So erinnerte er sich daran, dass der 65-Jährige ein großes Stück Ribiselkuchen in den Mund steckte. Als man ihm sagte, dass es Ribisel aus jenem Garteneck sind, wo händisch betoniert wurde, spuckte er sofort alles aus...
... für Alfred ein kleines Puzzlestück in einem Gesamtbild, in dem das wichtigtste bzw. entscheidenste Teilchen fehlt: Die Leiche von Martha.
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