Jedes Kinderwohl im Zentrum
Die schwedische "Lebensschule" als Chance für Österreich? In St. Marein wurde heftig diskutiert.
"Es darf kein Kind verloren gehen." So lautet das Motto in Schweden, wo SchülerInnen ganzheitlich gefördert werden. Neben der Wissensvermittlung ist der Fokus auf die Talente und Bedürfnisse gerichtet. Soziale Kompetenzen werden vermittelt. Die Basis bildet eine wertschätzende Grundhaltung.
Das schwedische Modell wurde vergangene Woche in der Hauptschule St. Marein von der Leiterin der ISOP-Schulsozialarbeit Sandra Jensen vorgestellt. Erfahrungsberichte von einer Bildungsreise nach Malmö präsentierten vier SchulsozialarbeiterInnen, die Schulen mit bis zu 85 Prozent Migrantenanteil besuchten.
"Schweden kocht auch nur mit Wasser", sagte Bezirksschulinspektorin Elisabeth Schwendenwein, jedoch seien die Strukturen besser auf die Kinder abgestimmt. Generell herrscht mehr Schulautonomie und die regionale Vernetzung ist beispielgebend. Jeder Lehrer hat seinen PC-Arbeitsplatz.
"Die Unterstützung steht im Vordergrund", bringt es Jensen auf den Punkt. Sie ist in Schweden aufgewachsen, hat dort unterrichtet. Was in Schweden selbstverständlich ist, versucht Jensen mit ihrem Grazer Team weiter auszubauen. Die Schulsozialarbeit (derzeit vier Prozent) soll Teil des Ganzen sein. In Schweden reicht das Schulsystem vom Kindergarten über die 9-jährige Grundschule bis hin zum 3-jährigen Gymnasium. Alles befindet sich unter einem räumlich gut ausgestatteten Dach. Die Schule versteht sich als Lebensschule. Teilhabe und Demokratie sind zentral. Dafür sorgt ein Gesundheitsteam mit Direktor, Lehrern, Sozialarbeitern, Mobbingteams, Schulpsychologen, Schulärzten, -krankenschwestern, Berufsbegleitern sowie Spezialpädagogen. Gemeinsam erstellen sie Hilfspläne und arbeiten sehr eng mit den Eltern zusammen.
Sogar dem Bibliothekar wird eine wesentliche Rolle zuteil. Die frei zugängliche Bibliothek ist neben Frei- und Sportgelände auch Rückzugsraum, wo SchülerInnen ihre ausgedehnten Pausen genießen.
Lärm und ungehaltenes Verhalten beobachteten die österreichischen Sozialarbeiter kaum. Alle Beteiligten verstehen sich als MentorInnen. Bei Lernschwächen übernimmt die Schule die Verantwortung durch Zusatzangebote. Zusammenhalt schafft das Mittagessen und das Nachmittagsangebot, das von Lehrern begleitet wird, wie die Elterncafés.
Bei der Podiumsdiskussion, moderiert von Volkmar Schöberl-Mohr, plädiert Schulpsychologe Andreas Tankel für mehr Prävention. Eine Teilzeitkraft für 80 Schulen sei zu wenig. "Für 29 Lehrer und 223 Schüler eine Beratungslehrerin auch", so Elisabeth Konrad.
Barbara Pototschnig
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