Serie "Starke Ortszentren"
Betriebe, die Flair und Erlebnis schaffen

- Die Bäckerei Pesl in Kindberg. Die Bäckerei existiert seit 1919; ein Standortwechsel kam nie in Frage.
- Foto: Emmerich Pesl
- hochgeladen von Markus Hackl
Exemplarisch sollen zwei Betriebe vor den Vorhang geholt werden, die zeigen, dass sie eine Belebung für jedes Ortszentrum sein können und dass sie einen Gewinn für alle Seiten darstellen.
BRUCK/MUR. KINDBERG. In den nächsten Ausgaben widmen wir uns in der Serie „Starke Ortszentren“ schwerpunktmäßig der Entwicklung unserer Stadt- und Ortszentren. Dabei wollen wir positive Entwicklungen ebenso aufzeigen, wie gegenläufige Trends, Stichwort „Verödende Ortszentren“.
So wollen wir in den nächsten Wochen einerseits die Wichtigkeit und Notwendigkeit starker Zentren hervorheben, positive Entwicklungen und Projekte herzeigen, andererseits aber auch Defizite und Versäumnisse zusammenfassen. Wir holen Menschen vor den Vorhang, die sich bewusst mit ihren Unternehmen ins Zentrum setzen oder die sich bewusst fürs Wohnen im Zentrum entschieden haben – denn das Zentrum ist noch lange nicht tot.
In dieser Folge widmen wir uns zwei besonderen Betrieben, die mit einer unterschiedlichen Herangehensweise für Frequenz im Zentrum sorgen. Da ist zum einen der alteingesessene Bäckerei Pesl im Kindberger Stadtzentrum. Seit dem Jahr 1919 gibt es diese Bäckerei an diesem Standort, gegründet vom Großvater des jetzigen Bäckermeisters Emmerich Pesl.
Obwohl ein traditionsreiches Handwerk, schafft es die Bäckerei stets, auch neue Elemente einfließen zu lassen, die auf Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft fußen – wie zum Beispiel dem "Essen gegen das Vergessen" (siehe Beitrag unten).

- Kinga Pesl (rechts im Bild) ist überzeugt: Wir haben die besten Mitarbeiterinnen, die es gibt."
- Foto: Emmerich Pesl
- hochgeladen von Markus Hackl
Punkten mit Qualität
"Wir sind unerschütterlich dabei, trotz der hohen Energiekosten, Personalmangels und Situation des Zentrums, unsere Handwerksqualität zu halten und dabei auch noch neue Projekte und Produkte umzusetzen", erzählen Emmerich und Kinga Pesl bei einem Besuch in der Backstube.
"Gerade setzen wir einen Schwerpunkt auf Dinkel und Roggen, um die Kunden, die an zahlreichen Lebensmittelunverträglichkeiten leiden, ernährungstechnisch zu unterstützen.
Wir erweitern laufend unser Sortiment und haben gerade ein neues Brot entwickelt – Holzhackerbrot, mit extra viel Zeit für den Teig, ohne Zusatzstoffe – wirklich noch ein echtes Brot", erklärt Emmerich Pesl.
Die Kindberger "Fuzo" war einst bekannt für ihre Kaffeehausmeile. Übriggeblieben ist nur mehr der Pesl. Mit dem Palmengastgarten und mit dem Eis vom "Eis-Greissler" (ein Eis mit natürlichen Zutaten, hier also Früchten und nicht von E-Nummern dominiert) hält man die Stellung. "Wir freuen uns über Initiativen wie Marius Kitchen und dem neuen Kaffeehaus im Intersport Schöberl. Erst die Vielfalt bringt Freuquenz", so Kinga Pesl.
Die Bäckerei besticht nicht nur durch Gebäck aus dem Steinofen, sondern auch durch die herzerfrischende Freundlichkeit der Mitarbeiterinnen hinter der Verkaufstheke. "Sie sind unsere besten Markenbotschafter und bringen unsere Philosophie erst zu den Kundinnen und Kunden", sagt Kinga Pesl.
Keine Rede vom Zusperren
Sie möchte mit einem "ewigen" Gerücht aufräumen: "Nein, wir sperren nicht zu und nein, wir gehen nicht weg aus Kindberg. Auch wenn wir jetzt Montag geschlossen haben, heißt das nicht, dass wir uns mit der Bäckerei zurückziehen; ganz im Gegenteil, mittlerweile ist sogar die Nachfolge mit der nächsten Generation schon gesichert." Montag ist die Bäckerei zwar zu, hat dafür Dienstagnachmittag wieder geöffnet. "Wir haben ab 5.45 Uhr geöffnet. Mittlerweile ist es gang und gäbe, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern flexiblere Arbeitszeiten anzubieten. Diesem Wunsch kommen wir hiermit nach", so Kinga Pesl; für sie und ihren Mann Emmerich wird sich deshalb wenig ändern: "Für uns bleibt die Sechs-Tage-Woche."

- Christian Pirker hat vor mehr als einem Jahr das Sardineum in der Brucker Innenstadt eröffnet.
- Foto: Bigwall Productions/Karina Sikora
- hochgeladen von Markus Hackl
Ein Spezialgeschäft rund um die Ölsardine
Zum anderen ist es das "Sardineum" in der Brucker Rosegger Straße, nur einen Steinwurf vom Brucker Hauptplatz entfernt. Christian und Karin Pirker haben sich getraut, mit einem absoluten Nischenprodukt – einem Fachgeschäft für Sardinen – vor mehr als einem Jahr ein Geschäft mit Verkostungsmöglichkeit zu eröffnen. Ein Geschäft, das man in Triest, Marseille oder Lissabon erwarten würde, nicht jedoch in Bruck.
Einen Schritt, den sie nie bereut haben: "Wir haben uns ganz bewusst fürs Stadtzentrum entschieden, weil wir auf sogenannte Flanierfrequenz angewiesen sind. Und allen Unkenrufen zum Trotz ist das in Bruck immer noch gegeben. Zudem gibt es in Bruck doch auch viele Touristen, die gerne bei uns hereinschneien", erklärt Christian Pirker.
Graz oder Wien wäre an sich eine logische Standortentscheidung gewesen. "Nehmen wir das Beispiel Graz: Hier käme nur die Altstadt infrage und da sind die finanziellen Aufwendungen weitaus intensiver. Hier in Bruck ist ein Geschäft dieser Größenordnung durchaus noch leistbar", so Christian Pirker.

- Mehr als 400 verschiedene Sardinensorten finden sich im Brucker Sardineum. Eingekauft wird direkt bei den Fabriken.
- Foto: Bigwall Productions/Karina Sikora
- hochgeladen von Markus Hackl
Es braucht die Leidenschaft
Mittlerweile hat es das "Sardineum" geschafft, selbst Frequenzbringer zu sein. "Unsere Kundinnen und Kunden kommen aus Graz, Wien und sogar Linz, die extra wegen der Sardinen nach Bruck kommen." Möglich wurde dies durch die persönliche Leidenschaft der Inhaber. Ohne fachkundige Beratung und Empfehlungen wäre man als Unkundiger vollends überfordert. Ab August soll auch der Online-Handel des "Sardineums" in Betrieb gehen. "Diesen Online-Handel hätten wir von Anfang an geplant gehabt, jedoch wurden wir vom Kundenzustrom selbst überrascht.
Das Sardineum punktet zudem durch eine gewisse "Langsamkeit des Seins". Man darf sich im Geschäft liebend gerne verlieren im Aussuchen, im Austausch mit den Pirkers, mit Verkostungen und letztendlich beim Fachsimpeln an der "Bitterstoffabteilung". Christian Pirker: "Es mag ein altmodisches Klischee sein, dass wir bewusst inszenieren, aber es gefällt uns ungemein."
Essen gegen das Vergessen:
Weitere Beiträge zur Serie "Starke Ortszentren":





Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.