"Manche Dinge kann man nicht aufarbeiten"

Margit Ablasser in voller Montur: dazu gehört das grüne Leibchen und ein Rucksack gefüllt mit Informationsmaterial.
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  • Margit Ablasser in voller Montur: dazu gehört das grüne Leibchen und ein Rucksack gefüllt mit Informationsmaterial.
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"Wenn du nach einem Einsatz nach Hause kommst, ist das Ritual jedes Mal dasselbe: Du schreibst dein Einsatzprotokoll, ziehst die Einsatzkleidung aus und gehst erst einmal duschen." Margit Ablasser ist seit 2008 für das Kriseninterventionsteam (KIT) des Landes Steiermark und betreibt psychosoziale Akutbetreuung, wenn kleinere oder auch größere Katastrophen passieren. Zuletzt war sie zur Stelle, als ein 26-jähriger Mann mit seinem Auto durch die Grazer Innenstadt raste und bei seiner Amokfahrt drei Menschen tötete. "Danach ist es wichtig, loszulassen. Manchen hilft es, laufen oder sporteln zu gehen, andere reden darüber. Man muss den Fall irgendwie abschließen, damit wieder ein Alltag möglich ist."

Unterschiedliche Reaktionen
Den Menschen Halt geben, mit ihnen reden, aber auch gemeinsam schweigen - ein Patentrezept gibt es in solchen Situationen nicht. "Die Betroffenen reagieren sehr unterschiedlich: die einen bleiben scheinbar gefasst, andere werden hysterisch und rennen weg, wiederum andere erstarren regelrecht. Da gilt es, jeden dort abzuholen, wo er gerade steht", erklärt Ablasser. "Ziel ist es jedenfalls, die Menschen am Tag der Katastrophe so weit zu bringen, dass sie nach Hause gehen können mit dem Wissen, sie haben jemanden zu reden oder sie kommen allein zurecht."
Die Tage nach der Katastrophe sind für die KIT-Mitarbeiter aber dann eigentlich intensiver, denn: "Viele kommen erst nach ein paar Tagen drauf, dass sie mit dem Erlebten nicht fertig werden. Die Bilder kommen immer wieder, man kann nicht einschlafen. Zudem gibt es anfangs oft eine Art Schwellenangst, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der große Run auf die KIT-Mitarbeiter setzte in Graz erst am Dienstag ein."
Margit Ablasser war ingesamt drei Mal in Graz im Einsatz und hatte in dieser Zeit mehr als 60 Einzelgespräche, und jedes davon war ein Einzelfall - keines glich dem anderen. "Die Spanne ist hier unendlich. Aber gerade da liegt die Herausforderung."
Was braucht's um in einer solchen Situation überhaupt Trost spenden zu können? "Pädagogisches Gespür und man muss halt mit Leuten umgehen können. Manche Dinge kann man aber nicht aufarbeiten. In solchen Situationen muss man akzeptieren lernen, dass professionelle Hilfe notwendig wird", so Ablasser.

Alarmierung per sms
Wird ein KIT-Team benötigt - die Einsätze können sehr unterschiedliche Ursachen haben - werden die Mitarbeiter über die Landeswarnzentrale per sms über verständigt. Zuerst all jene, die in der unmittelbaren Umgebung beheimatet sind; wird zusätzlich Hilfe benötigt, weitet sich dieser Rahmen aus. Dann werden die Mitarbeiter - die übrigens allesamt ehrenamtlich im Einsatz sind - je nach Bedarf aufgeteilt.
Das KIT des Landes Steiermark existiert bereits seit 16 Jahren und wurde von Katharina Purtscher und Edwin Benko ins Leben gerufen. Mittlerweile sind steiermarkweit rund 300 Personen im Einsatz.
Die Ausbildung zum KIT-Mitarbeiter wird vom Land Steiermark finanziert und passiert in vier großen Modulen, die allesamt an Wochenenden absolviert werden. "Besonders großer Wert wird darauf gelegt, ausgehend von der Selbsterfahrung szenische Aktionen nachzustellen und so den Ernstfall üben zu können", erklärt Ablasser.
Angelika Kern

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