Nicole Schmidhofer spielt groß auf
"Ich mag jetzt nicht mehr verzichten"

Nicole Schmidhofer war auf den Pisten der Welt zuhause - bei ihrem Musikverein war sie "auch während der Skifahrzeit einfach die Nici". | Foto: Wieser Josef/ Schmidhofer Nici
5Bilder
  • Nicole Schmidhofer war auf den Pisten der Welt zuhause - bei ihrem Musikverein war sie "auch während der Skifahrzeit einfach die Nici".
  • Foto: Wieser Josef/ Schmidhofer Nici
  • hochgeladen von Manuela Tiefnig

Seit genau einem Jahr frönt Nicole "Nici" Schmidhofer der Profi-Skirennpause - auf die Pauke (oder ihr Schlagzeug) haut sie jetzt aber weiterhin in ihrem Blasmusikverein. Im Rahmen der MeinBezirk.at-Blasmusik-Challenge 2024 stand die Steirerin im neuen Glücks-Treffer Rede und Antwort.

ÖSTERREICH. Das ehemalige Speed-Ass Nicole Schmidhofer brettert jetzt als Kamerafrau und Expertin über die Ski-Pisten - was die wenigsten aber wissen: Die bald 35-Jährige ist seit Jahrzehnten leidenschaftliches Mitglied einer Blasmusikkapelle! Der Talk über ihre stressige Profisportpension, Musik mit Pfeffer oder das Gefühl, etwas in ihrem Leben versäumt zu haben.

MeinBezirk.at: Was bedeutet Glück für dich?
Nicole Schmidhofer:
Glück bedeutet für mich, gesund zu sein und alles machen zu können, was ich will. Glück ist, wenn auch in meiner Familie alle gesund sind.

Klingt nach einer unaufgeregten und doch so profunden Antwort …
Ich finde, es ist eher eine nachdenkliche Antwort. Ich weiß, wie es ist, wenn man kurz davor steht, dass man vielleicht nicht mehr gehen kann. Nach meiner Verletzung habe ich schon ein paar Mal mit den Gedanken gespielt: Wenn der Schenkel weg ist, kann ich nicht mehr auf den Berg gehen oder beim Musikverein mitmarschieren – dann wird das Leben ganz anders werden. Es ist nicht selbstverständlich, dass man jeden Tag aufwacht und nichts zwickt.

Das ist es tatsächlich nicht. Vor allem, da du den Musikverein ansprichst: Bitte erzähle uns etwas über deine Leidenschaft zum Musizieren.
Ich spiele Schlagzeug seit meinem neunten Lebensjahr. Zum Glück habe ich mich für das Schlagzeug entschieden, alles andere wäre neben meiner Profisportkarriere hinsichtlich des Ausmaßes an Proben schwierig geworden. Ich bin Mitglied beim Musikverein Schönberg Lachtal mit ca. 48 aktiven Mitgliedern. Und ja, ich bin froh, dass es einen Musikverein gibt und dass ich beim Musikverein bin. Im Musikverein war ich auch während der Skifahrzeit einfach die Nici. Es ist schön, wenn man von weiten Reisen zurückkommt und sich jeder freut, wenn man wieder Zeit fürs Proben hat. Wenn man sich für einen Verein entscheidet, muss man sich schon im Klaren sein, dass man gewisse Verpflichtungen hat. Mir macht das Musizieren im Verein sehr viel Spaß – das Umfeld ist für mich vor allem in der aktiven Zeit sehr, sehr wichtig gewesen.

"Alles, was ein bisschen lauter ist", kann Nicole Schmidhofer besonders gut leiden und spielen. Die Steirerin sitzt bei ihrem Verein am Schlagzeug. | Foto: Wieser Josef/ Schmidhofer Nici
  • "Alles, was ein bisschen lauter ist", kann Nicole Schmidhofer besonders gut leiden und spielen. Die Steirerin sitzt bei ihrem Verein am Schlagzeug.
  • Foto: Wieser Josef/ Schmidhofer Nici
  • hochgeladen von Manuela Tiefnig

Welche Art von Stücken spielst du besonders gern?
Alles, was ein bisschen schneller und lauter ist, spiele ich natürlich gerne. Märsche und Züge – für mich als Schlagzeugerin sind ein Fußmarsch oder ein Drumsolo auch sehr cool. Es gibt schöne Walzer, aber wenn sie zu langsam werden, wird es etwas langweilig.

Und welche Art von Musik hörst du sonst gern privat?
Alles (lacht). Viel Pop, was im Radio läuft, aber auch klassische Musik bis hin zu Rock wie System Of A Down, wo Pfeffer dahinter ist. Ich höre auch volkstümliche Musik oder Schlager. Mein Geschmack ist sehr breit gefächert, da ich Musik mit sehr vielen Emotionen verbinde. Ich habe am Start vor den Skirennen auch immer mit Musik gearbeitet: Je nach Stimmung habe ich mir eine Playlist zusammengestellt, die gerne mal softer, aber öfters auch mal wilder sein durfte.

Am 15. März jährt sich dein offizieller Rücktritt vom Profiskisport, am gleichen Tag hast du aber auch Geburtstag. Gut getimed oder einfach Zufall?
Ich habe an meinem 18. Geburtstag, am 15. März 2007, mein erstes Weltcup-Rennen bestritten – und zu meinem 34. Geburtstag habe ich gesagt: „Danke, das war’s jetzt.“ Einen Tag danach, am 16. März 2023, bin ich dann ein letztes Mal die Piste runtergefetzt – in der Lederhose.

Nici Schmidhofer tritt mit einem großen Knall ab

Was hat sich in diesem Jahr Ski-Pension bei dir getan?
Teilweise ist es noch stressiger, als es schon als Profiskifahrerin war (lacht). Auf eine andere Art und Weise, meine ich. In erster Linie geht es mir sehr gut und ich bereue es keine Sekunde lang, aufgehört zu haben. Es war der richtige Moment, die richtige Entscheidung.
Natürlich fällt es mir ein bisschen leichter, das zu sagen, weil ich den Job als ORF-Expertin und Kamerafahrerin bekommen habe. Ich habe jedes Mal wieder eine Riesenfreude, Strecken vorzustellen und auf den besten, schönsten Pisten der Welt weiterhin fahren zu dürfen.
Der letzte Sommer war verrückt: Ich habe bewusst nichts gemacht. Ich muss meine Energien und Ideen immer etwas bündeln, weil es mich sonst zerreißt – weil ich so viel machen will. Letzten Sommer habe ich das gemacht, wo ich jahrelang meine Freunde vertröstet habe, weil ich es wegen des Skifahrens nicht machen konnte. Ich habe tolle Freunde und eine tolle Familie, die sich daran natürlich noch erinnern können: Und dann haben sie mich einfach mitgenommen und wir sind drei Tage an den See gefahren. Oder haben eine andere Aktivität gemacht. Ich war so viel unterwegs, es war ein richtig geiler, schöner Sommer.

Du hast in einem Interview einmal erwähnt, dass du während deiner Profikarriere auf viel verzichten musstest. Wie denkst du jetzt darüber?
Es ist irgendwann ein Moment gekommen, wo ich gewusst habe, ich mag jetzt nicht mehr verzichten. Nicht mehr darauf verzichten, dass ich bei Geburtstagen oder bei Hochzeiten nicht dabei bin. Dann habe ich kurzzeitig geglaubt, ich habe etwas versäumt in meinem Leben – bis ich dann festgestellt habe, dass das eigentlich gar nicht der Fall war. Die anderen meiner Freunde waren in ihrer Jugend Hundertmal in der gleichen Disco, während ich auf der ganzen Welt unterwegs war. Ich habe so viel gesehen, so viele Emotionen erlebt und so viele Kulturen besucht. Das ist ein unglaublich großes Privileg. Und dann durfte ich auch noch sagen, dass das mein Job ist!
Wenn man dann wie ich das Glück hat, halbwegs erfolgreich und nicht nur Platzfahrerin zu sein, sondern auch dort und da etwas gewinnen zu können, ist das einfach wunderbar.
Das weniger Gute ist, dass man die Erfolge meist ohne Freunde und Familie, weit weg von daheim erlebt. Jetzt kann ich mit meinem Umfeld alles teilen, wenn ich etwas unternehme. Dass ich etwas versäumt habe, darf ich also nicht sagen.

Eine Weltmeisterin beendet ihre Karriere

Kommen wir von der Welt zurück nach Österreich, wo der Skisport einen sehr hohen Stellenwert hat. Ich vermute, die Menschen werden euch Skistars sehr wohlgesonnen sein?
Beim Bekanntheitsgrad würde ich den Fußball in Österreich über den Skisport stellen. Ich glaube aber, dass die Leute mit einer Skifahrerin oder einem Skifahrer mehr mitleiden oder sich mehr mitfreuen als mit einer Fußballmannschaft. Wohlgesonnen sind uns viele, nicht alle, aber so ist das Leben. Es ist schon ein Privileg, wenn du eine Sportart machst, die so bekannt ist und so viel Aufmerksamkeit bekommt. Handball hat jetzt durch die jüngsten Erfolge einen Aufschwung erlebt – ich schaue das schon jahrelang, weil es ein sehr cooler Sport ist. Ich kenne Leute, die Faustball-Weltmeister wurden: Ihr Erfolg ist in den Zeitungen in einer Randspalte gestanden.

Durch den hohen Bekanntheitsgrad des Skisports in Österreich fallen die heurigen Verletzungen der Fahrerinnen und Fahrer besonders stark auf. Gehen dem Skizirkus die Stars aus?
Ich sage jetzt nicht den normalen Spruch, den jeder von sich gibt. „Es gehört einfach dazu.“
Nein, heuer sind Verletzungen medial deswegen so interessant, weil es die Topstars betritt. Der Skizirkus hat jedes Jahr rund 30, 40 Verletzte. In dieser Saison hat es sehr viele namhafte Sportlerinnen und Sportler erwischt, das macht den großen Unterschied aus. Außerdem ist sehr viel während der Rennen vorgefallen – während in anderen Saisonen Verletzungen während der Vorbereitung oder im Training passieren.
Alles, was man live im Fernsehen mitkriegt, pusht das Ganze noch viel mehr. Es ist schade, was den Kampf um die Weltcup-Kugeln betrifft, weil es vor allem bei den Damen sehr spannend geworden wäre. Aber es ist, wie es ist. Und es wird jeder von seiner Verletzung hoffentlich gut zurückkommen.
Es ist hart, wenn du im Krankenhaus liegst, das Bein hochgelagert oder die Schulter ruhiggestellt hast: Die Welt dreht sich für alle anderen weiter. Der Wettkampf geht weiter. Und das ist auch im normalen Leben so.

Danke für die Hintergrundinfos! Apropos: Du hast auch einen Podcast mit Cornelia Hütter. Entdeckst du dich gerade als Podcasterin?
„Wos dahinter steckt“ heißt unser Projekt, das mir sehr taugt. Es war ehrlich gesagt eine Hauruck-Aktion, wir haben ohne Plan einfach einmal losgelegt. Manchmal ist das so: Man muss anfangen und dann erst einen Plan haben. Conny und ich machen das beide sehr gerne. Wir wollen zeigen, was hinter dem Skizirkus, den man im Fernsehen so mitbekommt, steckt. Wir verraten Sachen, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Wir haben auch Gäste eingeladen, das aber aus organisatorischen Gründen wieder reduziert. Meistens nehmen wir den Podcast gleich nach dem Wochenende, also frisch nach den Weltcuprennen, auf, am Dienstag geht die Folge dann online. Wir wollen den Podcast auf jeden Fall beibehalten, der Titel ist auch dementsprechend gewählt – falls wir beide irgendwann nicht mehr Ski fahren, dass es nicht zwingend ein skibezogener Podcast sein soll. Wir wollen uns die Möglichkeiten offenlassen.

Die nächste Frage liegt ein bisschen auf der Hand: Andere Kolleginnen und Kollegen haben es schon vorgemacht – tanzt du bald bei Dancing Stars auf?
Nein.

Das war deutlich! Dann doch lieber Musik spielen, oder?
Ich habe schon zwei Mal eine Anfrage bekommen, die ich dankend und wohlwollend abgelehnt habe. Aus zwei Gründen: Ich kann mit meinen Knien dem Leistungspensum nicht standhalten – ich würde einen eigenen Physiotherapeuten brauchen, der mich durch jeden Tag und jede Probe begleitet. Und: Ich bin nicht der Stöckelschuh- und Kleidertyp. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich das machen muss. Ich mache Sachen, die mir taugen. Ich weiß nicht, was passieren muss, dass ich da mitmache – aber nach jetzigem Stand wird mich diese Sendung nicht sehen (lacht). Musikspielen schon eher: Wenn ich einen Abend mit der Band mitspielen kann, dann überlege ich mir das. Beim Tanzen hingegen muss man sich bewerten lassen. Ich habe es nicht so mit Bewertungen, ich bewerte Leute ja selber auch nicht. Und ich mag es nicht, wenn sie mich bewerten. Deswegen bin ich Skifahrerin geworden: Da zählt die Zeit. Es ist egal, wie schön oder hässlich ich fahre. Wichtig ist, dass die Zeit schnell ist.

"I bin's": der Wordrap

Was liebst du denn an Österreich?
Das gute Essen und, dass man das Wasser aus der Leitung trinken kann.

Was ist deine Lieblingsspeise der österreichischen Küche?
Das kann man jetzt nicht so runterbrechen. Essen ist schon etwas Feines: Grundsätzlich bin ich immer Steak-Esserin, aber das ist in Österreich nicht gerade das Beste. Ich sage:
Kaiserschmarrn oder Knödel mit Ei, ich kann mich nicht entscheiden.

Was ist dein Lieblingsplatz in Österreich?
Mein Lieblingsplatz in Österreich ist mein Kraftplatz im Lachtal: das Gipfelkreuz am Hohen Zinken auf 2.222 Meter. Das war der erste Berg, wo ich nach meinem Kreuzbandriss raufgegangen bin.

Was ist dein Lieblingswort der österreichischen Sprache?
Ich glaube am öftesten verwende ich Oida. Ich weiß nicht, ob es dann automatisch als Lieblingswort zählt (lacht)? Aber gut ist auch Oachkatzlschwoaf. Das ist immer das Erste, das man anderen beibringt, die Deutsch lernen wollen.

Meine letzte Frage: Welche Österreicherinnen oder welcher Österreicher hat dich inspiriert?
Da gibt es viele, aber in den letzten Jahren war es Arnold Schwarzenegger. Seine "Six Rules Of Success" habe ich mir, als ich verletzt war, als Riesen-Leinwand bestellt. Zuerst habe ich sie in mein Krankenhauszimmer und dann in meine Wohnung gehängt. Auf Reha habe ich sie auch mitgenommen. Wenn man diese sechs Regeln befolgt, dann hat man, glaube ich, echte Chancen, im Leben gut durchzukommen. Und abgesehen davon: Wie er es von Graz zum Gouverneur geschafft hat, ist unvorstellbar.

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.