Windhager-Insolvenz
450 Windhager-Mitarbeiter noch ohne Dezembergehalt

Die Tradtitionsfirma Windhager schlitterte in die Insolvenz. | Foto: Windhager
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Der Alpenländische Kreditorenverband gab kürzlich bekannt, dass die Windhager Unternehmensgruppe, konkret die Windhager Zentralheizung Technik GmbH, die Windhager Zentralheizung GmbH sowie die Windhager Logistik GmbH entsprechende Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Landesgericht Salzburg eingebracht hat. Am 9. Jänner 2024 wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung durch Vertreter der Arbeiterkammer und der zuständigen Fachgewerkschaft informiert.

Autoren:
Emanuel Hasenauer
Martin Schöndorfer

SEEKIRCHEN, SALZBURG. Die Windhager Unternehmensgruppe, konkret die Windhager Zentralheizung Technik GmbH, die Windhager Zentralheizung GmbH sowie die Windhager Logistik GmbH, hat laut Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) entsprechende Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ohne Eigenverwaltung gestellt. Die bestellten Masseverwalter werden über eine weitere Vorgehensweise in den nächsten Tagen entscheiden. Von Seiten der Arbeitnehmervertretung (Arbeiterkammer Salzburg / AK bzw. Gewerkschaft der Privatangestellten / GPA) wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am 9. Jänner 2024 über die rechtlichen Folgen für sie informiert.

"Wir werden jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter genauestens informieren und über Datenblätter erfassen. Da dies individuell erfolgt, wird das bei rund 450 betroffenen Mitarbeitern sicherlich den gesamten Tag über andauern", so der zuständige GPA Regionalsekretär Florian Koch. "Das ist wichtig, damit sie zu ihrem noch nicht ausbezahlten Dezembergehalt kommen".

Für den Gewerkschafter ist darüber hinaus im Detail zu klären, wie es dazu kam, dass ein erfolgreiches Unternehmen wie Windhager innerhalb kürzester Zeit in diese Situation gekommen ist. 

Ein Überblick

Die Windhager Zentralheizung Technik GmbH und die Windhager Zentralheizung GmbH planen laut Informationen des Alpenländischen Kreditorenverbandes eine Entschuldung mittels Sanierungsplans und haben einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung gestellt. Die Windhager Logistik GmbH hingegen plane keine Entschuldung und habe einen Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens gestellt. 

Der AKV gab am 8. Jänner 2024 bekannt, dass nunmehr über das Vermögen der Windhager Zentralheizung Technik GmbH beim zuständigen Landesgericht Salzburg das beantragte Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet wurde. Die Masseverwalter haben unverzüglich ihre Tätigkeit aufgenommen und prüfen die weitere Vorgehensweise.

9. Jänner: Juristen der Arbeiterkammer Salzburg und die Fachgewerkschaft GPA informieren 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die rechtlichen Schritte in nächster Zeit. Eine individuelle Datenerfassung jedes betroffenen Mitarbeiters für die Ausbezahlung des Dezembergehaltes erfolgt an diesem Tag.

Ursachen für die Insolvenz

Hier war die Welt noch in Ordnung. Von links: Gernot Windhager, Stefan Gubi und Peter Huemer. | Foto: Windhager
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Die Windhager Unternehmensgruppe ist laut Informationen durch den Alpenländischen Kreditorenverband seit über 100 Jahren in der Heizungsbranche tätig und war bislang ausschließlich am Standort Seekirchen und im Bereich der Biomasse tätig. Seit dem Jahr 2021 befasste man sich im Zuge einer Iangfristigen strategischen Planung mit dem Aufbau eines zweiten Standbeins und hat sich dabei auf die Herstellung und den Vertrieb von Wärmepumpen fokussiert. Dabei wurde die Errichtung einer eigenen Fertigungsstätte für Wärmepumpen in Gmunden sowie die Entwicklung einer neuen Logistiklösung für das gesamte Unternehmen geplant. Die Fertigstellung des Werks in Gmunden war für Juni 2024 vorgesehen. Laut Angaben im Eröffnungsantrag laufe der Baufortschritt dieser Werkserrichtung laut dem Alpenländichen Kreditorenverband zwar nach Plan, die weitere Ausfinanzierung des Werks sowie die Finanzierung der benötigten Maschinen sei jedoch wesentlich durch die Unsicherheiten am Fördermarkt für erneuerbare Energien erschwert worden, sodass schlussendlich keine Einigung über die weitere Finanzierung dieses Werkes mit der finanzierenden Bank beziehungsweise mit einem Investor erzielt werden konnte. Erschwerend  seien Marktverwerfungen im Geschäftszweig der Biomasse hinzugekommen, die ab dem ersten Quartal 2023 zu Verlusten geführt hätten.

Über 440 Dienstnehmer betroffen

Laut Informationen durch den Alpenländischen Kreditorenverband habe die Geschäftsführung der antragstellenden Schuldnerin in den letzten Wochen versucht, mit den die Unternehmensgruppe insgesamt finanzierenden Banken eine außergerichtliche Lösung, auch unter Einbindung von Investoren, zu finden. Diese Gespräche seien jedoch sowohl auf Investoren als auch auf Bankenseite gescheitert, wodurch gegenständlicher Insolvenzeröffnungsantrag unausweichlich geworden sei. Von der Insolvenz der Windhager Unternehmensgruppe seien insgesamt über 440 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer betroffen.

Hohe Verbindlichkeiten 

Laut dem Alpenländischen Kreditorenverband betragen die Passiva bei Windhager Zentralheizung rund 8,2 Millionen Euro, bei Windhager Zentralheizung Technik rund 78,2 Millionen Euro. Dem stehen Aktiva von 2,2 Millionen Euro (Zentralheizung) beziehungsweise 21,4 Millionen Euro (Zentralheizung Technik) gegenüber. Die Passiva und Aktiva von Windhager Logistik müssten laut dem Alpenländischen Kreditorenverband erst eruiert werden. Von der Pleite sind zufolge rund 500 Gläubigerinnen und Gläubiger betroffen - rund 354 in der Produktionsgesellschaft und rund 150 in der Vertriebs- und Servicegesellschaft. 

Nach der heutigen Betriebsversammlung am 9. Jänner 2024, sagt der Landesgeschäftsführer Daniel Mühlberger von der Produktionsgewerkschaft (PROGE) zum Stand der Dinge im Gespräch mit den BezirksBlättern Flachgau:

„Heute wurde den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den Betriebsrat und die Arbeiterkammer erklärt, wie man die Ansprüche geltend macht, den Dezember-Lohn betreffend. Dazu werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die entsprechenden Formulare ausgefüllt. Das wird von der Arbeiterkammer organisiert. Wir unterstützen als Gewerkschaft und beantworten Fragen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es heißt nun in den nächsten Tagen zu hoffen, dass der Masseverwalter einen Sanierungsplan erarbeitet und ein Investor gefunden wird, damit das Unternehmen weitergeführt werden kann. Das wird hoffentlich in den nächsten Tagen passieren damit alles ganz normal weitergehen kann. Es wird in den nächsten Tagen vom Masseverwalter geprüft wie eine Sanierung aussehen kann. Er muss die Entscheidung treffen, ob es zu einer vernünftigen Sanierung kommen kann."

Gesundes Unternehmen innerhalb eines Jahres überschuldet

Nach erster Analyse der Insolvenz der Windhager Betriebe in Seekirchen, stellen sich laut Michael Huber von der Gewerkschaft GPA erste offene Fragen. Er erklärt gegenüber den BezirksBlättern Flachgau: „Beide Betriebe wiesen im Jahresabschluss 2022 sehr gute Zahlen auf. Sowohl Eigenkapitalquote als auch Liquidität zeugten von einem gesunden Unternehmen. Hohe Bilanzgewinne ließen eine positive Zukunft erahnen. Im Mai wurde noch empfohlen keine Gewinne zu entnehmen. Im September 2023 wurde entgegen dieser Empfehlung dennoch eine Ausschüttung in der Höhe von drei Millionen Euro beschlossen.

„Vor allem weil das AMS den letzten Kurzarbeitsantrag im Herbst bereits aufgrund schlechter wirtschaftlicher Aussichten abgelehnt hatte, stellt sich uns die Frage, wieso der Betriebsrat nicht über die dramatische Situation informiert wurde? Vielmehr hört man aus Betriebsratskreisen, dass von Seiten der Geschäftsführung versucht wurde zu beschwichtigen und die Situation schön zu reden. Obwohl der Betriebsrat ein umfangreiches Informationsrecht hat, wurde dieser offensichtlich nicht im vollen Umfang informiert“, sagt Michael Huber, der Geschäftsführer der Gewerkschaft GPA Salzburg.

Es sei laut Huber erstaunlich, wie man es innerhalb eines Jahres schafft, mit ‚gesunden Ausgangswerten‘ eine insolvenzrechtliche Überschuldung aufzubauen. „Managementfehler in Kombination mit unrealistischen Wachstumsfantasien sind die Nummer eins bei Insolvenzursachen", erklärt Huber gegenüber den BezirksBlättern Flachgau. Es gelte laut Huber nun aufzuklären, ob das beim Unternehmen Windhager ebenfalls der Fall war. Interessant sei auch, wieso im Mai vom Geschäftsführer vorgeschlagen wurde, die Gewinne in der Gesellschaft zu belassen und man sich dennoch im Herbst drei Millionen Euro an Gewinnausschüttung gegönnt habe. Vor allem alle möglichen gesellschaftsinternen Vermögensverschiebungen gelte es laut Huber vom Masseverwalter Rechtsanwalt Helmut Hüttinger zu hinterfragen und aufzuklären.

Windhager-Chef bei Betriebsversammlung

Zumindest konnten die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer bei der Betriebsversammlung mit den Beschäftigten die Anträge für den Insolvenzentgeltsicherungsfonds ausfüllen. Ungewöhnlich war aber laut Michael Huber von der Gewerkschaft GPA Salzburg, dass der Geschäftsführer von Windhager bei den Betriebsversammlungen anwesend gewesen sei. 

Forderung nach Perspektive für die Beschäftigten

„Bei dieser Insolvenz sieht man wieder einmal, wie wichtig die sogenannten ‚Lohnnebenkosten‘ sind, denn davon werden nun die ausstehenden Entgelte für die Beschäftigten bezahlt. Eine Kürzung wäre hier vor allem für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fatal. Man stelle sich vor, Löhne und Gehälter würden in die Insolvenzmasse fallen und man bekäme nur noch einen kleinen Teil zurück“, ist Huber überzeugt. Er fügt hinzu: „Jetzt gilt es alle offenen Fragen zu klären und rasch eine Perspektive für die rund 450 Beschäftigten zu garantieren. Vom Eigentümer fordern wir, dass dieser Verantwortung übernimmt und dementsprechende Mittel zur Verfügung stellt, damit das Traditionsunternehmen weiterhin bestehen kann. Die Zahlen zeigen, man hat in den vergangenen Jahren sehr gut verdient, jetzt wird es Zeit etwas zurückzugeben."

Kerstin Köpf von der Arbeiterkammer Salzburg erklärt hinsichtlich der Betriebsversammlung am 9. Jänner 2024 gegenüber den BezirksBlättern Flachgau:

„Wir von der Arbeiterkammer haben die Betriebsversammlung veranstaltet. Wir schauen jetzt praktisch, dass die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer zu ihrem Geld kommen. An einen Großteil der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer haben wir die Unterlagen für den Antrag auf Insolvenzentgeld schon ausgeteilt und einen Großteil haben wir schon wieder retour. Jetzt ist die Firma Windhager gerade dabei, die Lohnabrechnung für den Monat Dezember 2023 abzuschließen. Sobald die Arbeiterkammer die Unterlagen hat, werden wir die Ansprüche beim Insolvenzentgeld-Fond anmelden und dann hoffen wir auf eine schnelle Auszahlung durch den Insolvenzentgeld-Fond."

Heute, am 23. Jänner 2024 teilt Kerstin Köpf von der Arbeiterkammer Salzburg im Gespräch mit den BezirksBlättern Flachgau mit, dass man heute von der IEF Service GmbH die Bescheide für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Windhager erhalten hat. Das bedeute, dass das Dezember-Gehalt in den nächsten Tagen nachbezahlt werde.

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